Unterstützung:Im Notfall erreichbar

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Der Landkreis gründet einen neuartigen Pflegekrisendienst für Menschen in Notlagen. Er kommt aber nur zu denjenigen, deren Gemeinden daran teilnehmen. Im Moment sind das zwölf

Von Antonia Steiger, Erding

Wer in Wörth, Fraunberg oder Steinkirchen lebt, der kann künftig in schwierigen Situationen, in denen er ganz schnell pflegerische Unterstützung benötigt, den neuen Pflegekrisendienst des Landkreises um Hilfe bitten. Wer in Finsing, Dorfen oder Forstern wohnt, der kann das nicht. Der neue Pflegekrisendienst geht Anfang 2021 an den Start, vorerst nur für ein Jahr. Er kommt nur zu Bürgern derjenigen Gemeinden, die an dem Projekt teilnehmen, zu den anderen nicht. Bislang haben sich zwölf Gemeinden dafür entschieden, eine könnte noch dazu kommen. Der Kreisausschuss hat am Montag beschlossen, den Auftrag mit einer beschränkten Ausschreibung zu vergeben; sie wird in Kürze starten.

Es stand bei allen Kreisräten außer Zweifel, dass eine solche Einrichtung sinnvoll wäre. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) schilderte einen Fall, in dem der Krisendienst gefragt wäre: wenn ein pflegebedürftiger Mensch aus dem Krankenhaus kommt und kein Angehöriger da ist, weil dieser zum Beispiel selbst ins Krankenhaus gekommen ist. Dann springt der Pflegekrisendienst ein, bis nach wenigen Tagen ein normaler Pflegedienst seine Arbeit aufnimmt. Es dürfe kein verbessertes Entlassmanagement sein, sagte Bayerstorfer auf die kritische Nachfrage von Ulla Dieckmann (SPD), die meinte, dass dies genau der Fall sei.

Sie forderte, dass dieser Start nur ein Anfang sein könne, und wies auch darauf hin, dass viele Gemeinden für die Versorgung ihrer pflegebedürftigen Mitbürger bereits eigene Konzepte haben, was kontroverse Diskussionen ausgelöst habe. Zwar wird der Krisendienst aller Voraussicht nach vor allem dann aktiv, wenn ein Pflegebedürftiger gerade aus dem Krankenhaus kommt, dennoch sei dies nicht als Einrichtung des Klinikums Erding zu verstehen. "Dafür hat das Klinikum auch gar keinen Auftrag", sagte Bayerstorfer.

Finanziert wird der Dienst vom Landkreis und den Kommunen, die daran teilnehmen. Der Landkreis gibt 40 000 Euro, die Kommunen je einen Euro pro Einwohner. So kommen 85 000 oder 88 000 Euro zusammen, je nachdem, ob sich in Kürze noch eine weitere Gemeinde dazu entschließt, an dem Projekt mitzuwirken. Auch wenn die Kreisräte allesamt sehen, dass ein solcher Dienst eine gute Sache wäre, sind sie doch nicht rundherum überzeugt. Helga Stieglmaier (Grüne) sieht kritisch, dass der Landkreis Geld gibt für etwas, das nur einem Teil seiner Bürger zugute kommt. Mehrere Redner wie der Fraunberger Bürgermeister Hans Wiesmaier (CSU) merkten kritisch an, dass der Landkreis dort einspringe, wo das Gesundheitssystem eine Lücke lasse. Er meinte aber, dass man durch die einjährige Pilotphase Erkenntnisse gewinnen könne, um in der Landes- und in der Bundespolitik eindringlich auf diesen Mangel hinweisen zu können. Auch Georg Els (Freie Wähler) sagte, der Landkreis übernehme eine Aufgabe "von jemandem, der sich davor drückt".

Wer den Pflegekrisendienst künftig betreibt, muss einiges leisten: Er muss telefonisch erreichbar sein, er sollte innerhalb von 90 Minuten beim Pflegebedürftigen sein, und er muss alle Ecken des Landkreises erreichen, auch wenn nicht alle Landkreisbürger von der Leistung profitieren. Zum Start beteiligen sich Ottenhofen, Wörth, Fraunberg Hohenpolding, Inning am Holz, Kirchberg, Steinkirchen, Langenpreising, Oberding, Taufkirchen und Bockhorn an dem Projekt; die Stadt Erding verfüge bereits über einen ähnlichen Dienst und nehme deswegen nicht daran teil, erläuterte Bayerstorfer. Die Aufgaben einer geprüften Pflegefachkraft des Krisendienstes könnte so weit reichen, dass sie auch Medikamente verabreiche, sagte er. Also Aufgaben, die weit über das hinausgehen, was Nachbarschaftshilfen an Unterstützung anböten. Schon im Laufe des kommenden Jahres wollen die Kreisräte wissen, wie das Projekt läuft.

© SZ vom 29.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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