Warteraum Asyl:Kompromisse hinter dem Zaun

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Auf dem Weg: Flüchtlinge verlassen den Warteraum selbstständig, wenn sie zu Verwandten wollen. Eine Brücke an der B388 soll sie vor Unfällen schützen. (Foto: Schmidt)

Heiko Werner wird wohl nie mit Landrat Bayerstorfer einer Meinung sein. Doch der Camp-Leiter im Warteraum Asyl will trotzdem auf Wünsche aus dem Landratsamt eingehen - und eine Brücke über die B388 bauen

Von Sebastian Fischer, Erding

Heiko Werner saß am Sonntagmorgen in seinem Bürocontainer am Fliegerhorst und schaute gespannt auf sein Handy. Den Camp-Leiter des Warteraums Asyl interessierten natürlich die Nachrichten vom Koalitionsgipfel in Berlin, wo sich die Parteispitzen von SPD, CDU und CSU auf Maßnahmen in der Flüchtlingskrise einigen wollten. Denn eine Einigung über beschleunigte Asylverfahren, die am Sonntag verschoben wurde, würde wohl auch den Warteraum betreffen. Werner sagt: "Erding ist ein funktionierendes Muster."

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte bei seinem Besuch in Erding vor einer Woche weder ausgeschlossen noch bekräftigt, dass das Camp als eine der von der Union ins Spiel gebrachten Transitzonen in Frage käme. Der SPD-Vorschlag, sogenannte Einreisezentren zu errichten, bezieht die Wartezentren in Erding und Feldkirchen explizit in die Pläne ein. Werner nannte es praktikabler, Menschen von der Grenze in Zentren nach dem Erdinger Vorbild zu bringen, als die notwendige Infrastruktur an die Grenzen zu bringen.

Bevor Erding jedoch von bundespolitischen Entscheidungen betroffen ist, muss sich Werner stellvertretend für das Bundesamt für Migration (Bamf) in diesen Tagen ohnehin eher über kommunalpolitische Problemlösungen Gedanken machen. Die Kritik von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) über angeblich chaotische Zustände im Camp hatte er bereits am Donnerstag nochmals im Erdinger Stadtrat widerlegt.

Die Wortwahl des Landrats hat ihn nicht gefreut, er sagt: "Ich glaube, dass wir niemals einer Meinung sein werden." Auf die Wünsche der Kommunalpolitik will er dennoch eingehen. Konkret sind die Überlegungen im Falle der Brücke, die an der B388 entstehen soll, um den Flüchtlingen, die das Camp nach Erding verlassen, die Überquerung der Straße zu erleichtern. "Wenn das Landratsamt das will, dann bezahlen und bauen wir das", sagt Werner. Er erwartet in den kommenden Tagen den Kostenvoranschlag vom staatlichen Bauamt für die Stahlrohrkonstruktion.

Um Müll an der B388 zu verhindern, würde sich Werner von der Stadt ein paar Mülleimer wünschen. Zweimal täglich sammeln Mitarbeiter vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) und ehrenamtliche Helfer Dinge auf, die für die Flüchtlinge auf ihrer Weiterreise Ballast darstellen. Stefan Sturm vom DRK betont jedoch, dass dort auch häufig Bierflaschen und anderer Müll gefunden werde, der kaum von Flüchtlingen verursacht worden sein kann.

Das Wochenende beschrieb Sturm als ruhig. Zwar sei die Belastung für die Helfer groß, jedoch würden auch hohe Zahlen ankommender Flüchtlinge kein Problem darstellen. Seit Sonntag ist die Kapazität im Camp von 1500 auf 2500 Betten angewachsen, weil nun 17 Flugzeughallen und die ersten beiden Zelte als Unterkunft dienen. Am Sonntag war die Kapazität jedoch nicht einmal zur Hälfte ausgelastet. 735 Flüchtlinge hielten sich am Morgen im Camp auf. In den 24 Stunden davor waren 647 angekommen und 251 weitergereist, 268 verließen das Camp auf eigene Faust. 183 Flüchtlinge wurden vom Bamf nicht registriert, 873 wurden registriert. Die hohe Zahl der Registrierungen war auch damit zu erklären, dass in der Nacht zum Samstag die Computer des Bamf ausgefallen waren und viele Flüchtlinge, die am Vortag angereist waren, erst am Samstag erfasst wurden.

In den kommenden Wochen soll das Camp weiter wachsen. Bald werden die nächsten Bürocontainer geliefert, um mehr Flüchtlinge parallel registrieren zu können. Das Team des DRK soll laut Werner aufgestockt werden, wenn die Zahl der Flüchtlinge steigt. Weil der Aufbau fast abgeschlossen ist, bleiben die Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks nur noch bis 8. November. Ein paar wichtige Aufgaben haben sie aber noch. Zum Beispiel gebe es europaweit Lieferengpässe bei Duschcontainern, sagt Werner. Deshalb bauen sie die Container im Camp nun selbst.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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