Wartenberg:Die Tour zur Skulptur

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Der erste Teil des Radwanderweg ist offiziell eröffnet: Wartenberg, Berglern, Langenpreising und Fraunberg sind stolz auf ihre Holzkunstwerke. Der Beschauer soll zum Nachdenken angeregt werden

Von Sarah Schiek

Die hölzerne Mutter mit zwei Kindern von Genoveva Liegl steht in Langenpreising und kann dort jederzeit bewundert werden. Die Skulptur heißt ´Begleitung`.   (Foto: Renate Schmidt)

Ein Radwanderweg durch den Landkreis Erding, auf dem der Radfahrer zeitgenössischer Kunst begegnen kann, das war die Vision des Oberdinger Holzbildhauers Wolfgang Fritz. Zwei Jahre und ein internationales Holzbildhauer-Symposium später ist sie nun Wirklichkeit geworden: "SkulpTour I" nennt sich der erste Teil der Radstrecke, die von Wartenberg über Langenpreising, Berglern, Fraunberg, Inning am Holz, Steinkirchen, Taufkirchen, Hohenpolding und Kirchberg zu den Kunstwerken am Wegesrand führt, die im Mai von neun internationalen Künstlern auf dem Marktplatz in Wartenberg geschaffen wurden.

Die Marktgemeinde war auch Ausgangspunkt der Fahrradtour, mit der die Route am Samstag von Bürgermeister Manfred Ranft eröffnet wurde. Als künstlerischer Leiter des Holzbildhauer-Symposiums und begeisterter Radfahrer ließ es sich Fritz nicht nehmen, die Gruppe selbst über die ersten vier Etappen des Rundwegs zu führen. Ihm zur Seite standen neben den Tourenleiter des ADFC Erding, die bereits zahlreiche kunstinteressierte Radler aus Erding nach Wartenberg geleitet hatten, in Dirk Auf dem Hövel, Genoveva Liegl und Joseph Briechle auch drei Holzbildhauer-Kollegen, deren Werke auf der SkulpTour zu bewundern sind.

In gemütlichem Tempo machten sich die etwa sechzig Radfahrer bei strahlendem Sonnenschein und einem erfrischenden Lüftchen auf den Weg nach Langenpreising. An der Hauptstraße zwischen dem Kindergarten, der Schule und dem Friedhof steht dort die Skulptur von Genoveva Liegl, Holzbildhauerin aus Forstinning. "Begleitung" heißt ihre Figur, die zwei Kinder an der Seite ihrer Mutter zeigt. Mit der Motorsäge hat die Künstlerin sie aus dem Stamm einer Esche herausgearbeitet. "Kinder brauchen eine Begleitung und Schutz. Den haben sie heute immer weniger", erklärte Liegl, die wie alle Künstler ihre Skulptur speziell für deren Standort entworfen hat. Schließlich, so Fritz, solle jedes der neun Kunstwerke die Charakteristika der Gemeinde aufgreifen.

Aus diesem Grund steht auf dem Kirchplatz in Berglern - der zweiten Station der Radler - nun die "Warnende Hand", ein Werk des Niederländers Egidius Knops. Der war bei seinen Recherchen immer wieder auf die dritte Startbahn gestoßen und hatte entdeckt, "dass das hier ein richtiges Widerstandsnest ist", erläuterte Fritz. Die wie zum "Stopp!" nach oben gestreckten Finger lassen eine Taube aufsteigen, die von einem Käfig in Form eines Flugzeugs umschlossen wird - für Bürgermeister Herbert Knur ein eindeutiges Symbol: "Wir haben uns für die Hand entschieden, weil die Einflugschneise der dritten Startbahn direkt hier darüber gehen würde", erklärte der Berglerner Rathauschef.

Man könne sich vorstellen, sagte Knur, das das nicht nur für die Grundschüler, sondern vor allem auch für die Kleinkinder im Hort und der Krippe extrem belastend sei. "Man vergisst, dass damit für kleine Kinder, die auch tagsüber schlafen, die Nacht zum Tag gemacht wird. Die Diskussion über Tagschutz und Nachtschutz, wie sie derzeit vor dem Verwaltungsgericht geführt wird, macht da gar keinen Sinn", sagte Knur, der hofft, dass die Skulptur Passanten und Autofahrern diese Problematik ins Gedächtnis rufen wird. "Immerhin kommen hier täglich um die 6000 Fahrzeuge vorbei."

Ebenfalls an prominenter Stelle ist am Rathausplatz der Nachbargemeinde Fraunberg das Werk von Wolfgang Fritz zu finden. "Weg der Entwicklung" heißt seine Skulptur, mit der er die Geschichte der Gemeinde visualisiert hat. "Deren Weg ist dieses blaue Band, das sich vom Boden mäandernd nach oben in die Flügel windet, die die freien Entwicklungsmöglichkeiten symbolisieren", erklärte der Künstler, der für seine Skulptur eine Eiche gewählt hat. Der Stamm, so Fritz, komme von einem örtlichen Landwirt, dessen Frau traurig gewesen sei, dass der Baum einer Biogasanlage habe weichen müssen. "Sie war sehr froh, dass er dann auf diese Weise in die Gemeinde zurückkam."

Überhaupt, so betont Fritz, sei kein Baum extra für das Holzbildhauer-Symposium gefällt worden. Auch die Eiche, die der Wartenberger Maler und Bildhauer Dirk Auf dem Hövel für seine Skulptur "Die Radfahrerin macht Halt" verwendet hat, sei schon lange vorher gefällt worden. Hinfahren, rasten, sich umschauen - Auf dem Hövels Werk stellt in gewisser Weise auch ein Symbol des SkulpTour-Projekts an sich dar. Als die Gruppe am Skatepark der Marktgemeinde wieder eintrifft, fährt der Künstler beherzt auf den querliegenden Stamm zu, um sein Rad wie in einem Ständer an diesem abzustellen.

Seine Mitfahrer klatschen begeistert, und auch Bürgermeister Manfred Ranft nutzt die Gelegenheit, um die Idee des Lokalmatadors zu loben. "Uns wurden im Gemeinderat verschiedene Entwürfe vorgestellt, aber uns war sofort klar, dass wir die Radfahrerin haben wollen und dass sie hier beim Skatepark stehen soll", erinnert sich Ranft. Schließlich, so pflichtet Fritz ihm bei, war es die Grundidee, die Skulpturen an attraktiven und direkt mit dem Rad erreichbaren Orten zu platzieren. "Die Leute sollen die Skulpturen auch sehen und sich Gedanken darüber machen können. Ich denke, das haben die Gemeinden hervorragend gelöst."

© SZ vom 08.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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