Umstrittener Bodenbelag in der Altstadt von Erding:Schwieriges Pflaster

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Der historisch-korrekte Kopfsteinbelag in der Erdinger Altstadt bereitet immer wieder Probleme. Die Stadt will so bald wie möglich mit fußgängerfreundlichen Plattenwegen an mehreren Stellen für Barrierefreiheit sorgen

Von Regina Bluhme, Erding

Erdings Altstadt ist schön, nicht zuletzt dank der Mittel aus der Städtebauförderung. Beim Kopfsteinpflaster allerdings scheiden sich die Geister. Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer, Passanten mit Rollatoren oder Kinderwagen haben damit Probleme. Die Stadt hat vor rund sechs Jahren auf eigene Faust an der Kirchgasse einen Gehweg mit roten Platten verlegt und sich laut Oberbürgermeister Max Gotz damit Ärger mit "dem Denkmalschutz" eingehandelt. Die Förderbehörde, die Regierung von Oberbayern, kann sich an keine Differenzen erinnern, erklärt aber, dass Nachbesserungen durchaus erlaubt sind. In Erding sollen so bald als möglich weitere fußgängerfreundliche Streifen verlegt werden. Da sind sich alle Parteien einig. Unabhängig davon will die Stadt ein Gesamtkonzept für eine barrierefreie Innenstadt erstellen lassen.

Die Bepflasterung bereite vielen Erdingern große Probleme, sagt Walter Rauscher (CSU), der Inklusionsreferent des Erdinger Stadtrats. Für Menschen mit Gehbehinderung, Rollstuhl- oder Radfahrer sollten auf den holprigen Kopfsteinwegen glatte Gehwegegeschaffen werden. Diese Forderung kommt auch immer wieder von anderen Parteien, zuletzt haben die Grünen Ende November im Erdinger Stadtrat "Rand - und Querungsstreifen" aus Klinkerstein in der Innenstadt beantragt. Am dringlichsten müsse Am Rätschenbach und in der Roßmayrgasse "etwas geschehen", sagt OB Gotz (CSU). Sobald dort Straßenarbeiten in Angriff genommen werden, zum Beispiel Leitungen oder Belag ausgebessert werden müssen, sollten im Zuge dieser Maßnahmen auch gleich barrierefreie Plattenwege mit verlegt werden. Als Gotz das Thema kürzlich bei den Haushaltsberatungen ansprach, war er sich mit den Räten einig. Unabhängig von diesen Plänen laufen Gespräche mit Architekten, die ein Gesamtkonzept für eine barrierefreie Erdinger Innenstadt erstellen sollen, erklärt Christian Wanninger, Pressesprecher der Stadt Erding.

Ein fußgängerfreundliches rotes Plattenband hat die Stadt Erding auf eigene Faust in der Kirchgasse verlegt. Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderte tun sich in der Altstadt schwer mit dem kleinteiligen Kopfsteinplaster. Auch Am Rätschenbach und in der Roßmayrgasse will die Stadt nachbessern. (Foto: Renate Schmidt)

Nun ist es so, dass die historische Altstadt mit Mitteln der Städtebauförderung umgestaltet und saniert worden ist. 1985 wurde damit begonnen, seit 2008 fließen Gelder aus dem Bund-Länder-Programm "Städtebaulicher Denkmalschutz". Bis heute sind der Großen Kreisstadt insgesamt etwa 6,9 Millionen Euro an Zuschüssen bewilligt worden. Damit verbunden waren natürlich auch gewisse Gestaltungskriterien. Der Erdinger Oberbürgermeister verweist im Gespräch mit der SZ darauf, es habe damals bei einer Ortsbegehung in der Kirchgasse wegen des in Eigenregie verlegten roten Fußgängerwegs mit dem Landesamt für Denkmalpflege "Ärger gegeben". Und das nicht zum ersten Mal.

Eine Nachfrage beim Landesamt für Denkmalschutz ergibt: Pflasterbeläge seien "nicht das Hauptthema in der denkmalfachlichen Beratung", schreibt die Pressestelle und verweist auf die Förderbehörde. Bei der Regierung von Oberbayern heißt es: "Differenzen zwischen der Regierung von Oberbayern und der Stadt Erding bestanden nicht". Nicht? Er könne sich die Aussage nur so erklären, dass ein Mitarbeiterwechsel stattgefunden habe, sagt Gotz. Immerhin sei die Verlegung der roten Platten an der Kirchgasse auch schon wieder sechs Jahre her. Die Bindungsfrist für geförderte Maßnahmen beträgt lauft Regierung von Oberbayern in der Regel 25 Jahre. Nach deres Ablauf, und das ist laut der Pressestelle in der Umgebung der Kirchgasse der Fall, könne die Stadt "die geförderten Maßnahmen ohne Abstimmung verändern" beziehungsweise sich geänderten Rahmenbedingungen anpassen. Die Pressesprecherin verweist darauf, dass es sogar eine finanzielle Unterstützung für Nachbesserungen gebe. Voraussetzung sei allerdings, dass die Maßnahme mit der Regierung von Oberbayern besprochen werde, um eine "einvernehmliche, unter Umständen auch mit anderen Fachbehörden wie beispielsweise dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmte" Lösung zu erzielen.

Schön, aber unpraktisch: Das Pflaster in der Altstadt stellt Gehbehinderte, Radfahrer und Rollstuhlfahrer vor Probleme. (Foto: Renate Schmidt)

Bislang habe die Stadt Erding keinen derartigen Antrag gestellt, betätigt OB Max Gotz gegenüber der SZ. Natürlich habe sich die Stadt zuvor nach diesen Zuschüssen erkundigt, "das ist ja unsere Aufgabe", erklärt Gotz. "Aber wenn ein Mitarbeiter dann die Aussage bekommt, dass es für die Maßnahme in der Form, wie wir es uns vorstellen, keine Förderung gibt, dann brauche ich auch keinen Antrag stellen." Da baue die Stadt eben selber, "mit Maß und Ziel, so wie wir es brauchen und gut finden". Im Erdinger Haushalt ist unter dem Posten Straßenunterhalt sogar ein eigener Abschnitt "Barrierefreiheit" berücksichtigt. Natürlich sei ihm sehr an einer Zusammenarbeit mit den Behörden gelegen, betont Gotz zum Schluss, "wenn auch manchmal zähneknirschend."

© SZ vom 19.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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