Erstes Sturmopfer:Orkan tötet 18 Monate altes Mädchen

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Ein Kleinkind aus Milbertshofen ist das erste Todesopfer des Sturms: Es wurde durch eine Terrassentür erschlagen, als der Vater den Balkon sturmfest machen wollte. Eine "Kiryll"-Bilanz aus München.

Das Sturmtief "Kiryll" hat ein erstes Todesopfer gefordert: Ein 18 Monate altes Mädchen musste schwerletzt ins Krankenhaus gebracht werden und erlag dort seinen Verletzungen.

Gegen 14 Uhr am Donnerstag hatte der Vater des Kindes versucht, den Balkon der Wohnung in Milbersthofen sturmfest zu machen. Dabei riss der Wind die Terrassentür aus der Verankerung und stürzte auf das Kind, wie die Polizei mitteilt.

Der Notarzt brachte das Kind ins Krankenhaus, doch jede Hilfe kam zu spät. Die Eltern erlitten durch den traurigen Vorfall einen Schock. Sie werden zurzeit von einem Kriseninterventionsteam betreut.

Mit mehr als zehn Windstärken ist der Orkan "Kyrill'' über München hinweggefegt. Die Meteorologen hatten Böen mit mehr als 100 Kilometer pro Stunde vorhergesagt.

Es wurden Flüge annulliert, Firmen schickten die Belegschaften nach Hause, Schulen wurden geschlossen. Noch bevor der Orkan seine volle Wucht erreichte, wurden Dächer abgedeckt.

Innenstadt wie ausgestorben, Flüge annulliert

Schon am frühen Nachmittag war Münchens Innenstadt schier ausgestorben. Die Geschäfte in der Fußgängerzone waren menschenleer. Nach den ersten starken Böen gegen 14 Uhr sperrte die Polizei den gesamten Viktualienmarkt und überprüfte die Standfestigkeit des dort platzierten Maibaumes.

Dank der präzisen Vorhersage des Orkans konnte sich auch der Flughafen München gezielt auf das Unwetter vorbereiten. Kleine Flugzeuge seien, so ein Sprecher, mit Sandsäcken beschwert oder mit Tauen festgezurrt worden. Auf dem Fluggelände abgestellte Großflugzeuge habe man "mit der Schnauze in den Wind'' gedreht, damit sie den Böen weniger Angriffsfläche bieten.

Bis zum Nachmittag wurden acht Flüge gestrichen, es kam zu Verspätungen von bis zu 30 Minuten. Auch auf den Großbaustellen hatte man sich gegen den Orkan gewappnet. Die Kräne wurden entbremst, damit sie sich in Windrichtung drehen konnten, Arbeiten im Freien wurden eingestellt.

Bereits gegen Mittag hieß es aus dem Kultusministerium: "Schulfrei!'' Ein Sprecher verwies auf spätere Risiken beim Heimweg der Schüler, wenn der Sturm, wie vorhergesagt, gegen Abend noch stärker werden sollte.

Blechdach vom Hofbräuhaus gefegt

Das städtische Schulreferat bot zusätzlich an, die Kinder zu betreuen, bis die Eltern sie abholen konnten. Ob der Unterricht am Freitag wieder stattfinden wird, war am Donnerstag Abend noch nicht klar. Die Behörden baten die Eltern, regelmäßig Nachrichten zu hören.

Auch diverse Firmen, so beispielsweise die Unternehmensgruppe Prosieben/Sat1 und die Commerzbank, schickte einen Großteil der Mitarbeiter nachhause, und auch auf der Website der Ludwig-Maximilians-Universität ploppte kurz nach 15 Uhr die Meldung auf: "Aufgrund einer Orkanwarnung empfiehlt die Hochschulleitung allen Studierenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, heute den Nachhauseweg so rechtzeitig anzutreten, dass sie ihre Wohnung noch vor Einsetzen stärkerer Orkanböen erreichen können.''

Es folgte allerdings der Zusatz, dass "eine Anrechnung dadurch entstehender Fehlzeiten auf die Arbeitszeit'' nicht erfolgen könne.

Dass die Situation nicht ungefährlich war, zeigte sich schon gegen Mittag am Platzl. Dort hatte sich ein 30 Quadratmeter großes Aluminium-Blechdach von einem Glasaufbau des Hofbräuhauses losgerissen und fiel direkt vor den Haupteingang zur Schwemme.

"Glücklicherweise traf es keinen Passanten'', sagte Stefan Hempl vom Hofbräuhaus. Platzl und Bräugasse wurden darauf hin von der Polizei gesperrt.

Diverse Touristenattraktionen wurden ebenfalls gesperrt, so unter anderem der Olympiaturm. Von 14 Uhr an wurde der Aufzug für alle nicht dort Beschäftigten dicht gemacht. Auch die Betreiber der Allianz Arena stellten die Führungen ein, obwohl man volles Vertrauen in die kühne Konstruktion habe. "Da kann nichts wegfliegen'', sagte ein Sprecher beschwörend.

© budd, fok, mai, capi, rus/SZ vom 19.1.2007/sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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