Werbung an Schulen:Spezielle Fälle

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Die Schule als kommerzfreier Raum? Das war einmal

Von Mathias Weber

Wer glaubt (oder hofft), die Schule sei ein kommerzfreier Raum, der irrt gewaltig. Mitunter entgleitet den Schulen sogar die Deutungshoheit darüber, was in ihren eigenen vier Wänden passiert, zum Beispiel bei der Kerrygold-Aktion am Korbinian-Aigner-Gymnasium. Es ist ein besonders krasser Fall. Die von der Butterfirma beauftragte Agentur hat nicht nur ohne das Wissen der Schule die Presse zum Aktionstag eingeladen; danach, gleich nach dem Mittagessen, hat sie sogar noch eine Pressemitteilung über die Aktion verschickt, mit der Beschreibung von Vorgängen, von denen sie nichts wissen konnte und Fotos, die irgendwelche Schüler zeigen und nicht die Erdinger - umrahmt von Kerrygold-Produkten.

Es ist besorgniserregend, dass so ein gesellschaftlich wichtiger Raum wie die Schule nicht mehr vollständig in den Händen der Verantwortlichen liegt - auch wenn sich die fragliche Agentur im konkreten Fall extrem frech verhalten hat. Es ist aber auch besorgniserregend, mit welchen Mitteln Unternehmen heutzutage versuchen, in diesen geschützten Raum einzudringen. Und noch besorgniserregender ist, wie manche Lehrer dies gar nicht mehr als Problem wahrnehmen: Warum, heißt es da, sollten nicht örtliche Unternehmen wie die Flughafengesellschaft als Sponsoren auftreten? Was ist schon dabei, wenn die Sparkasse einen Monitor für die Aula spendiert? Und welcher Schulleiter lehnt schon ein Geschenk ab? Finanzielle Gründe werden dann gerne angebracht, Unterstützung könne man immer brauchen. Aber würde der Landkreis wirklich Nein sagen, wenn die Schulen um einen Defibrillator bitten würden - wo doch gleichzeitig die Klassenzimmer des Landkreises mit Whiteboards ausgestattet werden?

Die strengen Regeln im Erziehungsgesetz und in der Geschäftsordnung gibt es nicht umsonst. Kinder und Jugendliche sollen und müssen geschützt werden - und darüber kann man sich auch schon beim Kerrygold-T-Shirt Gedanken machen. Dass dieser eine spezielle Fall nicht zu 100 Prozent koscher war, das hat man am Korbinian-Aigner-Gymnasium wohl auch gemerkt. Die Schule hatte untersagt, dass die Fotos der Aktion, die die Erdinger SZ gemacht hatte, verwendet werden. Nach längerer Diskussion wurden sie dann doch freigegeben.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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