Wohnungen mieten in Erding:Graue Geschäfte

Lesezeit: 3 min

Eine Wohnanlage in Altenerding (Foto: Renate Schmidt)

Wer einen Makler beauftragt, der muss ihn auch bezahlen: Seit zwei Monaten gilt das Bestellerprinzip. In Erding hat sich die Branche auf das neue Gesetz eingestellt. Doch es gibt auch Beschwerden

Von Sebastian Fischer, Erding

Der Blick auf den Schrannenplatz ist idyllisch, blauer Himmel über Giebeldächern und Zwiebeltürmen. Wer im Zentrum eine Wohnung sucht, der fühlt sich von dem Bild in einem Immobilienportal angesprochen, zumal verlockende Zahlen darunter stehen: 630 Euro für 50 Quadratmeter. "Gibt es nicht? Gibt es doch!", wirbt die Maklerin. Also fragt man sie am Telefon: Gibt es die Immobilie wirklich? "Nein, die gibt es nicht." Also zumindest noch nicht in ihrem Portfolio, sagt sie. Sonst wäre es ja auch nicht rechtens, was etwas weiter unten steht: Für eine Besichtigung muss ein Suchauftrag unterschrieben werden. Und kommt ein Mietvertrag zustande, wird eine Provision in Höhe von zwei Monatsmieten fällig.

Seit Juni ist das Bestellerprinzip in Deutschland Gesetz. Es besagt, dass den Makler bezahlt, wer ihn beauftragt - also in der Regel der Vermieter. Das soll die Wohnungssuchenden auf stark nachgefragten Märkten entlasten. Und es soll den mit teilweise unprofessionell agierenden Maklern überschwemmten Markt reinigen. Hört man sich bei den Erdinger Immobilienbüros um, funktioniert das meistens - und manchmal nicht so gut.

Da ist zum Beispiel die Erdingerin, die seit Jahren eine Wohnung sucht, sich für ein Inserat interessierte, dann aber einen Suchauftrag ausfüllen sollte, bevor sie die Wohnung besichtigen durfte. Sie kannte das Gesetz, fragte beim Makler nach. Der, sagt die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, habe ihr erklärt: "Wir arbeiten doch nicht umsonst!"

Es ging um ein Inserat, in dem eine Wohnung in "Erding City" angepriesen wird, detailliert, was dafür spricht, dass sie bereits im Portfolio des Maklers ist - ein Vertrag mit dem Vermieter also besteht, der Vermieter den Makler bestellt hat und ihn bezahlen müsste. Doch am Ende des Inserats wird auf eine andere Firma verwiesen, die Besichtigungen nur nach Erteilung eines Suchauftrags durchführt, der bei Erfolg kostenpflichtig wird. Die Adresse der zweiten Firma stimmt mit der des Maklerbüros überein.

"Das ist nicht zulässig", und müsste bestraft werden, bis zu 25 000 Euro Strafe sind laut Gesetz möglich, erklärt Anwältin Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin vom Bayerischen Mieterbund. Der Suchauftrag als Bedingung für eine Besichtigung sei eine klare Umgehung des Gesetzes. Und der Verweis an eine Zweitfirma, die unter demselben Dach arbeitet, genauso. Schmid-Balzert rät den Mietern, Inserate aufzuheben, genauso den E-Mail-Verkehr, und das Verhältnis zwischen Makler und Vermieter zu erfragen, bestenfalls mit Zeugen. Die Umgehung oder gar eine Barzahlung der Provision nachzuweisen ist schwer, aber möglich, noch drei Jahre nach der Unterschrift.

"Ich glaube, dass es einige schwarze Schafe gibt", sagt auch Eva Kolenda vom Erdinger Mieterverein: "Die werden auf die Nase fallen." Allerdings würden sich die Beschwerden in Grenzen halten. Das größere Problem sei eher das knappe Angebot an Wohnungen überhaupt - Erding ist ein schwieriger Markt für Wohnungssuchende, deshalb greift hier vom 1. August an die Mietpreisbremse. Wegen des Bestellerprinzips habe sie nicht mehr als eine Hand voll Mails von verdutzten Mietinteressenten bekommen, sagt Kolenda.

Auch der Makler versteht die Aufregung nicht. Er spricht von einem Missverständnis. Das Inserat wäre nur ein Alternativobjekt, bloß Werbung also dafür, dass Interessenten mit einem Suchauftrag ihre Traumwohnung finden könnten. Seine Inserate sehen inzwischen anders aus, die Werbung ist deutlicher als solche erkenntlich. Er schreibt in einer E-Mail an die Redaktion auch von glücklichen Kunden, die ihm Pflaumenkuchen mit Sahne mitbringen würden. Die Erdingerin auf Wohnungssuche gehört nicht dazu. Sie fühlte sich getäuscht. Allerdings betont Anwältin Schmid-Balzert auch: "Nicht jeder Trick ist illegal." So könne man Maklern kaum vorwerfen, dass sie versuchen, Grauzonen im Gesetz zu nutzen. Entsprechende Anleitungen kursieren im Netz.

Trotzdem: Es ist für Makler entweder heikel, weiter auf das Geschäft mit den Mietern zu setzen - auch der Berufsverband IVD will schon gegen den Versuch der Täuschung strikt vorgehen. Oder es ist schlichtweg nicht mehr profitabel.

Letzteres entspricht der Auskunft der meisten Erdinger Büros. Dass sich Wohnungssuchende melden, sei die große Ausnahme. Gleich nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes habe das Geschäft gelitten. Mittlerweile würden viele Vermieter jedoch den Wert eines professionellen Maklers zu schätzen wissen, nachdem sie sich einmal selbst mit den lästigen Details eines Mietvertrages oder einer Bonitätsprüfung auseinandergesetzt hätten. "Wir müssen jetzt einfach kreativ sein", sagt Oliver Griesenbrock vom Büro Sperr und Zellner. Dort hätten sie ihr komplettes Angebot überarbeitet, erklärt er. Griesenbrock bietet Vermietern verschiedene Pakete an, von der Komplettbetreuung für die übliche Provision von zwei Monatsmieten, bis hin zu einzelnen Dienstleistungen für die Hälfte. Die Mieter, sagt er, wüssten dagegen ganz genau, dass sie nichts mehr bezahlen müssten.

Wer weiter auf Mieter setzten will, muss also ein besonders gutes Angebot haben. Der Makler, der nicht umsonst arbeiten will, ist von seinem überzeugt. Er werde bald umfassend über die zweite Firma unter seinem Dach informieren. Damit die Kunden weiter Kuchen mitbringen.

© SZ vom 01.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: