Zaunfundamente stören:An den eigenen Maßstäben gemessen

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Amtsgericht trifft zu einem ausgeprägten Nachbarschaftsstreit die "Entscheidung des Monats"

Einen Nachbarschaftsstreit hat das Amtsgericht Erding in seiner Reihe "Entscheidung des Monats" aufgegriffen. Errichtet ein Grundstückseigentümer Fundamente für einen Gartenzaun, die teilweise in das Nachbargrundstück ragen, so hat der Nachbar einen Anspruch auf Beseitigung der Fundamente, lautete das Urteil. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Beseitigung von neun Zaunsäulenfundamenten durch die Beklagte.

Die Parteien sind unmittelbare Grundstücksnachbarn in Erding. Belastet war das nachbarschaftliche Verhältnis bereits dadurch, dass zunächst der Kläger auf Ver-langen der Beklagten ein Gartentor zu beseitigen hatte, welches elf Zentimeter in deren Grundstück ragte. Dabei hatte die Beklagte ihrerseits 2016 zur Einfriedung ihres Anwesens an der Grenze zum Grundstück des Klägers einen Maschendrahtzaun errichtet, der sich zwar oberirdisch einschließlich der Zaunpfosten in einer Entfernung von etwa sechs Zentimeter zur Grundstücksgrenze vollständig auf ihrem Grundstück befindet. Um die Zaunsäulen zu verankern, wurden jedoch Betonfundamente in den Erdboden eingelassen, die unterirdisch aber bis zu 17 Zentimeter in das Grundstück des Klägers ragen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Überbauung durch diese Fundamente sei unerheblich, weshalb eine Beseitigung unverhältnismäßig erscheine, zumal die Grundstücksnutzung durch sie nicht beeinträchtigt werde. Die Geltendmachung des Beseitigungsanspruches etwa eineinhalb Jahre nach der Errichtung des Zauns verstoße gegen Treu und Glauben, zumal der Kläger nicht sofort Widerspruch erhoben habe.

Das Amtsgericht Erding hielt die Klage jedoch für begründet und verurteilte die Beklagte zur Beseitigung der unterirdischen Zaunfundamente, soweit sich diese auf dem Grundstück des Klägers befinden.

Das Grundstückseigentum des Klägers werde durch den unterirdischen Überbau der Betonfundamente beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung sei bereits per se in der fremden Bebauung zu sehen ohne dass damit eine Nutzungsbeeinträchtigung des Grundstücks einhergehen müsse. Der Kläger müsse einen derartigen Eingriff in sein Eigentum auch nicht dulden. Die bloße Einwilligung in die Errichtung eines Zauns beinhalte nämlich nicht, dass der Kläger auch mit einem Überbau der Fundamente auf sein Grundstück einverstanden sei. Auch eine gesetzliche Duldungspflicht treffe den Kläger nicht, da diese nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nur für überbaute Gebäude infrage komme. Schließlich sei der Zaun auch keine gemeinsame Grenzeinrichtung der Nachbarn, da die Errichtung eines gemeinsamen Zauns nicht vereinbart worden war und er sich oberirdisch auch nicht auf der Grenzlinie befinde. Der Zaun gehöre somit der Beklagten alleine.

Der Beseitigungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Der Kläger habe mit seiner Geltendmachung nicht so lange gewartet, dass man bei vernünftiger Betrachtung da-von ausgehen müsse, ein Rückbau würde nicht mehr verlangt werden.

Schließlich sei das Beseitigungsbegehren des Klägers nicht als missbräuchlich zu bewerten. Einerseits sei zwar zu sehen, dass die Grundstücksnutzung des Klägers durch den unterirdischen Überbau von jeweils wenigen Zentimetern in keiner Weise beeinträchtigt ist, weshalb die Durchsetzung der formalen Rechtsposition durch den Kläger vor dem Hintergrund eines ausgeprägten Nachbarschaftskonflikts schikanös erscheinen könne. Nehme man aber in den Blick, dass auch die Beklagte darauf bestanden hatte, dass der Kläger ein Gartentor wegen eines Überbaus von lediglich elf Zentimetern kostenintensiv zurückzubauen musste, könne dem Kläger kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werde, wenn er nun ebenfalls auf die exakte Einhaltung der Grundstücksgrenzen bestehe. Die Beklagte müsse sich an ihren eigenen Maßstäben messen lassen.

© SZ vom 03.05.2019 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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