Technologie im Zwielicht:Ladenhüter Diesel

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Auch die sogenannte Umweltprämie, die Autohersteller derzeit anbieten, lockt kaum Käufer. Händler berichten von großer Verunsicherung bei den Kunden. Die Nachfrage nach dem Software-Update ist groß

Von Regina Bluhme und Max Ferstl, Erding

Autohersteller preisen sie als Segen für die Umwelt. Kritiker sehen in ihr reine Symbolpolitik, mit der die Hersteller in Zeiten allgemeiner Verunsicherung den Umsatz ankurbeln wollen. Die Rede ist von der sogenannten Umweltprämie, die Autohersteller derzeit anbieten. Wenn jemand ein neues, saubereres Auto kauft und dafür einen alten Diesel der Abgasnorm Euro 1 bis 4 stilllegt, bekommt er je nach Modell einen hohen Rabatt. Doch die Idee scheint nicht so recht zu verfangen. Zumindest wenn man Autohäuser im Landkreis Erding als Maßstab nimmt.

Jürgen Franz spürt gerade eine "totale Verunsicherung", die um sich gegriffen hat, seit Politiker offen über Fahrverbote debattieren. "Das beschäftigt die Leute". sagt Franz, Verlaufsleiter im Erdinger Autohaus Häusler. Er selbst glaubt nicht wirklich daran, dass Diesel bald aus den deutschen Innenstädten verschwinden. Aber das Thema ist eben in der Welt. Diese Zweifel können nicht einmal große Rabatte zerstreuen.

Ähnliche Beobachtungen macht gerade Andreas Maier, Geschäftsführer des Autohauses Hans Maier. Zumindest was die Umweltprämie betrifft. Auf diese gebe es "nicht der große Ansturm". Und das, obwohl das Autohaus mit drei Filialen mit VW, Audi und Skoda Umsteigern bis zu 10 000 Euro bezahlt. Nach erfolgreichem "Umtausch" werden die Dieselautos verschrottet.

Diesel würden aber weiterhin gekauft, sagt Maier, von einem Einbruch bei den Verkaufszahlen könne keine Rede sein. Allerdings: "Es ist schon so, dass beim Benziner die Preise stabil und gut sind, die vom Diesel aber ein wenig nach unten gehen." Das könnte für einige wiederum auch ein Anreiz werden: "Wenn Sie heute einen neuen Tiguan Diesel kaufen, dann haben Sie ja die höchste Umweltplakette E6", erklärt Maier.

Für Verwirrung sorge bei den Kunden hingegen immer wieder, dass es für die Umweltnorm E6 noch keine entsprechende Plakette gebe. Eine blaue Plakette für Euro-6-Fahrzeuge soll das bisherige Aufklebersystem (rot, gelb, grün) erweitern.

Sollte ein Fahrverbot für Diesel in München tatsächlich Realität werden, dürfte das vor allem Firmenchefs im Landkreis Kopfschmerzen bereiten, deren Mitarbeiter oft nach München müssen. Große Umtauschaktionen hat Maier noch nicht erlebt. "Wenn Sie einen Fuhrpark für einen Betrieb mit 200 oder 300 Leute haben, dann überlegen Sie es sich gut, ob Sie alle Diesel austauschen."

Im Gegensatz zur Umweltprämie nehmen die Kunden gerne das Angebot wahr, auf das sich VW beim Diesel-Gipfel Anfang August verpflichtet hat: Gut 70 Prozent der Kunden hätten bis jetzt ihr Auto in die Werkstatt gebracht, um die Software aktualisieren zu lassen, erzählt Maier. Nach dem Update soll das Auto weniger Schadstoffe ausstoßen. Aber die gibt es nun mal kostenlos, der Aufwand hält sich für den Kunden in Grenzen. Der Kauf eines Autos ist eine schwierigere Entscheidung: Dieser bleibt für die meisten - trotz der Umweltprämie - eine erhebliche finanzielle Investition.

"Ich habe den Eindruck, jetzt wird erst mal abgewartet", sagt Harald Weber, Geschäftsführer des gleichnamigen Mitsubishi-Autohauses in Erding. Bis zu 8 000 Euro bietet er für einen gebrauchten Diesel. Das Interesse hielt sich bisher in Grenzen. "Wir bieten das aber auch erst seit kurzem an."

Möglicherweise wird auch die Umweltprämie noch ihre Wirkung entfalten. "Ich denke, nach der Wahl wird sich vieles klären", glaubt Verkäufer Franz. Entsprechende Indizien, die in diese Richtung hindeuten, beobachtet seit kurzem Stefan Buchschmid, Verkäufer im Erdinger Honda-Autohaus: Viele Kunden würden sich erst Mal erkundigen und Preise vergleichen. Er persönlich sieht aktuell keinen Grund, in Panik zur verfallen. Er sagt: "Ich fahre selbst einen Diesel und werde den auch weiter fahren".

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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