Feinstaub:Weniger Lkw-Verkehr - endlich tut sich was

Lesezeit: 2 min

Ein zehn Jahre altes Logistik-Konzept nimmt Gestalt an: Waren sollen künftig in Güterverkehrszentren gesammelt und in Transportern zum Kunden gebracht werden.

Dominik Hutter

Weniger Lieferverkehr, kleinere stadtverträgliche Lkw, eine verbesserte Logistik - klingt gut, was sich die Stadt in puncto Güterverkehr ausgedacht hat. Nur: Der entsprechende Grundsatzbeschluss wird im Januar zehn Jahre alt, und noch immer gibt es kein einziges der hochgelobten Verteilerzentren. Immerhin wird zum Jahresende das Baurecht fürs Terminal Mitte erwartet.

Jedes der Logistik-Terminals kann 1300 Lkw-Kilometer pro Tag einsparen. (Foto: Foto: ddp)

Das Zauberwort, das durch die Feinstaub-Debatte zusätzliche Bedeutung gewonnen hat, heißt "Dezentrales Güterverkehrszentren-Konzept" - beschlossen vom Stadtrat am 16. Januar 1996. Demnach sollen fünf Güterverkehrszentren (GVZ) für eine stadtverträglichere Ver- und Entsorgung sorgen. Vorgesehene Standorte: Friedenheimer Brücke (City-Logistik-Terminal), Containerbahnhof Riem, in der Nähe des früheren Südbahnhofs, am DB-Nordring und im Bereich Pasing/Obermenzing.

Anders als in anderen Städten - das Augsburger Güterverkehrszentrum umfasst 112 Hektar, das in Nürnberg 337 - sollen die Münchner GVZ wegen der hohen Grundstückspreise sehr platzsparend ausfallen. Drei Hektar sind an der Friedenheimer Brücke eingeplant, in Riem sind es 8,6.

1300 Lkw-Kilometer pro Tag einsparen

Nach Auskunft des Planungsreferats könnte jedes dieser Terminals dazu beitragen, 1300 Lkw-Kilometer pro Tag einzusparen - durch verstärkte Nutzung der Bahn und eine ausgeklügelte Logistik, die verhindern soll, dass für jede Stehlampe ein Extra-Lkw anrauscht.

Eine besondere Rolle spielt dabei das für die Altstadt konzipierte City-Logistik-Terminal an der Friedenheimer Brücke, dessen Planungen mit Abstand am weitesten fortgeschritten sind. Dort soll eine "offene Plattform der Speditionen" entstehen, wie es Kurt Kapp vom Referat für Arbeit und Wirtschaft ausdrückt. Prinzip: Die Waren werden, bevorzugt auf der Schiene, antransportiert und dann je nach Zieladresse speditionsübergreifend auf stadtverträgliche kleine Lkw verteilt. Und auf dem Rückweg können zu entsorgende Güter, Kartons und Paletten etwa, mitgenommen werden.

Die Vorteile für die Stadt liegen auf der Hand: Kleinere Lkw bedeuten eine geringere Belastung, die Bündelung verringert den Verkehr. Zudem ließen sich auch noch diverse Wünsche in Sachen Umwelt unterbringen, etwa beim Feinstaub-Ausstoß der Lieferautos. Die Speditionen sollen laut Kapp vom bequemen Zugang zum Markt profitieren. Vor allem kleinere Unternehmen könnten so ihre Auftragslage verbessern.

Liefern wie anno dazumal

Knapp zehn Jahre nach der Beschlussfassung wird jedoch in der Münchner Innenstadt noch immer geliefert wie anno dazumal - diverse Privat-Initiativen einmal ausgenommen. Zwischen der Stadtratssitzung 1996 und der für den Jahreswechsel 2005/2006 erwarteten Baugenehmigung liegen diverse Reibereien beim Grundstückserwerb, Lärmschutzprobleme, städtischer Unmut über zu vage Interessensbekundungen der Wirtschaft und die Integration des Logistik-Centers in die Großplanung Hauptbahnhof/Laim/Pasing.

Kapp zufolge wird derzeit die Ausschreibung einer privaten Betreibergesellschaft vorbereitet. Wie diese genau aussehen soll, ist noch unklar. Die Stadt will sich aber nicht direkt beteiligen.

Experten schätzen, dass das Terminal Mitte frühestens 2008 eröffnen kann - zwölf Jahre nach dem Grundsatzbeschluss. "Sehr zäh" läuft das Ganze, wie hinter vorgehaltener Hand auch in der Stadtverwaltung zugegeben wird. Für das GVZ Ost in Riem haben die Planungen erst begonnen, alle anderen GVZ gelten noch als Zukunftsprojekte.

Pläne zu wenig konkret

Der Industrie- und Handelskammer geht es entschieden zu langsam voran. "Da könnte man sich nach zehn Jahren mehr erhoffen", findet IHK-Verkehrsexperte Joseph Seybold, der inzwischen eine "Patenschaft" für das als besonders dringlich angesehene GVZ Nord übernommen hat. "Wenn bei der Stadt ein echter Wille vorhanden gewesen wäre, wären wir schon viel weiter."

Angesichts der wenig konkreten Planungen dürfe man sich über eine gewisse Zurückhaltung der Wirtschaft nicht wundern. "Das hat sich die Stadt selbst zuzuschreiben." Prinzipiell sei das dezentrale Güterverkehrszentren-Konzept aber eine großartige Sache. Mit guten Realisierungschancen: "Ich sehe zumindest an der Friedenheimer Brücke keine Hürde mehr."

© SZ vom 11.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: