Ulli Frank-Mayer:Positiv widerständig

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Ulli Frank-Mayer ist Fraktionssprecherin der Grün-Alternativen-Liste im Dorfener Stadtrat und Kreisrätin. Wenn es richtig gut für die Grünen und sie persönlich läuft, ist sie womöglich bald Landtagsabgeordnete. (Foto: Renate Schmidt)

Die Dorfener Stadt- und Kreisrätin sieht sich selbst als "Petra-Kelly-Grüne". Neben den typischen Umweltthemen sind für die 60-Jährige Bürgerrechte und gesellschaftliche Entwicklungen besonders wichtig

Von Florian Tempel

Ulli Frank-Mayer kann der Wahl ganz gelassen entgegenblicken. Ihre Partei wird allen Prognosen nach auf der Gewinnerseite stehen. Die Grünen werden wohl die zweitstärkste Fraktion bilden. Das heißt dann: Entweder werden sie mitregieren oder die Opposition anführen. Es sind so oder so gute Aussichten. Ob Frank-Mayer - falls es für die Grünen und sie persönlich außerordentlich gut laufen sollte - sogar selbst im Maximilianeum dabei sein wird, ist der 60-Jährigen nicht so wichtig. "Mir geht's nicht so um's Ego", sagt sie. Das mögen zwar viele Kandidaten von sich behaupten. Bei ihr klingt es glaubwürdig, man nimmt ihr das wirklich ab.

Ulli Frank-Mayer ist fast eine "Ur-Grüne", wie sie selbst sagt. Sie ist 1986 in die Partei eingetreten. Das war zwar auch das Jahr der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Ihrer Erinnerung sei das aber nicht der entscheidende Anlass für ihren Parteieintritt gewesen. "Ich bin eine Petra-Kelly-Grüne", sagt sie. Friedensbewegung, Menschenrechte und Frauenpolitik waren die Themen von Petra Kelly und sie waren auch genau das, was die gut zehn Jahre jünger Ulli Frank-Mayer in besonderem Maße bewegte. Petra Kelly, Gründungsmitglied und 1983 unter den ersten grünen Bundestagsabgeordneten, "hat mich mit ihren Ansätzen fasziniert". Die Unerschrockenheit, mit der Kelly ihre Positionen vertrat, und ihre Hartnäckigkeit in der politischen Auseinandersetzung beeindruckten sie sehr. Kelly vermittelte ihr "das Gefühl, wenn man was anpackt, kann man was ändern."

Ulli Frank-Mayer ist in Mühldorf geboren und aufgewachsen. Am Ruperti-Gymnasium war sie im selben Jahrgang wie Marcel Huber (CSU), der aktuelle bayerische Umweltminister, aber das nur nebenbei. Nach ihrem Abitur absolvierte sie in Deggendorf eine dreijährige Ausbildung zur Physiotherapeutin. Sie ging für einige Jahre nach München, arbeitete dort und lernte ihren Mann Franz Xaver Mayer kennen. 1984 zogen sie nach Dorfen, in die Heimatstadt ihres Mannes. Der Eintritt bei den Grünen war also auch ein wichtiger Teil ihrer Dorfener Sozialisation. 1990 trat sie auf der Grün-Alternativen-Liste erstmals bei der Kommunalwahl in Dorfen an. Im gleichen Jahr kam ihre Tochter zur Welt, 1991 und 1995 bekam sie noch zwei Söhne. Es folgten Jahre, in denen sie sich vor allem gesellschaftlich engagierte, etwa in Elternbeiräten und Fördervereinen. 2008 wurde sie schließlich in den Dorfener Stadtrat gewählt, 2014 auch in den Kreistag.

Dem jahrzehntelangen, am Ende vergeblichen Widerstand gegen die Isentalautobahn kann Ulli Frank-Mayer trotz aller Enttäuschung etwas abgewinnen: "Der Autobahnwiderstand hat Dorfen als Stadt geprägt." Tatsächlich scheint es in Dorfen einen starken, widerständigen Bürgersinn zu geben. Zuletzt zeigte sich das bei den Protesten gegen die AfD. Natürlich war auch Frank-Mayer dabei, um den Rechten und ihren hetzerischen Parolen die Rote Karte zu zeigen. Sie freute sich auch, dass viele junge Dorfener bei den Protesten mitmachten. "Ich mag es, wenn etwas Rebellion in den Köpfen ist."

Auch sie selbst scheut nicht vor Konfrontation zurück, wenn es um Themen geht, die ihr wichtig sind. In ihrer Stadtratsarbeit gerät sie deshalb mit dem sehr konservativen Dorfener CSU-Bürgermeister Heinz Grundner immer wieder aneinander. Zuletzt bei Thema Landesgartenschau in Dorfen, als sie das Finanzierungskonzept vehement kritisierte, das auf dem Verkauf kommunaler Grundstücke basierte. Ihre Mahnung, es sei in unsere Zeit ein Unding, wenn die Stadt Grundstücke an private Investoren verkaufen wolle, statt die Flächen für sozialen und genossenschaftlichen Wohnungsbau zu reservieren, kam bei den meisten allerdings gar nicht an. Behäbige Denkfaulheit zu durchbrechen, ist in keinem Fall leicht. Bei der Etablierung einer Informationsfreiheitssatzung ist es Frank-Mayer jedoch gelungen. Nur dank ihrer Hartnäckigkeit hat sich Dorfen einem offeneren Umgang mit Akten und Dokumenten verpflichtet.

Neben dem Megathema Klimaschutz hat aktuell die Auseinandersetzung mit dem in ganz Europa virulenten politischen Rechtsruck für Ulli Frank-Mayer höchste Priorität. Da liegt sie ganz auf einer Linie mit Katrin Göring-Eckardt, die das erst kürzlich bei einem Wahlkampfbesuch in Erding deutlich machte. Ulli Frank-Mayer war an jenem Abend in der "Gruberei" in der Langen Zeile nicht dabei. Sie saß zur gleichen Zeit im Erdinger Hinterland im Gasthaus Obermeier in Hörgersberg beim milchpolitischen Stammtisch. Sie hatte die Teilnahme dort schon lange ausgemacht und wollte ihre Zusage auf keinen Fall zurücknehmen. "Das ist meine Art. Und es ist mir wichtiger, mit den Leuten vor Ort ins Gespräch zu kommen, als eine Spitzenpolitikerin aus Berlin zu treffen."

Als Landtagskandidatin muss sie aber auch darüber nachdenken, was sie von einer schwarz-grünen Staatsregierung hielte. "Mit einem Ministerpräsidenten Söder kann ich mir das nur sehr schwer vorstellen", sagt sie, allein wenn sie an die Asylpolitik und die dritte Startbahn denke. Da gebe es "rote Linien", die die Grünen nicht überschreiten dürften. Aber sie hat in den vergangenen Wochen auch gemerkt, "dass ganz viele Menschen Schwarz-Grün sehr positiv sehen, dass viele sich wünschen, dass wir mitregieren". Deshalb schließe auch sie eine mögliche Koalition nach der Wahl "nicht kategorisch aus", sagt Ulli Frank-Mayer, "wir müssen ausloten, wo wir Schnittmengen haben".

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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