Explosion:Ein Feuerball über Neuhausen

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Obwohl mehrere Gastanks explodieren, wird bei einem Brand an der Friedenheimer Brücke niemand schwer verletzt.

Von Christian Mayer

(SZ vom 25.08,2003) — Es ist kurz nach 21 Uhr, als die Menschen im Münchner Westen durch einen Knall erschreckt werden - und kurz danach durch mehrere Detonationsgeräusche, die nur schwer zu deuten sind. Ein Feuerwerk? Eine Explosion? Vielleicht ein Flugzeugabsturz?

Minuten später ist bis in die Ludwigsvorstadt eine Rauchsäule am Himmel zu sehen, die irgendwo in Neuhausen aufsteigen muss. Näher am Geschehen, etwa von der Donnersbergerbrücke aus, scheint der Qualm zum Greifen nah. Wie gebannt beobachten Passanten den lodernden Feuerball.

Ein paar Kilometer weiter westlich ist Brandgeruch wahrnehmbar. Wie später von der Einsatzleitung der Feuerwehr zu erfahren ist, muss zunächst eine Lager- und Bürohalle der Firma "BAV Bedachung und Bauakustik" am Birketweg1 gebrannt haben.

Dann greifen die Flammen auf eine weitere, etwa 50 Meter lange Halle über, die zum gleichen Grundstück gehört. Mehrere Flüssiggasbehälter, die zwischen den Gebäuden im Freien lagern, explodieren. Dramatisch wird die Lage für die eintreffenden Feuerwehrleute, als ein Tank mit 2000 Litern Flüssiggas hochgeht und Metallteile durch die Luft fliegen, manche bis zu 200 Meter weit.

Glücklicherweise wird keiner der Gäste verletzt, die um diese Uhrzeit gerade ins "Backstage" strömen: Zwei Stunden später, und vor der Diskothek hätte Hochbetrieb geherrscht. Das "Backstage" (Ecke Wilhelm-Hale-Straße und Friedenheimer Brücke) liegt knapp 40 Meter nördlich der Lagerhalle, und es bereitet den Einsatzkräften viel Mühe, das eintreffende Partyvolk davon abzuhalten, über die Bahngleise zu steigen und sich am Schauspiel der Löscharbeiten zu ergötzen.

"Nach der Kettenreaktion mit den Explosionen haben sich die Leute aber ziemlich rasch verzogen", sagt Feuerwehrsprecher Dieter Welle.

Polizeikräfte haben das Gelände um die Friedenheimer Brücke inzwischen abgeriegelt, der S-Bahnverkehr zwischen Laim und Innenstadt ist eingestellt. Bis zu 15 Meter hoch schlagen die Flammen. Anwohner verfolgen vor der Absperrung auf beiden Seiten der Friedenheimer Brücke die Löscharbeiten - zu sehen ist eine gewaltige Rauchwolke.

Temperaturen bis zu 1000 Grad

Gegen 22 Uhr sind mehr als 200 Feuerwehrleute und 60 Löschfahrzeuge im Einsatz, um das Flammenmeer zu bekämpfen. Dort herrschen "Temperaturen von bis zu 1000 Grad", schätzt ein Feuerwehrmann. Im Lauf der Nacht brennt die Halle zur Hälfte nieder, der Bürotrakt des Baustoffmarktes wird zerstört.

Den in schweren Schutzanzügen schuftenden Feuerwehrleuten gelingt es trotz der enormen Hitze, die Wand eines weiteren Gebäudes vor den Flammen zu sichern und einen Brand im Inneren zu löschen. Eine Spedition und ein Bordell sind dort untergebracht.

Erst drei Stunden nach der Kettenreaktion im Lagerhaus können die Einsatzkräfte aufatmen: Der Großbrand ist eingedämmt, die Friedenheimer Brücke wieder befahrbar. Es stellt sich heraus, dass sieben Reinigungskräfte einer Firma an der Wilhelm-Hale-Straße leichte Rauchvergiftungen erlitten haben - das Gebäude lag in Windrichtung.

Eine Feuerwehrfrau muss mit Kreislaufproblemen behandelt werden, ein Kollege verletzt sich. "Ansonsten ist die Sache glimpflich ausgegangen", bilanziert Polizeisprecher Christoph Reichenbach am Sonntag. Er schätzt den Sachschaden auf mehr als eine Million Euro, abgesehen von den enormen Kosten, die durch die Löscharbeiten entstehen.

Einige Brandherde sind noch einen Tag nach dem Unglück aktiv; immer wieder muss die Feuerwehr eingreifen, weil sich wegen der starken Trockenheit Teile der Lagerhallen der Firma BAV erneut entzünden. Auch am Sonntag steht die Ursache für den Brand nicht fest. Wo und warum das Feuer zuerst ausbrach, muss noch geklärt werden. Fahnder der Kriminalpolizei wollen den Unfallort nun genau untersuchen.

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