Feiern nach "Alice in Wonderland":Edmund im Wehmutland

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Auftaktsause zu den Opernfestspielen: Promis essen in der Hocke, Kent Nagano spricht über bayerisches Bier. Und Edmund Stoiber begeht einen kleinen Abschied

Oliver Das Gupta

Edmund Stoiber ist mal wieder komisch, vermutlich unfreiwillig. Gerade hat er seine kleine Rede begonnen in der Allerheiligenhofkirche der Residenz. Staatsempfang am Samstagabend, anlässlich der Opernfestspiele. Er begrüßt die Anwesenden, namentlich ganz besonders Kunstminister Thomas Goppel, der wenige Stunden zuvor beim Parteitag der Oberbayern-CSU nicht zum Bezirkschef gewählt wurde. Erste Lacher im Publikum, schließlich hatte sich Stoiber für Goppel stark gemacht.

Irgendwie wehmütig: Edmund Stoiber nebst Gattin Karin vor der Uraufführung von "Alice in Wonderland" (Foto: Foto: Das Gupta)

Dann drechselt Stoiber seine wunderbar verschränkten Endlossätze, spricht von den vielen bayerischen Opernfestspielen im Allgemeinen und den Münchner im Speziellen. Denn die, sagt Stoiber, "sind eine großartige Plattform für Innovation. Die haben wir, glaub ich, heute in hohem Maße erlebt". Der Rest des Satzes geht im anschwellenden Gelächter unter.

Stoiber guckt professionell, grinst verlegen. Eigentlich wollte er nur höflich sein, schließlich stehen Generalmusikdirektor Kent Nagano und die Komponistin Unsuk Chin vor ihm, die Macher der Oper "Alice in Wonderland". Aber die Anwesenden haben zuvor die Uraufführung des Werkes im Nationaltheater gesehen - und sich schon während der Vorstellung verstört gezeigt.

Der Großteil des Publikums konnte mit dem surrealen Werk wenig anfangen. Achim Freyer hatte auf einer schrägen Bühne die Adaption von Lewis Carrols Märchen inszeniert. Übergroße Hasen und Tassen, eine masketragende Hauptfigur, gesungen von der Sopranistin Sally Matthews, ließen die Musik zeitweilig in den Hintergrund treten, die sich als bunter Stilmix darbot.

Viele der 2000 Festspielgäste wirkten verwirrt. Es gab Kopfschütteln, Buhrufe auch für Nagano, und einige Lacher - so wie später in der Hofkirche während Stoibers Rede.

Der Ministerpräsident kommt in seiner nur wenige Minuten währenden Ansprache noch einmal auf den vom CSU-Parteivolk verschmähten Thomas Goppel. "Sind wir uns bewußt, und das ist sicherlich auch ein Verdienst des Kunstministers, dass es uns gelungen ist, Nagano zu verpflichten." Dann lobt Stoiber den Opernchef noch dafür, dass er seine Tochter in eine deutsche Schule gehen lässt (tosender Applaus). Und lässt seine Ansprache mit einem Klang Wehmut enden: "Alles Gute, schönen Abend und eine Gute Zukunft".

Nagano tritt ans Pult, macht einen Witz ("Ich konnte nicht glauben, wie viel Bier hier getrunken wird."). Dann folgen Lob und Dank an die Bayern, an den Ministerpräsidenten. Hier könne man Träume verwirklichen, so wie an diesem Abend, sagt Nagano.

Delikates vom Baugerüst

Anschließend wird Delikates im Kabinettsgarten serviert: Ravioli und Rinderfilet, zweierlei Fisch, kalorienlastiges im Glas. Die zumeist wohlbetuchten Gäste stellen bald fest, dass zu wenig Sitzgelegenheiten und noch weniger Tische vorhanden sind. Und so knien und kauern Herren im Dreiteiler am Brunnenrand. Vier elegante Damen haben ein Baugerüst entdeckt, platzieren dort die Teller, säbeln an ihrem Abendessen. Es ist fürwahr ein schönes Bild.

Edmund Stoiber wurde ein zentraler Stehtisch reserviert. Der Ministerpräsident wirkt nachdenklich, er hat sich aufgestützt und redet nicht so viel. Die Zeit des Abschieds drückt merklich. Einer seiner Mitarbeiter mustert ihn aus einigen Metern Entfernung, und sagt: "Es läuft doch ganz ruhig mit dem Übergang."

Seitenhieb auf eigene Pleite

Währenddessen feiern Musiker, Sänger und sonstige Mitarbeiter der Oper im Probengebäude hinter der Oper. Dort geht es weniger edel aber dafür entspannter zu: Es gibt ausreichend Sitzmöglichkeiten.

Thomas Goppel ist inzwischen dort angekommen und hält eine Rede. Der Minister lobt, nicht ohne Charme, die Oper, den ganzen Betrieb.

Am Ende verabschiedet er noch den geschäftsführenden Direktor Roland Felber - und leistet sich einen fröhlichen Seitenhieb auf seine Niederlage beim CSU-Parteitag: "Für Sie gilt, was auch für mich gilt", sagt Goppel zu Felber: "Man hat mal Glück, man hat mal nicht ganz so viel Glück. Das Alter spielt halt eine Rolle."

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