"Erhebliche kriminelle Energie":Kaufrausch mit gestohlenem Geld

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Sekretärin betrügt Arbeitgeber und muss vier Jahre in Haft.

Alexander Krug

Es ist nicht das erste Mal, dass Claudia M. ihren Arbeitgeber hintergangen hat. Zweimal schon stand sie wegen Betruges vor Gericht, zweimal handelte sie sich Freiheitsstrafen ein. Beeindruckt hat sie das offensichtlich nicht.

Kaum war das letzte Urteil gesprochen, machte sie bei ihrem neuen Arbeitgeber weiter. Über eine Zeitarbeitsfirma war sie an einen Automobilhersteller vermittelt worden als Sekretärin. Im Laufe von rund zwei Jahren schaffte die 38-Jährige mit einem simplen Trick fast 170 000 Euro beiseite. Die Quittung kam am Donnerstag am Landgericht: vier Jahre Haft.

Der Anklage zufolge war Claudia M. in dem Unternehmen ab 2003 zuständig für die Auszahlung von Bargeld an Mitarbeiter, die Auslagen hatten oder einen Vorschuss brauchten. Dass man damit den Bock zum Gärtner gemacht hatte, fiel erst zwei Jahre später auf.

An sich selbst ausgezahlt

Die Angeklagte hatte in der Zwischenzeit ihre Vertrauensstellung dazu benutzt, mittels fiktiver Rechnungen und gefälschter Unterschriften das Bargeld an sich selbst auszuzahlen, insgesamt rund 170 000 Euro.

Die Vorstrafen waren dem Betrieb offenbar nicht bekannt. 1995 hatte Claudia M. schon einmal einen Arbeitgeber um Hunderttausende betrogen und musste dafür zweieinhalb Jahre hinter Gitter.

2004 der nächste Betrug, diesmal kam sie mit zwei Jahren auf Bewährung davon. Als Bewährungsauflage wurde sie angewiesen, den Schaden wieder gutzumachen. Das tat Claudia M. auch, nur nicht mit eigenem Geld.

Inzwischen hatte sie nämlich die Stelle bei dem Automobilhersteller gefunden und zahlte mit dem erschwindelten Geld ihre Schulden ab.

Wahllos im Internet bestellt

Ein Großteil der Gelder verwandte sie jedoch zum Einkaufen diverser Gegenstände, die sie offenbar wahllos über das Internet bestellte. Als die Polizei ihre Wohnung durchsuchte, stießen sie auf Dutzende noch originalverpackter Artikel.

Einer Gutachterin zufolge leidet Claudia M. an einem ,,Kaufrausch'' und einer ,,schweren Persönlichkeitsstörung''. Das Geld habe ihr ,,Geltungsbedüfnis'' befriedigt und auch dazu gedient, vor Freunden ,,besser dazustehen''. Strafrechtlich führe dies aber nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Schuldfähigkeit, stellte die Psychiaterin klar.

Verteidiger Patrick Ottmann räumte die Vorwürfe im Namen seiner schweigsamen Mandantin weitgehend ein. Das Geständnis war Teil einer Prozessabsprache, so dass der Schuldspruch fast nur noch eine Formalie war: vier Jahre Haft wegen Urkundenfälschung und Betruges in 66 Fällen.

Ihr Vorgehen zeige eine ,,erhebliche kriminelle Energie'', zumal es sich ,,praktisch nahtlos'' an ihr früheren Taten anschließe, meinte der Richter. Auch hätten sich die erschwindelten Beträge im Laufe der Zeit immer mehr gesteigert.

Claudia M. nahm das Urteil sofort an. Da nun wohl auch noch die Bewährungsstrafe aus dem Jahr 2004 widerrufen wird, drohen ihr insgesamt sechs Jahre Haft.

© SZ vom 22.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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