Verfahren gegen Grünen-Kreisrat:Geteilter Meinung

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Landrat Bayerstorfer würde die Klage zurücknehmen lassen, wenn dieser eine "Richtigstellung" veröffentlicht. Glaubitz' Anwalt Montag nennt dieses Ansinnen einen "Versuch der Demütigung"

Von Thomas Daller und Florian Tempel, Erding

Die auf sein Betreiben gegen Kreisrat Stephan Glaubitz (Grüne) eingereichte Klage sei auch ihm selbst unangenehm, hat Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) bei seiner Jahrespressekonferenz am Freitag gesagt. Eine mögliche Rücknahme der Klage will er jedoch an Bedingungen knüpfen, die auch Inhalt der Klage sind: "Wir wollen eine Richtigstellung, in der er erklärt, dass das Ausländeramt weder willkürlich oder unter Angabe falscher Gründe gehandelt hat." Darüber hinaus soll Glaubitz für eine Veröffentlichung sorgen. "Es würde reichen, wenn er das im Erdinger Anzeiger zurücknimmt." Joel Hollaender, als Abteilungsleiter im Landratsamt auch für das Ausländeramt zuständig, das Glaubitz mit ehrenrührigen Behauptungen geschmäht haben soll, sagte, eine weitere Möglichkeit wäre es, wenn Glaubitz "das im Kreistag in öffentlicher Sitzung sagt".

Glaubitz' Anwalt Jerzy Montag wies all dies als inakzeptabel zurück. Sein Mandant habe längst eine Richtigstellung verfasst. Was nun von ihm verlangt werde, sei der "Versuch einer Demütigung", auf den er sich nicht einlassen werde.

Bayerstorfer und Hollaender hatten am Freitag ihre Sicht der Dinge dargelegt. Dabei betonte Hollaender, es gehe in der Klage nicht um Äußerungen, die Glaubitz im Kreistag gemacht hatte, sondern "die er privat auf der Internetplattform der Grünen getätigt" habe. In der Klageschrift der mit Vollmacht von Landrat Bayerstorfer beauftragten Anwälte steht es anders. Dort heißt es sogar ausdrücklich: "Der Beklagte ist Mitglied der Partei 'Bündnis 90/Die Grünen' im Kreisverband Erding. Er ist Kreisrat im Kreistag des Landkreises Erding." Auch Rechtsanwalt Montag weist die von Hollaender gemachte Unterscheidung zurück: "Die Äußerungen von Herrn Glaubitz waren zu keinem Zeitpunkt nur 'private' Äußerungen, sondern immer von seinem Wahlamt als Kreisrat getragene Meinungsäußerungen zu einem in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Thema." In der Klageschrift wird außerdem sehr wohl dargelegt, dass die ganze Sache mit Äußerungen in einer Kreistagssitzung vor einem Jahr begonnen hat.

Landrat Bayerstorfer bestätigte zwar in der Jahrespressekonferenz, Glaubitz habe eine Unterlassungserklärung unterschrieben. Er habe später aber gegen diese verstoßen. Montag sagte der SZ dazu, dass sein Mandant seine ursprünglichen Äußerungen, er kenne unzählige Fälle willkürlicher Entscheidungen des Ausländeramts, mit der Unterlassungserklärung ganz klar zurückgenommen habe. Diese Äußerungen seien "auch nicht Gegenstand des ihm jetzt aufgezwungenen Prozesses".

Nach der Abgabe der Unterlassungserklärung hatte man von Glaubitz zusätzlich die Veröffentlichung einer Richtigstellung verlangt. Glaubitz kam dem nach, aber nicht mit einem von der Gegenseite vorformulierten Text. Er verfasste ein eigenes Schreiben mit dem Titel "So ist es richtig! Kreisrat Stephan Glaubitz möchte etwas richtig stellen", das auf der Internetseite der Erdinger Grünen veröffentlicht wurde und dort noch immer zu lesen ist.

In diesem Text finden sich folgende Passagen: "Nach der Anhörung beziehungsweise der Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme wird jeder Antrag auf Arbeitserlaubnis durchaus im Einzelfall geprüft. Diese Einzelfallprüfung und die folgende Entscheidung geschieht auf der Grundlage der herrschenden Gesetze und Bestimmungen, in denen jeder Behörde ein Ermessensspielraum eingeräumt wird." Glaubitz kritisiert nur, "dass der Ermessensspielraum im Erdinger Landkreis sehr restriktiv ausgeschöpft wird". Weiter betont er aber: "Diese Kritik beinhaltet ausdrücklich nicht den Vorwurf der Unrechtmäßigkeit des behördlichen Verfahrens."

Ein zentrales Thema in Glaubitz' Text sind Briefe aus dem Ausländeramt an Flüchtlinge mit dem Betreff "Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung Ihres Antrags". Glaubitz nennt diese Mitteilungen einen "behördlichen Zwischenbescheid". Weiter schreibt er, dass die Anhörung dem Antragsteller selten etwas bringe. Tatsächlich folgte in 95 Prozent der Fälle eine endgültige Ablehnung des Antrags, wie aus Zahlen des Landratsamts hervorgeht. Und er schreibt auch, "einige der Gründe, die regelmäßig in diesen Zwischenbescheiden aufgeführt sind, kommen mir pauschal angeführt und schlecht, oder gar nicht geprüft vor." In der Klageschrift werden diese und andere als Meinungsäußerung erkennbaren Formulierungen als unzulässige, falsche und ehrenrührige Tatsachenbehauptung angeführt. Unter anderem heißt es, es gehe nicht an, dass Glaubitz von "Zwischenbescheiden" spreche.

Unterstützung in seiner Kritik erhält Glaubitz derweil vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Der teilt mit: "Nach allem, was wir von Ehrenamtlichen des Landkreises seit Jahren hören, ist die Behandlung von Flüchtlingen im Landkreis eine integrationspolitische Katastrophe. Die große Mehrzahl von Anträgen auf Arbeit, Ausbildung oder auch nur ein Praktikum werde bei Personen, deren Asylverfahren noch nicht entschieden ist, abgelehnt. Das ist nicht illegal, aber ebenso einseitig wie kurzsichtig."

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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