Weinmesse in Erding:"Früher gab es mehr Schrott auf dem Markt"

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Top-Sommelier Rakhshan Zhouleh sagt im Interview mit der SZ, wie Liebhaber einen guten Tropfen finden - und warum es sehr interessant ist, in einer Weißbierhochburg wie Erding eine Weinmesse zu veranstalten.

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Zum 18. Mal findet am Wochenende die Weinmesse Vinland in der Erdinger Stadthalle statt. Etwa 40 Winzer und Händler bieten ihre Tropfen zum Probieren an und laden die Besucher zum gemeinsamen Fachsimpeln ein. Top-Sommelier Rakhshan Zhouleh wird an beiden Tagen Seminare geben. Die Süddeutsche Zeitung hat mit ihm über die Messe, Raritäten und "guten" Wein gesprochen.

SZ: Kaufen auf der Messe eher Privat- oder Geschäftsleute ein?

Rakhshan Zhouleh: Es sind hauptsächlich Privatleute, aber teilweise auch Gastronomen und Weinliebhaber. Wenn sie davon wissen, kommen viele aus München, ansonsten aus Erding und der Region.

Aus welchen Regionen kommen die beliebtesten Weine?

Puh. Es kommen Winzer aus Franken, Rheinhessen und ein nicht geringer Anteil aus Österreich. Die Weinhändler bringen eine Auswahl aus anderen Regionen mit, eine Anreise aus dem Burgund wäre zu weit. Wir haben einen Stand mit Raritäten, an dem man einen zwanzigjährigen Silvaner aus Franken oder einem mehr als zwanzig Jahre alten Riesling von der Mosel probieren kann. Die Leute wollen immer etwas neues probieren, etwas entdecken. Dieses Mal bringe ich zum Beispiel drei verschiedene Weißweine mit, von denen ich im Jahr nur etwa 1200 Flaschen produziere.

Am Wochenende werden außer Wein unter anderem Liköre und Edelbrände angeboten. Kümmern Sie sich als Sommelier auch darum?

Wir Sommeliers sind eigentlich für fast alle alkoholischen Getränke zuständig. In Erding präsentiere ich nur Weine. Persönlich liebe ich Single Malt Whisky und Gin: diese Gewürze und unterschiedliche Aromaten... Die Verbindung zwischen Gin und unterschiedlichen Tonic Watern begeistert mich. Man kann mit Gin viel machen.

Wollen Sie in Zukunft in diesem Bereich Seminare anbieten?

Die Weinseminare sind in diesem Jahr ja eine Premiere, aber die Nachfrage ist groß. Ich habe ziemliche Lust, das nächste Mal vielleicht mehr anzubieten, mit Gin und Craft Beer.

Nun ist die Stadt Erding ja vor allem für sein Weißbier in aller Welt bekannt. Wie ist es, gerade hier eine Weinmesse zu veranstalten?

Sehr interessant. Die Nachfrage nach einem Stand ist bei Winzern und Händlern sehr groß. Nicht für alle war Platz. Dass einige von ihnen seit Jahren dabei sind, ist ein Signal, dass die Messe interessant ist. In den vergangenen zwölf Jahren haben die Menschen allgemein wieder mehr Bezug zu österreichischen und deutschen Weinen entwickelt. Gerade in Süddeutschland ist die Nachfrage stark gestiegen. Vielleicht gibt es aber in Zukunft auch einen Stand mit Bierspezialitäten.

Welche Entwicklung konnten Sie in den vergangenen Jahren beobachten?

Eine Zeit lang war Kochen sehr in. Vor zehn Jahren gab es überall Kochshows- und schulen. Langsam kommt aber der Wein wieder in Mode. Die Händler und Winemaker haben gelernt, wie man saubere Weine macht. Die Produktion wurde besser und die Winzer kreativer. Die Balance zwischen Quantität und Qualität stimmt. Es gibt vernünftige Weine für unter zehn Euro. Früher gab es mehr Schrott auf dem Markt. Davon abgesehen hat sich auch im hochklassigen Segment viel getan. Vor zehn Jahren hätte keiner damit gerechnet, dass ein deutscher Riesling oder Silvaner mal für 40 Euro oder mehr die Flasche verkauft wird.

Was zeichnet für den Sommelier einen guten Wein aus?

Wenn ich einen Wein probiere, erwarte ich typische Aromaten, das heißt, er sollte nach der jeweiligen Rebsorte und den Böden aus der Region riechen. Die Balance - nicht zu viel Säure - und die Qualität müssen stimmen. Die Frage, wann ich einen Wein trinken will, spielt auch eine Rolle. Für mich gibt es Weißweine, die im Winter und Rotweine, die im Sommer passen. Ganz unterschiedlich. Es gibt da sehr viele Facetten.

Wie finde ich als Liebhaber ohne besondere Spürnase den passenden Wein?

Sie sollten wissen, wofür sie ihn brauchen. Soll er leicht und süffig sein, wollen Sie dazu etwas kochen oder ihn vielleicht alleine genießen? Pauschal kann man das nicht sagen. Aber ich denke, wenn Sie einen Wein finden, der mehr als 50 Prozent Ihrer Kriterien erfüllt, haben Sie es geschafft!

Immer öfters stehen im Regal Flaschen mit dem Siegel "Bio". Was bedeutet das?

Diese Weine müssen strenge Kriterien erfüllen. Beim biologischen Anbau sind chemische Sprühmittel, zum Beispiel gegen den falschen Mehltau, nicht erlaubt. Die Winzer müssen dafür eine stabile Auswahl an Rebstöcken treffen.

Mittlerweile wird bei einigen Weinen mit dem Prädikat "sulfitfrei" geworden. Sind diese verträglicher?

Sulfite entstehen automatisch in geringen Mengen während der Gärung. Es gibt also keine sulfitfreien Weine. Was damit gemeint ist, ist die Schwefelzugabe, die allgemein jedoch nicht mehr so hoch ist wie früher. Wer auf die kleinen Mengen dennoch empfindlich oder allergisch reagiert, sollte eher reifere, zwei bis drei Jahre alte Weine trinken, da in denen mehr Sulfite eingebunden sind.

Zeichnet sich für dieses Jahr bereits ein Trend ab?

Etwas wirklich auffälliges oder einen Modewein kenne ich nicht. Ich vermute aber, dass gereifte Weine häufiger verlangt werden. Die Nachfrage nach der Rebsorte Silvaner wird in Deutschland wieder steigen. Und unter den Sommeliers ist Champagner wieder in.

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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