Wunsch nach eigenem Haus wird immer unerschwinglicher:Es geht nur in einer Richtung

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Die Bodenspekulation treibt auch die Ackerpreise weiter nach oben, denn landwirtschaftliche Flächen sind eine gesuchte Geldanlagemöglichkeit. (Foto: Renate Schmdit)

2016 sind im Immobilienbereich die Preise regelrecht explodiert. Grundstücke und ein eigenes Haus werden für viele unerschwinglich. Mieterhöhungen führen immer öfter bis zur Obdachlosigkeit

Von Gerhard Wilhelm, Erding

2017 wird auch als das Jahr in die Annalen eingehen, in dem auf dem Immobiliensektor im Landkreis die Preise erneut neue Höchststände erreicht haben. Grundstücke und Mietwohnungen werden immer stärker zur Mangelware. Die Folgen sind dramatisch: steigende Mieten, steigende Obdachlosenzahlen. Der Wunsch nach einem kleinen eigenen Häuschen wird für immer mehr Menschen auch in der sogenannten Mittelschicht unerfüllbar.

Wer auf den einschlägigen Immobilienseiten im Internet nach Baugrundstücken im Landkreis sucht, wird kaum fündig. Für ein durchschnittlich großes Baugrundstück mit 500 Quadratmeter Größe für ein kleines Einfamilienhaus müssen in der Stadt Erding etwa 500 000 Euro gezahlt werden - in der Stadtmitte sind es mehr als 750 000 Euro. Das zeigen die Zahlen der offiziellen Bodenrichtwertliste 2017 für Baugrundstücke und Ackerflächen, die alle zwei Jahre herausgegeben werden. Doch selbst diese horrenden Preise dürften schon überholt sein, da sie auf Basis der Daten von 2015 und 2016 erstellt wurden.

Dazu kommt viel Geld, das auf den Markt drängt. Grundstücke in der Region werfen eine deutlich größere Rendite ab als Geld, das man bei der Bank anlegt. Dass es deswegen bald zu einer Immobilienblase kommen wird, erwarten jedoch nur wenige Experten für den Großraum München. Dementsprechend sind die Baulandpreise in den vergangenen Jahr in die Höhe geschossen. Und das nicht nur in der Großen Kreisstadt, sondern auch in anderen Kommunen.

Die Gemeinden versuchen zwar mit Baulandausweisungen und zum Teil mit dem Zulassen von dichterer oder höherer Bebauung gegenzusteuern. Doch die Nachfrage übersteigt bei weitem das Angebot. Eine Tendenz auf fallende Preise ist nicht in Sicht. Auch landwirtschaftliche Flächen sind begehrt. Laut den offiziellen Richtwerten brachte ein Quadratmeter zum Beispiel in Moosinning 2013/14 durchschnittlich 7,65 Euro, zwei Jahre später schon 8,80 Euro. In Langenpreising ist der Preis von 4,50 auf 7,85 gestiegen und in Steinkirchen hat er sich von sechs auf zwölf Euro je Quadratmeter verdoppelt.

Wenn Eva Kolenda, die Vorsitzende des Mietervereins , die Situation auf dem Wohnungsmietmarkt beschreiben soll, fallen ihr nur negative Attribute ein: "schrecklich", "furchtbar" oder "schlimm". Seit dem Bestehen des Mietervereins, immerhin schon 25 Jahre, hat Kolenda die Lage noch nicht so dramatisch gesehen wie 2017. Das Thema bezahlbares Wohnen werde für immer mehr Menschen zu einer existenziellen Frage. "Bei Mietern oder Wohnungssuchenden geht die Angst um", sagt Kolenda. Bei Mängeln, Mieterhöhungen oder dem Streitthema Schimmelbefall werde kaum noch protestiert oder ein Rechtsanwalt eingeschaltet, weil viele Angst haben, dass ihnen die Kündigung ausgesprochen werden könnte. Was der Verlust der Wohnung bedeute, sehe man an den Obdachlosenzahlen.

Die steigen, da sich viele ihre Wohnungen nach einer Mietpreiserhöhungen nicht mehr leisten können. Und billige gibt es kaum noch auf dem freien Markt. Betroffen sind immer häufiger Senioren. Kolenda kennt Rentner, die nach 40 Jahren in Erding wegziehen müssen, weil sie sich das Leben hier nicht mehr leisten können. Auch für viele anerkannte Asylbewerber hat die massiv angespannte Situation auf dem Immobilienmarkt Auswirkungen. Nach der Rechtslage müssten sie aus den Flüchtlingsunterkünften ausziehen, doch dazu müssten sie erst mal eine bezahlbare Wohnung finden.

© SZ vom 28.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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