Widersprüchliche Angaben:Eine Frage der Glaubwürdigkeit

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Ein 52-jähriger Angeklagter bestreitet die Vergewaltigung seiner ehemaligen Freundin. Ihr Anwalt hofft auf eine weitere Zeugin

Von Alexander Kappen, Landshut/Allershausen

Im Prozess gegen einen 52-jährigen Mann, der im März 2014 seine ehemalige Freundin auf einem Waldparkplatz bei Allershausen vergewaltigt haben soll, drehte sich auch am vierten Hauptverhandlungstag am Landshuter Landgericht vieles um die Glaubwürdigkeit des Opfers. Am Mittwoch wechselte der Staatsanwalt vorübergehend vom Klägertisch auf den Zeugenstuhl. Er hatte das als Nebenklägerin auftretende Opfer während der Ermittlungen selbst vernommen, um sich ein Bild von ihr zu machen. Dabei wurden einige widersprüchliche Angaben der Nebenklägerin thematisiert, die zuvor auch bei den Aussagen zweier Polizistinnen zur Sprache gekommen waren. Die Nebenklägerin habe ihm gegenüber "das Kerngeschehen im Wesentlichen konstant wiedergegeben", sagte der Staatsanwalt. Allerdings offenbarten die Angaben der Frau gegenüber der Polizei und dem Staatsanwalt einige Widersprüche. So sagte sie mal, dass der Angeklagte sofort nach der Ankunft am Waldparkplatz die Lehne des Beifahrersitzes runtergeklappt habe, zu ihr hinübergeklettert sei und sie begrapscht habe. Ein anderes Mal sprach sie davon, dass die beiden nach der Ankunft erst geraucht hätten. "Das habe ich ihr auch vorgehalten", sagte der Staatsanwalt, "daraufhin hat sie sich verbessert."

Vorsitzender Richter Ralph Reiter verwies darauf, dass die Nebenklägerin gesagt habe, dass nach dem Rauchen kein weiteres Gespräch stattgefunden habe "und gleich die Sache mit der Lehne passiert ist". Von einer Handy-Tonaufnahme, die sie im Auto heimlich gemacht hatte und die in der Verhandlung bereits vorgespielt worden ist, "wissen wir aber, dass danach noch ein Gespräch von sechs bis sieben Minuten war". Auch bezüglich des Tatorts gab es Ungereimtheiten. Gegenüber der Polizei gab die Nebenklägerin in einer Vernehmung an, sie sei auf der Rückbank des Auto vergewaltigt worden, in einer anderen sprach sie vom Kofferraum. "Ich habe sie explizit darauf angesprochen", sagte der Staatsanwalt: "Sie hat sich korrigiert und gesagt, es sei ein Missverständnis gewesen." Richtig sei, dass es die Rückbank war. Auch zu ihrer Gegenwehr hatte der Staatsanwalt die Frau befragt. "Der Angeklagte sei mit vollem Gewicht auf ihr gelegen - und dann war immer wieder von einem Schockzustand die Rede." Der Staatsanwalt legte der Nebenklägerin bei ihrer Vernehmung einen Facebook-Chat zwischen ihr und dem Angeklagten aus der Zeit nach der vermeintlichen Vergewaltigung vor. Darin war nur von der Rückzahlung eines gemeinsamen Kredits die Rede. Um die Vergewaltigung ging es nie. "Sie hat mir gesagt, dass der Kredit für sie existenziell wichtig war und dass sie über die Vergewaltigung nicht auf Facebook reden wollte", so der Staatsanwalt.

Der Angeklagte bestreitet die Vergewaltigung. Es habe sich um einvernehmlichen Sex auf der Rückbank gehandelt, "der auf ihrem Mist gewachsen ist", sagte er bereits zum Prozessauftakt. Auf den Beifahrersitz rüber klettern, wie von der Nebenklägerin behauptet, könne er wegen eines Bandscheibenvorfalls ohnehin nicht.

Der Anwalt der Nebenklägerin will weitere Zeuginnen laden, die die Glaubwürdigkeit seiner Mandantin stützen. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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