Vor dem Amtsgericht Erding:Familienstreit mit Beil ausgetragen

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Ein Sohn, der den Vater am Kopf getroffen hat, wird zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

"Wenn Sie die scharfe Seite des Hackbeils genommen hätten, würden Sie heute nicht hier sein, sondern vor dem Schwurgericht am Landgericht Landshut stehen." Amtsrichter Björn Schindler fand am Schluss deutliche Wort für den 39-jährigen Angeklagten. Zum Glück hatte nur die flache Seite des Beils den Kopf seines Vaters getroffen und neben einer Prellung eine stark blutende, vier Zentimeter lange und zwei Zentimeter breite Wunde hinterlassen. Und deshalb stand der 39-Jährige nur wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Schöffengericht Erding und wurde letztlich zu zwei Jahren Haft verurteilt - auf drei Jahre Bewährung, sowie einer Geldstrafe von 600 Euro. Vor einer höheren Strafe rettete ihn sein vollumfängliches Geständnis vor Gericht.

Warum es zu dem Angriff mit dem Hackbeil gekommen ist, blieb aber im Unklaren. Zwar hatte der Vater gegen seinen Sohn einen Tag nach der Tat einen Strafantrag gestellt, diesen aber vor der Verhandlung zurück gezogen und sein Recht auf Zeugnisverweigerung in Anspruch genommen. Damit, so Richter Schindler, durften seine Angaben bei der Polizei nicht mehr verwendet werden. Sein Sohn sagte vor Gericht aus, dass er die Tat sehr bereue und dass er sich inzwischen wieder mit seinem Vater versöhnt habe, und der Amtsrichter musste diese Aussage so hinnehmen: "Ihre Versöhnung mit dem Vater ist nicht zu widerlegen, da Ihr Vater heute keine Aussage macht."

Bekannt wurde nur, dass es einen heftigen Streit zwischen den beiden gegeben hatte, bei dem der 39-Jährige schließlich im Zimmer seines Vaters in einer Pension zum Hackbeil griff und zuschlug. Der Vater flüchtete blutüberströmt. Die Tochter des Pensionsbesitzers hatte den Streit und die Flucht mitbekommen und die Polizei verständigt. Der Sohn hatte bei der Polizei noch angegeben, dass sein Vater die Treppe herunter gestürzt sei und sich dabei verletzt habe. Sein Vater sagte jedoch am Tag danach bei der Polizei etwas anderes aus: Sein Sohn habe ihn angegriffen.

Bis die Verhandlung beginnen konnte, dauert es, da der Angeklagte eine halbe Stunde zu spät gekommen war. Er begründete das mit einem Bus, der nicht gekommen sei. Unmittelbar nach Verlesung der Anklageschrift durch den Staatsanwalt bat sein Verteidiger um ein Rechtsgespräch aller Beteiligten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das Ergebnis war ein Deal: Sollte der 39-Jährige sich schuldig bekennen, wurde ihm eine Strafe zwischen einem Jahr und sechs Monaten bis zwei Jahre auf Bewährung in Aussicht gestellt. Den Schlag mit dem Beil gab der Angeklagte daraufhin zu, aber er machte keine Angaben über den Grund des Streits. Es sei ein Streit in der Familie gewesen, und er bereue, dass es dazu gekommen sei. Seitdem habe er "viele Schmerzen in der Seele".

Der ermittelnde Polizeibeamte sagte aus, dass er damals ausgesagt habe, dass er sich schützen wollte vor seinem Vater. Das blutige Hackbeil habe man später unter dem Bett gefunden, zudem Blutspuren, unter anderem im Treppenhaus. Aufschluss über den Streitgrund hätte eventuell ein weiterer, damals wohl im Zimmer anwesender Mann geben können. Der Vater habe sich aber geweigert, nähere Angaben zu der Person zu machen, um ihm "keine weiteren Probleme zu machen". Alkohol war jedoch nur in geringem Maße im Spiel. Ein spätere Blutentnahme erbrachte einen Wert von 0,53 Promille. Wobei unbekannt ist, ob der 39-Jährige Alkohol bereits vor oder erst nach der Tat getrunken hatte.

Das Schöffengericht folgte letztlich dem Antrag des Staatsanwaltes und verurteilte den Angeklagten zu zwei Jahren Haft. Gegen ihn sprach, dass der Angriff mit einem Hackbeil kein "minderschwerer Fall" von Körperverletzung sei und dass der 39-Jährige kein unbeschriebenes Blatt ist. Zwar ist er in Deutschland nur wegen Diebstahl zu einer Geldstrafe verurteilt worden, hat aber laut Staatsanwalt in seinem Heimatland Rumänien etliche Delikte verübt. Für ihn sprach sein Geständnis, denn nach dem Rückzieher des Vaters fehlte ein Zeuge der Tat. Die schwere Körperverletzung wäre ihm nur mit "gewissen Mühen" nachzuweisen gewesen.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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