Eröffnung des jüdischen Museums:"Ein Sieg der Opfer über die Täter"

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Versöhnliche Töne im Alten Rathaus - Charlotte Knobloch hätte sich aber mehr Einbindung gewünscht.

Anne Goebel

Mit einem Festakt im Alten Rathaus ist gestern das Jüdische Museum eröffnet worden. Oberbürgermeister Christian Ude nannte den 13,5 Millionen Euro teuren Bau das bedeutendste kommunale Projekt der vergangenen Jahre. Mit dem Jüdischen Zentrum vollende sich die "Vision von Charlotte Knobloch".

Die als Ehrengast geladene Präsidentin der Kultusgemeinde beklagte am Rande der Feier ihre fehlende Einbindung in das Museumskonzept. Dem Stehempfang blieb Knobloch fern.

Es hätte ein Tag ungetrübter festlicher Freude werden sollen, doch dass auch atmosphärische Störungen in der Luft lagen, wurde schon im Foyer des Alten Rathauses klar. Nach freundschaftlicher Umarmung zwischen Christian Ude und Charlotte Knobloch fiel der Gruß der Präsidentin an Museumsdirektor Bernhard Purin frostig aus.

Die 74-Jährige war im Blitzlichtgewitter kaum zu bewegen, sich für ein Foto neben ihren künftigen Nachbarn am St.-Jakobs-Platz zu stellen. Im Vorfeld hatte es Missverständnisse über eine angeblich versäumte Einladung Knoblochs zur Eröffnungsfeier gegeben. Vor etwa tausend Gästen im Alten Rathaussaal, darunter Holocaust-Überlebende und Emigranten, die ihre Heimat München während des Naziterrors verlassen mussten, sprach Kulturreferentin Lydia Hartl von einem "lang ersehnten Tag".

Gegen die Kommerzialisierung

Das Konzept in dem vom Architekturbüro Wandel Hoefer Lorch entworfenen Museumskubus gehe "weit über die zwingend notwendige Aufarbeitung der NS-Geschichte hinaus". Man wolle Erinnerung bewahren, wünsche sich aber auch einen "dynamischen Ort der Begegnung" samt aktueller Debatten.

Christian Ude, der Charlotte Knobloch ausdrücklich herzlich als Ehrenbürgerin der Stadt willkommen hieß, sagte, München könne sich nun als Zentrum jüdischen Lebens, jüdischer Kultur, Religionsausübung und Tradition verstehen. Das komplettierte Dreigespann am St.-Jakobs-Platz sei die"Vollendung einer Vision", die Charlotte Knobloch seit Mitte der achtziger Jahre kämpferisch vertreten habe.

Aus städtebaulicher Sicht sei das Ensemble ein "Kontrastprogramm zur Kommerzialisierung" anderer Innenstädte. Dass die Eröffnungsfeier für Münchens jüdisches Museum in dem Saal stattfinde, in dem 1938 Joseph Goebbels zu den Novemberpogromen aufrief, "empfinde ich als Triumph der Opfer über die Täter", so Ude.

Die Wahl des Rathauses als Veranstaltungsort, nicht etwa des Saals im jüdischen Zentrum, habe einen weiteren Grund - der Oberbürgermeister kam auf die städtische Zugehörigkeit des Museums zu sprechen, was nach vorangegangenen Querelen sozusagen der heikle Passus seiner Rede war.

Knobloch hatte sich im Vorfeld über fehlende Einbindung in Purins Konzept beklagt. "Wir wollen bei aller Bedeutung, die das jüdische Zentrum für die Münchner Bevölkerung und die Gäste aus dem Ausland hat, das Thema nicht ausverlagern", sagte Ude.

Jüdische Geschichte und Kultur seien ein Thema der gesamten Stadtgesellschaft. Und es sei der Stadtrat gewesen, der 1998 per fraktionsübergreifendem Beschluss das Museumsprojekt auf den Weg gebracht habe. In Synagoge und Gemeindehaus habe die Kultusgemeinde "das alleinige Sagen".

Für eine Aussprache

Das Museum aber sei eine Kultureinrichtung der Stadt München: "Manchmal habe ich den Eindruck, dass manche noch lernen müssen, mit dem Dreiklang umzugehen." Ein Satz, der durchaus in Richtung Charlotte Knobloch gemeint gewesen sein dürfte. Ebenso wie Udes Aussage, es könne im Museum nicht nur um die Vergangenheit gehen, als Reaktion interpretiert werden kann auf Kritik vornehmlich der älteren Generation in der Gemeinde, das Thema Shoah sei unterrepräsentiert.

Nach der Festansprache des Historikers Dan Diner, der Münchens Rolle nach dem Krieg als "Zwischenort in einer Zwischenzeit" für jüdische "Displaced Persons" veranschaulichte, erklärte Charlotte Knobloch, auf den Gängen von Kamerateams umringt, sie werde "aus Termingründen" nicht zum Stehempfang der Museumsleitung gehen.

Sie habe ein Bemühen von Bernhard Purin um gute Nachbarschaft bisher "nicht sehen" können. Auch habe sie mehr Beteiligung am Konzept gewünscht: "Ich hätte gern gewusst, wie die Inhalte sind." Sie werde sich in den nächsten Tagen "eine Karte für das Museum kaufen" und sei "guter Hoffnung", dass man ein kooperatives Miteinander hinbekomme.

Purin, der die Präsidentin in einer kurzen Begrüßung als "verehrte Frau Knobloch" angesprochen hatte, erklärte auf dem trotz allem heiter angeregten Stehempfang mit zahlreichen Gästen aus Politik, Geistlichkeit und Kulturszene, er werde sich um eine Aussprache bemühen. "Wir wollen das Miteinander. Und wir müssen als Gemeinde akzeptieren, dass das nicht unser Museum ist", sagte Marian Offman, CSU-Stadtrat und Vorstandsmitglied der Gemeinde.

© SZ vom 23.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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