Verhandlung am Amtsgericht Erding:Zeuge relativiert das Geschehen

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Eine 43-Jährige steht wegen Nötigung vor Gericht. Sie soll zwei Mitarbeiter des Landratsamtes in einer Flüchtlingsunterkunft festgehalten haben. Das Verfahren wird gegen eine Geldauflage eingestellt

Von Regina Bluhme, Erding

Die Anklage lautete Nötigung: Eine 43-Jährige soll zwei Mitarbeiter des Landratsamts, die in einer Flüchtlingsunterkunft Reinigungsmittel abliefern wollten, beschimpft, am Verlassen des Gebäudes und schließlich am Wegfahren gehindert haben. Was sich genau am 9. April dieses Jahres im Gemeindebereich von Forstern abgespielt hat, konnte jedoch nicht restlos geklärt werden. Die Angeklagte bestritt die Vorwürfe, einer der beiden betroffenen Mitarbeiter relativierte in der Verhandlung am Amtsgericht Erding das Geschehen. Richter Björn Schindler stellte das Verfahren gegen eine Geldauflage von 200 Euro ein.

Fest steht, dass die beiden Kreis-Mitarbeiter, ein junger Mann und eine junge Frau im Bundesfreiwilligen Dienst, den Auftrag hatten, ein Paket mit einer Ration Reinigungsmittel in der Flüchtlingsunterkunft abzuliefern. Zum weiteren Geschehen gibt es unterschiedliche Versionen. Die Staatsanwaltschaft sah die Sache so: Nachdem die beiden Bufdis das Paket in der Küche abgestellt hatten, blockierte die 43-Jährige Nigerianerin "mit Armen und Beinen" den Ausgang und hielt zudem die junge Frau am linken Oberarm fest. Als es die beiden Mitarbeiter auf den Parkplatz und in ihr Auto geschafft hatten, platzierte die Frau den Karton mit den Reinigungsmitteln hinter den Wagen am Boden und blieb hinter dem Auto stehen und "schrie auf sie ein", so die Staatsanwältin. Etwa 30 Minuten lange blockierte sie den Weg und behinderte so die beiden Mitarbeiter am Wegfahren. Diese hatten inzwischen ihr Auto von innen verriegelt und sich mit ihren Anleitern telefonisch in Verbindung gesetzt und schließlich die Polizei alarmiert.

Mit Blick auf die Anklageschrift erklärte die 43-Jährige durch ihre Dolmetscherin: "Was hier steht, ist eine Lüge." Dann erzählte die Mutter von drei Kindern, dass sie in der Flüchtlingsunterkunft für die Reinigung der Toiletten zuständig sei, sie mache das freiwillig. Dabei gebe es viel zu wenig Toiletten für die vielen Bewohner der Unterkunft. Besonders schlimm sei es, wenn "the boys", also die jungen Männer, zu viel getrunken hätten und dann das Erbrochene weggeputzt werden müsse. Am 9. April herrschten wohl wieder katastrophale Zustände, sie habe Fotos auf dem Handy. Just an diesem Tag habe Scheuermilch im Reinigungspaket gefehlt, "ich habe gesagt, das ist zu wenig".

Im Zeugenstand erklärte der 19-jährige Bufdi, dass er keine zusätzlichen Reinigungsmittel verteilen konnte, "wir haben strikte Vorgaben". Deswegen habe es "ein bisschen Streit" gegeben. Ob die 43-Jährige bewusst die Tür blockiert habe, könne er nicht sagen, vielleicht habe sie auch nur die Hände in die Hüften gestützt. Außerdem sei das nicht der einzige Ausgang in dem Raum gewesen. Ob er sie als aggressiv empfunden habe, wollte Richter Björn Schindler wissen. "Nicht wirklich", antwortete der junge Mann. Auch das Festhalten seiner Kollegin relativierte er. Die Frau habe "für Bruchteile von Sekunden" nach dem Arm gegriffen, "aber ich glaube, das war gar nicht bewusst, eher ein Reflex"

Angst habe er zu keiner Zeit gehabt, aber eben auch "keine Idee, wie wir den Konflikt lösen könnten". Eine Anzeige wollten er und seine Kollegin, die für die Verhandlung verhindert war, nicht erstatten. Aufgrund des Aktenvermerks hat Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) dann die 43-Jährige angezeigt. Nach Rücksprache mit der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft stellte Richter Björn Schindler gegen eine Geldauflage von 200 Euro das Verfahren ein. Die vereinbarte Ratenzahlung von fünf mal 40 Euro geht zugunsten des Jugendhilfevereins Brücke Erding

© SZ vom 07.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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