"Viele bekommen eine neue Chance":Über die Brücke ins Berufsleben

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Die Brücke Erding verabschiedet die Absolventen des Berufsintegrationsjahres. Neun von zwölf Jugendlichen haben einen Ausbildungsplatz bekommen - mehr als im vergangenen Jahr. Doch auch diesmal brechen einige ab

Von Max Ferstl, Erding

Dieter Link lässt seinen Blick reihum über die Gesichter wandern, er schaut noch mal ganz genau hin, dann gesteht er: "Ich kenne kaum jemanden." Das sei ihm, dem Schulleiter der Staatlichen Berufsschule Erding, zwar ein wenig unangenehm, andererseits: "Es ist offenbar nichts Gravierendes passiert, das bis zu mir vorgedrungen wäre." Für Schüler ist das in der Regel eine gute Nachricht. Vor allem, wenn sie gerade an der Schwelle zur Arbeitswelt stehen wie zwölf Absolventen des Berufsintegrationsjahres (BIJ) in Erding.

Am Freitag hat sich der Jahrgang ein letztes Mal in den Räumen des Vereins Brücke Erding getroffen, im Stuhlkreis haben sich die Jugendlichen ihre Geschichten erzählt, meistens Erfolgsgeschichten. Neun von zwölf haben sich einen Ausbildungsvertrag erarbeitet, zwei besitzen immerhin passable Aussichten auf eine Stelle. "Die Bilanz ist gut", findet Judith Heger, "viel besser als in den vergangenen Jahren." Heger und ihre Kollegen betreuen die Jugendlichen in der Brücke Erding. Sie vermitteln Praktika, stellen Kontakte zu Firmen her, laden Referenten ein, die zum Beispiel zeigen, wie man eine ordentliche Bewerbung schreibt. Der Verein will diejenigen über die Schwelle stupsen, die bisher zwischen Schul- und Arbeitswelt hängen geblieben sind. Manche haben keinen Schulabschluss und somit schlechte Karten am Arbeitsmarkt. Manchen fehlt auch einfach die Orientierung.

Die Idee des freiwilligen Jahres ist, den abrupten Übergang ins Arbeitsleben sanfter zu gestalten. "Die Jugendlichen sollen sich ausprobieren können", betont Barbara Huber, die die Brücke Erding leitet. Jeder Monat ist gleich getaktet: Zwei Wochen Berufsschule, eine in der Brücke, eine als Praktikant in einem Betrieb der Umgebung. Das Modell hat sich bewährt, seit mittlerweile sieben Jahren gibt es das Integrationsjahr. "Viele bekommen hier eine neue Chance", findet Markus Atzmüller, Klassenleiter an der Berufsschule. Wer zum Beispiel vorher in der Schule Probleme hatte, trifft nun auf unvoreingenommene Lehrer. "Manchmal reicht auch einfach ein Tritt von außen - und plötzlich läuft es wie am Schnürchen."

Dominik, 16, gehört zu denen, die ein wenig angeschoben werden mussten. Er sei vorher nicht richtig in die Gänge gekommen, habe während des Jahres aber "einen riesigen Sprung" gemacht, lobt Atzmüller. Am Freitag hat Dominik eine der Erfolgsgeschichten beigesteuert. Er ist kein Büromensch, wollte deshalb unbedingt etwas handwerkliches machen: "etwas mit den Händen erschaffen". Ein paar Praktika später unterschrieb der 16-Jährige einen Vertrag bei einem Metallbauer, dreieinhalb Jahre wird die Ausbildung dauern. "Ich hab's gefunden", freut sich Dominik.

Barbara Huber, Geschäftsführerin der Brücke Erding. (Foto: Stephan Goerlich)

Doch einige scheitern. Etwa 35 junge Menschen haben sich in diesem Jahr beworben, 19 bekamen einen Platz, sieben brachen vorzeitig ab. Zwar eine "gute Bilanz", wie Heger findet, vor allem besser als in den vergangenen Jahren. Nicht jeder geht freiwillig. "Es gibt Regeln, an die man sich halten muss", betont Atzmüller. Wer das tut, erhalte eine Chance. Die Betonung liege aber auf "Chance": "Eine Lehrstelle zu bekommen, ist nicht einfach. Schwerer ist es, durchzuziehen und anschließend übernommen zu werden." Es wäre also keine schlechte Idee, sich bei den Vorgesetzten einen Namen zu machen. Natürlich einen guten.

© SZ vom 18.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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