Erster Schultag:Das Einfache kann sehr schwer sein

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Mehr als 131.000 Kinder in Bayern haben heute ihren ersten Schultag. Wie erleben sie den Schulbeginn? Und wie geht es einer Schulleiterin, einem Hausmeister und einem Junglehrer? Wir haben nachgefragt.

Protokolle: Margita Feldrapp

Kristina, sieben, Erstklässerin aus Neuperlach: "Ich kann schon Kiki schreiben und ein bisschen rechnen, sogar schon 100 plus 100. Meine Schwestern haben mir das gezeigt. Die sind schon in der Schule. Ich freue mich auf die Schule, weil ich dann schreiben und lesen lerne. Dann kann ich meinen Freundinnen Briefe schreiben und spannende Bücher selber lesen.

Von meinen Schwestern weiß ich auch schon, was man in der Schule nicht machen soll: Zum Beispiel mit den Freundinnen quatschen oder mit Sachen spielen. Und wenn der Lehrer etwas zeigt, muss man zuhören und hinschauen. Neben wen ich mich setze, weiß ich noch nicht. Den Leonardo kenn' ich schon, aber vielleicht setze ich mich auch neben jemand anderen.

Meine Schultüte habe ich zusammen mit Mama gebastelt. Wir haben Kleeblätter, Herzen und Marienkäfer draufgeklebt. Und sie ist groß, damit viel reinpasst. Am liebsten möchte ich, dass ein Buch drin ist und ein Kuscheltier. Stifte habe ich schon genug. Und eine Büchertasche habe ich auch schon. Wenn ich groß bin, werde ich Tierärztin, am liebsten mag ich Katzen und Pferde."

Simone Fleischmann, 37 Jahre, Schulleiterin an der Volksschule Poing: "Am Dienstag hatte ich meine erste offizielle Aufgabe: das Leiten der Lehrerkonferenz. Aber bereits in den Sommerferien war ich vier Wochen in der Schule, um mich einzuarbeiten.

Als Schulleiterin unterrichte ich immerhin noch acht Stunden und muss zudem viel organisieren: Schüler auf die Klassen verteilen, den Stundenplan erstellen, Projekte entwickeln und mich in die Vorgaben des Kultusministeriums einarbeiten. Ein ungutes Gefühl habe ich, wenn ich daran denke, die Kollegen, mit denen ich seit drei Jahren zusammenarbeite, beurteilen zu müssen.

Dazu kommt, dass das Kultusministerium sieben Beurteilungsstufen - ähnlich wie Noten - vorgibt, aber die drei Besten nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen vergeben werden dürfen. Das ist natürlich auch für Lehrer nicht sonderlich motivierend. Da ist mir wichtig, fair zu sein.

Die Kollegen müssen vorher genau wissen, was sie erwartet und meine Entscheidungen dann auch nachvollziehen können. Auch meine organisatorischen Aufgaben will ich transparent und kollegial erledigen. Wenn neue Schüler auf die Klassen verteilt werden, soll dies im Gespräch mit den Lehrern geschehen. Das Beste ist, wenn man gemeinsam nach einer Lösung sucht. Im Übrigen habe ich schon ein nettes Geschenk zum Schulanfang bekommen: Die Kollegen haben mir ein Gedicht mit guten Wünschen selbst verfasst."

Dirk Reichenbächer, 35, Hausmeister an der Grundschule in Pullach: "Bis vor Kurzem war ich noch am Bauhof tätig, gleich neben der Schule. Im Rahmen meiner Tätigkeit war ich auch oft in der Schule unterwegs und habe gesehen, wie es läuft.

Mir hat es Spaß gemacht, mit den Kindern zusammen zu sein, deshalb habe ich dann gewechselt. Aus meiner eigenen Schulzeit erinnere ich mich nur an grantige Hausmeister. So will ich nicht sein, das war von Anfang an klar.

Ich wünsche mir, dass die Schüler Vertrauen zu mir haben. Sie sollen zum Beispiel zu mir kommen, wenn sie etwas kaputt gemacht haben und sich nicht davon schleichen. Wenn sie etwas brauchen, bin ich für sie da. Und bei Kinderscherzen will ich kein Spielverderber sein.

Nur als die Kinder zu Schuljahresende aus Spaß das Klo verstopft haben, habe ich nicht mehr lachen können - auch wenn es nicht böse gemeint war. Ich glaube, sie haben das auch verstanden, als ich ruhig mit ihnen darüber geredet habe."

Holger M., 37, Referendar für Deutsch und Geschichte am Münchner Karl-Spitzweg-Gymnasium: "Mein Referendariat hat schon im Februar begonnen, aber erst in diesem Schuljahr unterrichte ich eigenverantwortlich.

Mir macht die Arbeit mit Schülern Spaß, deshalb bin ich über den zweiten Bildungsweg in die Schule gegangen.

Erst war ich Großhandelskaufmann und dann bei der Bundeswehr. Beim Militär habe ich auch schon ausgebildet, aber da herrscht ein anderer Umgangston.

Nicht leicht war es, nach dem wissenschaftlichen Arbeiten an der Uni plötzlich an der Tafel zu stehen und Zusammenhänge möglichst einfach zu erklären.

Zum Vorbild habe ich mir meinen ehemaligen Deutschlehrer genommen: Er hat es geschafft, die Klasse straff zu führen und trotzdem immer genug Freiheit beim Lernen zu lassen."

© SZ vom 13.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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