Telekom-Antrag abgeschmettert:Öffentliche Fernsprecher bleiben

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Die Einnahmen an den Telefonstationen gehen zurück, deswegen würde die Telekom sie gerne abbauen. Doch jetzt stößt sie auf Widerstand. (Foto: Renate Schmidt)

Erdinger Stadtrat macht dem Unternehmen einen Strich durch die Rechnung. Es wollte vier Stationen abbauen

Von Antonia Steiger, Erding

Einnahmen von 2,50 Euro im Monat können keinen Unternehmer zufriedenstellen. Die Telekom Deutschland hat deswegen nun beantragt, dass sie vier Telefonstationen - die früheren Telefonzellen - in Erding abbauen möchte. Doch das darf sie nicht: Weil die Entscheidung zum Abbau nur in Übereinkunft mit der Kommune getroffen werden kann, muss die Stadt gefragt werden. Und der Stadtrat hat nun "Nein" gesagt. Mehrere Stadträte bezeichneten das Netz der Telefonstationen als erhaltenswerte Infrastruktur, auch wenn keiner so genau wusste, wo es solche Stationen noch gibt und wie man sie bedient. Man kann sie mit Münzen und Karten bedienen.

Die Telekom möchte die Telefonstationen am Busbahnhof in Erding, am Hofmarkplatz in Altenerding, an der Liegnitzer Straße und an der Max-Planck-Straße abmontieren und begründet dies damit, dass die Bevölkerung mit Festnetzanschlüssen vollversorgt sei und der Ausbauzustand der Mobilfunknetze das Telefonierverhalten der Menschen stark verändert habe. Die Nutzung der öffentlichen Telefone sei "dramatisch zurückgegangen", so zitiert die Stadtverwaltung die Telekom. Eine Telefonstation kostet das Unternehmen demnach 50 Euro im Monat für Anschluss, Strom und Reinigung. Dem gegenüber stünden eher mickrige Einnahmen in Höhe von 2,50 bis elf Euro pro Station - mit fallender Tendenz.

OB Max Gotz (CSU) sagte schon zu Beginn der Debatte am Dienstag im Erdinger Stadtrat, dass er nicht gewillt sei, dem Antrag der Telekom stattzugeben. Es habe schon Anträge gegeben, die die Stadt mitgetragen habe. Jetzt gehe es darum, "eine Tendenz aufzuhalten". Es ginge eine Infrastruktur verloren, die "vielleicht noch einmal gebraucht wird". Im Stadtrat stieß er mit dieser Haltung auf Zustimmung. Die Telekom könne sich nach der angestrebten Privatisierung "nicht total aus der öffentlichen Verantwortung verabschieden", sagte zum Beispiel Jakob Mittermeier, Sprecher der CSU. Sein Mitleid mit der Telekom halte sich "in sehr engen Grenzen", die Telekom habe für die Verluste "mit Sicherheit intern" bereits einen Ausgleich gefunden. Wie Gotz verglich er die Telekom mit der Deutschen Bahn, die Nahstrecken stillgelegt habe. Auch der Öffentliche Personennahverkehr sei ein Draufzahlgeschäft für die Stadt Erding. "Wir können hier aber nicht nach Wirtschaftlichkeit handeln, und diese Verantwortung hat auch die Telekom." Auch Jutta Harrer (SPD) sah dies so: Die Telekom habe trotz Privatisierung eine "Aufgabe der Daseinsvorsorge". Besonders die Telefonstation in Altenerding am Hofmarkplatz liege ihr am Herzen wegen der Nähe zum Altenerdinger Friedhof, ältere Menschen benötigten die Station. Harrer sah sich in dieser Auffassung weiter gestärkt, als ihr Christian Famira-Parcsetich von der Abteilung Stadtentwicklung im Rathaus auf Nachfrage bestätigte, dass Notfallnummern und Rettungsnummern auch ohne Geld und Karte zu wählen sind. Es sei "notwendig, dass man diese Einrichtung erhält", sagte Harrer. Das sah auch Peter Bauernfeind (FW) so, sie sagte, auch aus Sicht der Freien Wähler seien nicht Telefonstationen "unverzichtbar", die genannten Standorte seien "wichtig für die Menschen".

Es sei sinnvoll, eine zweite Infrastruktur zu bewahren, fand auch Herbert Maier (Grüne). Denn es stelle sich heraus, dass die neuen Festnetz-Netze "nicht so beständig" seien wie die alten. Ähnliches könne auch für Handynetze gelten. Auf seine Nachfrage bestätigten Gotz und Famira-Parcsetich, dass die Telekom nur im Einvernehmen mit den Kommunen handeln dürfe. Dem liege eine Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden zugrunde. Er fügte an, dass auch es auch in den Schulen noch öffentliche Fernsprecher gebe für Schüler, die kein Handy hätten. "Zum Teil werden sie sogar neu eingerichtet wie im Korbinan-Aigner-Gymnasium." Der Beschluss des Stadtrates erfolgte einstimmig.

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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