Von Nepal bis Namibia :Lachen gibt Lebensmut

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Toni Toss reist mit den "Clowns ohne Grenzen" regelmäßig in Krisengebiete und arme Länder, um den Menschen dort ein wenig Abwechslung vom oft schweren Alltag zu bieten. Am 10. März geht es nach Nepal

Von Alexander Kappen, Wang

Anton Czemmel ist ein Clown. Durch und durch. Seine E-Mails zeichnet er mit dem Künstlernamen "Toni Toss". Am Telefon meldet er sich schon mal mit "Ich bin der Clown, der nach Nepal fährt." Um genau zu sein, ist er einer von vier Clowns, die sich am 10. März auf den Weg nach Nepal machen, um den Leuten, vor allem Kindern, in der Region um Kathmandu und in den nordöstlichen Erdbebengebieten ein wenig Abwechslung vom oft schweren Alltag zu bringen.

Czemmel alias "Toni Toss", seit annähernd 20 Jahren als Clown aktiv, begibt sich zusammen mit Susie Wimmer, Brigitte Megerle, Arne Beeger und einer Fotografin im Namen des wohltätigen Vereins "Clowns ohne Grenzen Deutschland" auf die Reise. Der Verein - eines von zwölf unabhängigen Mitgliedern von Clowns Without Borders International - bereist seit mittlerweile zehn Jahren Krisengebiete und arme Länder, um den Leuten mit seinen kostenlosen Shows "wieder Lebensmut zu geben", wie es auf der Homepage von "Clowns ohne Grenzen" heißt.

Für Czemmel selbst ist es bereits die vierte große Reise. Angefangen hat es mit einem Besuch in Rumänien, um dort, so sagt er, "mal ein Gefühl dafür zu bekommen, wie das funktioniert". Mittlerweile war er auch schon dreimal im Iran. Der Sozialpädagoge aus Wang, der halbtags im Neufahrner Jugendzentrum arbeitet und darüber hinaus professionell als zaubernder und jonglierender Clown unterwegs ist, weiß, was bei Auftritten im Ausland zu tun ist - im Prinzip nichts anderes, als sonst auch. "Die Kinder in Nepal haben einen anderen kulturellen Hintergrund, aber Kind ist Kind und Lachen ist überall die gleiche Sprache", sagt er. Das Programm, das er mit seinen drei Mitstreitern auf die Beine gestellt und intensiv geprobt hat, kommt weitgehend ohne Worte aus. Wenn, dann rede man in der von Clowns oft verwendeten Fantasie-Sprache "Gromolo", in der es Aneinanderreihungen von Buchstaben, aber keine konkreten Wörter gibt. Ansonsten, so Czemmel, streue man vielleicht ab und an zwei, drei Wörter in der Landessprache ein.

Auch wenn die Sprache der Clowns, der Humor, über Grenzen hinweg zu verstehen ist, so gilt es bei Auftritten in anderen Kulturkreisen doch Regeln zu beachten. Wenn man den Daumen hoch hält, was hierzulande positiv behaftet ist, "kann das in einem anderen Land was ganz anderes bedeuten", gibt Czemmel zu bedenken. Oder ein anderes Beispiel: "Im Iran muss ich darauf schauen, dass ich auf der Bühne keine Frau berühre", sagt Czemmel. In Nepal achte man drauf, dass die Frauen nichts Kurzärmliges tragen. Er selbst kombiniere seine sehr kurz Clown-Hose mit entsprechend langen Strümpfen, "damit das Bein nicht frei ist". Verstöße gegen solche Regeln, "sind nicht gleich strafbar, aber es ist halt eine moralische Geschichte", sagt der Clown, der solche Dinge durchaus ernst nimmt: "Wir halten uns an die Regeln, wir wollen ja nicht Anarchie verbreiten und alles durcheinander bringen - wir möchten auch kein politisches System kritisieren, sondern einfach nur den Leuten etwas Gutes tun."

Bei diesem Ansinnen werden die Clowns in Nepal von jemandem unterstützt, der vor Ort das Organisatorische regelt, dort viele Kontakte hat und sich um die Logistik kümmert. Das Clowns-Quartett will in Waisenhäusern, Schulen, Krankenhäusern oder einer Lepra-Station auftreten. "Man versucht das bestmöglich zu planen", sagt Czemmel. Ob im Endeffekt dann alles reibungslos funktioniert, ist eine andere Frage. Solche Reisen sind eben immer auch ein Stück weit Abenteuer.

Die professionellen Clowns werden für dieses Abenteuer nicht bezahlt, sie spielen ehrenamtlich. Czemmel opfert für den Nepal-Trip seinen Rest-Urlaub. Finanziert werden die Reisen der "Clowns ohne Grenzen" durch Mitgliedsbeiträge und Spenden, die sie auch bei Benefizveranstaltungen generieren. "Oder wir bekommen mal den Erlös vom Kuchenverkauf an der Grundschule oder die Einnahmen vom Moosburger Silvesterlauf", berichtet Czemmel. Das ehrenamtliche Engagement der Clowns, die in Deutschland auch in Erstaufnahme-Einrichtungen für Flüchtlinge auftreten, kommt im Ausland offenbar gut an. Eine junge Schauspielgruppe im Iran, die man geschult habe, trete inzwischen selbst als Klinik-Clowns auf, berichtet Czemmel. Ein Vertreter des Gesundheitswesens habe sogar mitgeteilt, dass eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht worden sei, wonach es an jeder Kinderklinik Clowns geben müsse. "Wow, das ist Wahnsinn und unglaublich, was da passiert", sagt Toss. Es sind Geschichten wie diese, die die "Clowns ohne Grenzen" in ihrem Handeln bestärken.

Im September geht Anton Czemmel erneut im Dienst der guten Sache auf Reisen, diesmal fliegt er nach Namibia. Dass er dafür wieder ein paar Wochen seines Jahresurlaubs drangibt, ist für ihn kein großes Ding: "Andere unternehmen Reisen zu Sehenswürdigkeiten, ich unternehme Reisen zu Menschen." Zu Menschen, mit denen es das Leben oft nicht gut gemeint hat. "In dem Augenblick, in dem man vor den Kindern auftritt, nimmt man das nicht so wahr", sagt Czemmel, der in diesen Momenten einfach nur Toni Toss ist. Aber wenn er dann wieder auf dem Heimweg ist und aus dem lustigen ein nachdenklicher Clown wird, "dann wird einem bewusst, welche Schicksale hinter diesen Menschen stecken".

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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