Verhandlung am Amtsgericht Erding:Chillen endet mit Alkoholvergiftung

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Weil sie nicht verhindert haben, dass drei Mädchen mit 13, 14 und 15 Jahren sich mit Wein und Wodka betrinken, werden drei junge Männer wegen Körperverletzung verurteilt. Einer von ihnen zudem wegen sexuellen Übergriffs

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Es hätte für die drei jungen Mädchen im Alter von 13, 14 und 15 Jahren einfach ein netter Abend mit ein wenig Alkohol im Bürgerpark Taufkirchen werden sollen, doch dann lief die Sache aus dem Ruder. Nach der Flasche Wein wurden noch eineinhalb Flaschen Wodka getrunken. Ein Mädchen landete bewusstlos und mit 2,51 Promille direkt im Krankenhaus, eine zweite wurde, nachdem sie wieder daheim war, mit erheblichen gesundheitlichen Problemen und 1,3 Promille in die Klinik gefahren. Da den Alkohol im März 2017 ein damals knapp 18- und ein 27-Jähriger kauft hatten, standen diese, sowie ein damals später hinzugekommener 17-Jähriger, jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Der Älteste von ihnen zudem wegen sexuellen Übergriffs, da er einem der Mädchen in betrunkenem Zustand an den Busen und in den Schritt gegriffen hatte.

Was an dem Abend zwischen etwa 18 und 20 Uhr genau vorgefallen ist, blieb bis zuletzt offen. "Es gibt nur eine Gemeinsamkeit bei allen Aussagen: Es waren sechs Personen beteiligt, zwei Wodkaflaschen und eine Weinflasche", sagte die Staatsanwältin in ihrer Schlussrede. Ansonsten wichen die Aussagen ab. Die drei Angeklagten beteuerten, dass sie den Wodka nur für sich gekauft hätten, den Wein hätten sich die Mädchen gewünscht, die nach ihrem Wissen damals gesagt hätten, dass sie bereits 16 Jahre alt seien. Und sie hätten ihnen den Alkohol nicht gegeben, sondern sie hätten danach gegriffen und die Flaschen dann kreisen lassen in dem Holzpavillon im Park. Der 27-Jährige gab zudem zu, dass er eines der Mädchen geküsste habe, aber das sei gegenseitig gewesen.

Dem Wodka hatten aber die drei Angeklagten kaum zugesprochen, sie hatten nur geringere Promillewerte. Die Aussage des 27-Jährigen, dass er sich nicht mehr an alles erinnern könnte, weil er "zu betrunken" gewesen sein, quittierte Amtsrichter Michael Lefkaditis mit einem Stirnrunzeln.

Aber auch die Zeugenaussagen der drei jungen Frauen brachte wenig Licht in den Ablauf. Das Mädchen mit dem geringsten Promillewert, die 13-Jährige, sagte vor Gericht, dass sie sich nur noch an "Fetzen" erinnern könne. Sie sei es aber gewesen, die das Treffen an einem nahen Supermarkt am Bürgerpark mit dem damals erst knapp 18-Jährigen ausgemacht habe. Allerdings nur mit ihm und ihren zwei Freundinnen. Dass dann der 27-Jährige mit dazu gekommen sei, sei überraschend gewesen, genauso wie die spätere Ankunft des 17-Jährigen. Man habe einfach ein bisserl chillen wollen mit Alkohol. Und ja, der Kuss zwischen dem 27-Jährigen und ihrer 15-jährigen Freundin sei ihrer Meinung nach zunächst einvernehmlich gewesen.

Der Abend endete zunächst damit, dass das 15-jährige Mädchen irgendwann aufgrund der 1,3 Promille alkoholbedingte Ausfälle hatte und es ihr schlecht ging. Zwei der Jungs und die 13-jährige Freundin brachten sie dann zur Unterkunft der beiden, wo sie ihr etwas Milch zu trinken gaben. Von dort brachte die 13-Jährige sie dann ganz nach Hause. Laut ärztlichen Bericht hatte sie neurologische Aussetzer und musste sich mehrmals heftig übergeben. Ein Rettungswagen brachte sie ins Krankenhaus.

Die 14-Jährige war in der Zwischenzeit so betrunken, dass sie bewusstlos am Boden lag als die beiden Männer zurück kamen. Eine zufällig im Park gehende Frau sah, wie einer der drei das Mädchen versuchte zu Schultern, und sprach sie an. Zudem veranlasste sie die Polizei zu rufen. Die 14-Jährige wurden gleich mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus gefahren.

Für Richter Lefkaditis war die Sache eindeutig, und er folgte dabei der Staatsanwältin. Aus welcher Hand der Wodka gekommen sei, sei unerheblich. Alle drei mussten angesichts ihres Alters von den Folgen übermäßigen Alkohols wissen, nicht aber die Mädchen, die vorher glaubhaft versichert hatten, dass sie bisher kaum mit Alkohol in Berührung gekommen waren. Es sei deshalb in ihrer Verantwortung gewesen, den übermäßigen Konsum zu unterbinden. Er verurteilte die beiden Jüngeren nach Jugendstrafrecht zu einem Freizeitarrest. Der 27-Jährige wurde zusätzlich wegen des sexuellen Übergriffs, den die betroffene 14-Jährige nichtöffentlich nach Aussage Lefkaditis sehr eindringlich geschildert hatte, insgesamt zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf zwei Jahre Bewährung verurteilt. Er habe zwar sofort von ihr abgelassen, als sie zeigte, dass sie das nicht wolle, aber er habe ihre verminderte Zurechnungsfähigkeit ausgenutzt. Nach dem neuen Sexualstrafrecht müsse für einen Übergriff, und mehr sei es nicht gewesen, kein Zwang ausgeübt worden sein.

© SZ vom 18.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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