Wegen Insolvenzberatung:Caritas-Schuldnerberatung droht das Aus

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Landrat Bayerstorfer möchte die eigene Beratungsstelle am Landratsamt ausbauen. Für eine "Doppelstruktur" soll es keine Zuschüsse mehr geben. Ohne die müsste die Einrichtung der Caritas aber nach 30 Jahren schließen

Von Antonia Steiger und Florian Tempel, Erding

Die Schuldnerberatung der Caritas Erding gibt es seit fast 30 Jahren, seit neun Jahren bietet man zusätzlich auch Insolvenzberatung an. Doch nun droht der Beratungsstelle das Aus. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) möchte die vor acht Jahren am Landratsamt geschaffene Schuldnerberatung um eine Insolvenzberatungsstelle ausbauen. Der Caritas würde dann wohl der jährliche Zuschuss des Landkreises von zuletzt 35 000 Euro gestrichen werden. Caritas-Geschäftsführerin Barbara Gaab sagte, dass ihre Schuldner- und Insolvenzberatung dann schließen müsste: "Wenn wir vom Landkreis kein Geld mehr kriegen, können wir nicht weiter machen."

Bislang ist zwar noch nichts offiziell entschieden und doch scheint alles bereits beschlossene Sache. Der Stiftungsausschusses der Zollner-Leihfonds-Stiftung hat am Dienstag die sonst üblichen 10 000 Euro Zuschuss für die Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle der Caritas auf 5000 Euro halbiert - im Vorgriff darauf, dass es die Beratungsstelle wohl bald nicht mehr geben werde. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) bestätigte in der Sitzung, dass das Landratsamt die eigene Schuldnerberatung ausbauen wolle. Ein neues Gesetz sehe vor, dass Schuldnerberatungsstellen künftig auch Insolvenzberatung anbieten müssen. Günther Kuhn (Grüne) fragte nach, ob dies wirklich so sein müsse. Er gab zu bedenken, dass es in der Behörde die Tendenz gebe, "alles in das Landratsamt reinzuziehen", wie das auch mit der Asylberatung geschehen sei. Gotz erwiderte ihm, er wolle keine Doppelstrukturen schaffen. Eine irritierende Aussage, da das Landratsamt und nicht die Caritas die Doppelstruktur schafft. Wenn sich eine Änderung ergebe, sagte OB Gotz, sei er gerne dazu bereit, der Caritas wieder Zuschüsse aus den Stiftungserträgen zukommen zu lassen.

Aus dem Landratsamt hieß es: "Bisher gab es am Landratsamt bereits die Schuldnerberatung mit einer Vollzeitkraft. Die Aufgabe als Kombination aus Schuldner- und Insolvenzberatung startet ab 1. Januar 2019. Es wurde bereits eine Mitarbeiterin entsprechend geschult, die geforderte zweite Stelle wird zeitnah besetzt werden." Ohne auf die Frage einzugehen, ob die Caritas noch Zuschüsse erhalten werde, heißt es lapidar: "Selbstverständlich können auch freie Träger weiterhin ein Angebot vorhalten."

Per Gesetz ist die Zuständigkeit der Insolvenzberatung vom Staat auf die Ebene der Landkreise übergegangen. Das macht nach Ansicht aller Experten inhaltlich Sinn, da Schuldner- und Insolvenzberatung fachlich zusammengehören. Die Landkreise bekommen dafür künftig Geld vom Staat. Und sie können selbst entscheiden, wie sie mit dem Geld umgehen, ob sie eigene Stellen ausbauen oder solche der Wohlfahrtsverbände. Eine Sprecherin des Sozialministeriums sagte, es gebe auch "keinen Bestandsschutz" für bestehende Einrichtungen wie die der Caritas Erding.

Eva Richter vom Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen - in der die Caritas und das Landratsamt Mitglieder sind - befand die Konstellation im Landkreis Erding, als "echtes Problem". Das neue Gesetz zum Ausbau der gemeinnützigen Insolvenzberatung sei zwar "nicht so gedacht, dass ein Landkreis das an sich zieht". Auf der anderen Seite würden man aus fachlicher Sicht zwei Vollzeitstellen als Mindestgröße für eine kombinierte Beratungsstelle ansehen. Deshalb sei es auch zu verstehen, dass Landrat Bayerstorfer seine Einrichtung auf diese Größe ausbauen wolle.

Caritas-Geschäftsführerin Gaab sagte, sie plädiere dafür, einen Beratungsverbund zu schaffen. Jeder sollte je ein Vollzeitstelle besetzen. Die Kooperation würde man mit einer Vereinbarung zur "gegenseitigen Vertretung" besiegeln. Die Caritas würde nicht mehr als den bisherigen Zuschuss brauchen, um weiter zu machen. Da der Landkreis allerdings erstmals vom Staat Zuschuss für eine Vollzeitstelle erhalte, würde er sich auf diese Weise "letztendlich sogar Geld sparen". Gaab sagte, die Caritas Erding habe bei der Schuldnerberatung gewachsene Strukturen, sei bestens vernetzt und betreue nicht selten über ihre sozialpsychiatrischen Dienst dieselben Personen auch in anderer Weise.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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