Verhandlung am Landgericht Landshut:"Belehrung" mit dem Holzknüppel

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Staatsanwaltschaft beschuldigt 68-jährigen Rentner des versuchten Mordes. Das Opfer, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau, überlebt die heftigen Schläge auf den Kopf wohl dank des Eingreifens von Zeugen

Von Gerhard Wilhelm, Landshut/Erding

Seit Donnerstag steht ein 68-jähriger Berglerner vor dem Schwurgericht der 1. Strafkammer des Landgerichts Landshut. Der Vorwurf: Er soll im Oktober 2017 versucht haben, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau mitten in Erding mit einem Holzknüppel zu ermorden. Die 63-Jährige überlebte mit etlichen Platzwunden auf dem Kopf, da einige Passanten auf die Tat aufmerksam geworden waren und den Angeklagten letztlich vertrieben. Der Rentner und seine Verteidigerin beteuern, dass er niemals Mordabsichten gehegt habe. Er habe sich nur einerseits aus Wut und andererseits aus Enttäuschung über das Verhalten seine Frau zur Tat "hinreißen" lassen, ihr nur einfach wehtun wollen.

Nach den Zeugenaussagen sowie den Ermittlungen der Kriminalpolizei stand fest, dass sich die Tat ziemlich genau so abgespielt hatte, wie es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft steht. Mit der Ehe der beiden, die seit 2002 besteht, stand es schon seit Längerem nicht mehr gut. 2009 hatte die Frau sogar schon einmal einen Scheidungsanwalt eingeschaltet. Im August 2017 spitzte sich die Situation zu. Ende August erreichte die Ehefrau einen Gewaltschutzbeschluss am Amtsgericht Erding, weil er sie mit einem Metzgermesser bedroht haben soll. Die gemeinsam genutzte Wohnung im ersten Stock des Hauses durfte er deshalb nicht mehr betreten. Am 18. Oktober kam es dort dann doch wieder zu einem Treffen, da er sich Unterlagen aus der Wohnung holen wollte, was er richterlich gedurft habe, sagte der Angeklagte. Es sei wieder zum Streit gekommen. Der 68-Jährige beteuerte vor Gericht, dass er damals nicht gewalttätig geworden sei, er habe nur verhindern wollen, dass sie alles mit dem Handy aufzeichne. Sie sah es anders und ging zur Polizei.

Als der Angeklagte dann am Vormittag des 27. Oktober die schriftliche Vorladung als Beschuldigter von der Polizei erhielt, war für den Angeklagten eine Grenze überschritten. Er sei immer nur ausgenutzt worden, sie habe schon lange nur noch ein eigenes Leben gelebt, andere Männer gehabt und sie habe ihn nicht mal mehr gegrüßt.

Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass er in dem Moment den Vorsatz gefasst habe, sie umzubringen. Der Angeklagte sagte, dass er "zeitlich neben sich gestanden" und voller Wut gewesen sei, er habe von der Tat nicht so viel mehr mitbekommen, auch nicht mehr, wo genau er mit dem 51 Zentimeter langen und fünf Zentimeter dicken, 543 Gramm schweren Ast, den er ihm Auto nach Holzarbeiten gehabt habe, auf seine Frau eingeschlagen habe. Darüber konnten aber alle sechs Zeugen, die die Tat zumindest jeweils zeitweise gesehen haben, eine einheitliche Aussage treffen: Der Mann habe nur auf den Kopf der Frau gezielt.

Nach der Zustellung der Vorladung war der 68-Jährige nach Erding auf den E+C-Parkplatz gefahren, da er wusste, wo die 63-Jährige arbeitet. Gegen 16.17 Uhr sah er sie. Er selber gab bei der Vernehmung bei der Polizei zu, dass er sich ihr zunächst von hinten genähert habe. Auch Zeugen bestätigen dies. Von hinten schlug er auch mit voller Wucht zum ersten Mal zu. Sie schildern auch, dass die Frau sich mit Armen und Händen schützen wollte, der Angeklagte habe aber sie mit einer Hand weggezogen, um explizit den Kopf zu treffen. In der Zwischenzeit waren Passanten auf das Geschehen aufmerksam geworden. Eine Zeugin erklärte, sie habe ihn wegzuziehen versucht und ihn mit einem Stoffbeutel geschlagen, aber der Angreifer habe "wie im Tunnel gewirkt" und weiter zugeschlagen. Gesprochen habe er kein einziges Wort.

Erst als drei Frauen auf ihn mit Zerren und Schreien eingewirkt haben, zudem ein Auto in unmittelbarer Nähe stoppte und die Beifahrerin mehrmals die Hupe betätigte und ihr Mann ebenfalls auf den Tatort zulief, ließ der 68-Jährige von seinem Opfer ab. Und fuhr direkt in die rund ein Kilometer entfernte Polizeiinspektion. Der ihn damals eine Stunde nach der Tat vernehmende Beamte erklärte, dass er sehr ruhig gewesen sei und nur Unverständnis über das Verhalten seiner Frau geäußert habe. Er habe gewirkt, als ob er ihr nur eine "tatkräftige Belehrung" geben wollte, dass man das nicht mit ihm machen könne.

Zu einem Urteil kam es noch nicht. Die Verhandlung wird am 29. August fortgesetzt.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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