Fasching am Viktualienmarkt:Königinnen in Netzstrumpfhosen

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Ihr habt mir unter den Rock geschaut, schimpft eine Lady mit tiefer Stimme. Die Drag Queen hat aber gar keinen Rock an. Macht nichts: Im Fasching ist alles möglich.

Christina Maria Berr

Man muss den Viktualienmarkt schon gut kennen, um an diesem Tag noch zu sehen, an welchem Stand normalerweise was verkauft wird. Statt Blumenläden und Käseständchen findet man vor allem Prosecco-Bars. Am Kartoffelstand hängen Masken für Last-Minute-Verkleidungen.

Königin der Tupperware. (Foto: Foto: Robert Haas)

Die Läden rund um den Markt haben fast alle nur bis mittags auf und bis dahin ist die Nachfrage ziemlich eingeschränkt: Sie verkaufe heute ohnehin nur Kopfwehmittel, meint eine Apothekerin. Und so mancher Marktstandbesitzer, dem der Trubel zu viel ist, hat seinen Stand einem Kollegen vom Markt überlassen.

"Aber nur an andere Marktleut", meint Christine Hirschauer. Die Sprecherin vom Viktualienmarkt ist an diesem Tag Dompteurin. Sie ist aufgeregt, wie immer: "Des is a Wahnsinn, dass die Leute alle wegen der zehn tanzenden Frauen kommen", meint sie.

Der Tanz der Marktfrauen ist der Höhepunkt. Und weil damit auch die Festivitäten zum 200-jährigen Bestehen des Marktes beginnen, haben sie Musik aus verscheidenen Jahrzehnten ausgesucht. Blumenhändlerin Birgit Hugler ist zum ersten Mal dabei. Sie durfte mitmachen, weil sie so ein verrücktes Huhn sei: "Nächstes Jahr mach ich wieder mit."

Auf der anderen Seite de Marktes hängen Lautsprecher an einem Kran, davor wippen ein paar Zuschauer. Eine Gruppe Zitronen tanzt sogar. Sie finden trotzdem, dass die Musik ein bissl lätschert ist. Auch DJ Ötzi ("Ich habe einen Grundhumor wie Obelix") kann auf der Bühne nicht viel ausrichten. Seine Show, ein Warmup für den Marktfrauentanz, ist kurz und mau. Sein Anton aus Tirol wird später vom Band eingespielt.

Zehntausend Menschen sind auf den Viktualienmarkt gekommen, "Tendenz steigend", meint ein Polizist. Hinter ihm hat ein kleiner Cowboy Position auf Papas Schultern bezogen: Von dort aus kann man viel besser mit dem Colt schießen. Ein kleiner Löwe brüllt nicht, er heult: Die Konfetti sind ausgegangen. Und ein großer Wikinger hat ein Problem mit der Statik: Sein Helm droht vom Kopf zu fallen.

"Uh", meint eine Lady in Blue, "ihr habt's mir unter den Rock gschaut". Der Mann hinter ihr lacht: Die Dame mit der tiefen Stimme hat gar keinen Rock an. "I'm coming out", singt einen Freundin mit ebenfalls behaarten Beinen. Die Drag Queens aus dem Glockenbachviertel sind die Stars der Zuschauer.

"Köln kann mir gestohlen bleiben", ruft eine und schickt ein Luftküsschen zur Tupperware-Prinzessin. Die Königinnen aus dem Glockenbachviertel posen, sie kreischen, sie unterhalten, äußerst witzig, das Publikum - und sie stehlen einander bisweilen die Show.

Showtime auch für Hep Monatzeder. "Das ist die Stunde des Stellvertreters", meint der Dritte Bürgermeister. Christian Ude sei nämlich in Äthiopien. "Fehlt nur noch der Wiesnanstich," meint der Grünen-Politiker lachend. "Aber bis dahin ist der Ude wahrscheinlich zurück." Einer steckt ihm ein kleines Schnapsflascherl zu. "Das war ein Optiker", meint Monatzeder später, "der hofft, dass ich meine, ich brauch eine Brille, wenn ich das Zeug trink."

An der Bühne ist auch die Narhalla aufgetaucht samt dem Münchner Faschingsprinzenpaar. Das Kleid der Prinzessin hat schon ein wenig Patina bekommen. Sie seien nun froh, wenn alles vorbei ist, meinen die beiden, die auch privat ein Paar sind.

Die beiden haben ein paar Schuhprobleme: Erst kommt der Prinz in Turnschuhen, die Tanzschuhe sind noch im Auto. Später, beim Tanzen, verliert die Prinzessin einen Schuh und tanzt ohne weiter. Beim Auszug nimmt der Prinz dann seine Schuhe gleich selbst in die Hand. Ab morgen ist ohnehin Schluss mit Hofieren.

Dann werden Prinzen keine Schuhe mehr hinterher getragen.

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