Tading:Kräuter mit göttlicher Heilkraft

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Mindestens sieben Kräuter soll so ein Kräuterbuschen enthalten. Es sind aber auch mehr möglich. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Am Sonntag war "Frauadog" in der Pfarrei Forstern-Tading. Traditionell sammelte eine Gruppe Königskerzen, Ringelblumen und andere Heilkräuter, die, zu Buschen gebunden, an Mariä Himmelfahrt verkauft werden

Von Zoë Kögler, Tading

Als die Apostel vor Marias geöffnetem Grab standen, fanden sie es leer vor. Ringsrum blühten Kräuter und es duftete nach Blumen, besonders nach Rosen, die symbolisch für Maria stehen. Das zumindest besagt die Legende, die hinter dem traditionellen Kräuterbuschenbinden an Mariä Himmelfahrt steht. Das Fest am 15. August wird auch der Große Frauentag genannt und ist das größte Fest zu Ehren der Mutter Gottes in der katholischen Kirche.

Für die Pfarrei Forstern-Tading ist Mariä Himmelfahrt etwas ganz Besonderes - denn dann feiert die Gemeinschaft das Patrozinium der Kirche. Zwei Festgottesdienste und eine Marienandacht finden in Tading statt, gefolgt von einer Lichterprozession mit musikalischer Untermalung. Jeweils vor und nach den Festgottesdiensten werden die traditionellen Kräuterbuschen verkauft. Für den Katholischen Frauenbund fängt deshalb der Große Frauentag - in Tading auch der Frauadog genannt - bereits zwei Tage früher an.

Dieses Jahr ist es also Sonntag, wenn die Frauen gemeinsam aufbrechen, um am Wegesrand Kräuter zu sammeln. Auch im eigenen Garten ernten sie Heilkräuter, um sie später in die Buschen zu binden. Am Montag geht es dann los mit dem Binden der Sträuße. Jutta Loupal, die Vorsitzende des Katholischen Frauenbundes in Tading, ist natürlich immer dabei. Im Jahr zuvor hat der Frauenbund 900 Kräutersträuße gebunden. Das machen die Frauen aber meistens nicht in geschlossenen Räumen. Der Duft der vielen Heilkräuter könne richtiggehend überwältigend sein. "Man muss manchmal an die frische Luft raus, weil man richtig benommen ist," erzählt Loupal. Meist seien sie um die 20 Leute, Erwachsene, aber auch Kinder und Jugendliche. Sogar ein Mann komme jedes Jahr - mit seiner Frau - und helfe beim Binden.

Traditionell habe man die Kräuter am Vorabend von Mariä Himmelfahrt vor Sonnenuntergang gesammelt und gebunden, erzählt Sandra Angermaier, die Geschäftsführerin des Kreisvereins für Heimatschutz und Denkmalpflege. Das Kräutersammeln habe eine lange Tradition. Im Jahr 754 habe die katholische Kirche das Binden der Kräuterbuschen eine Zeit lang verboten, denn die Kirche verband dieses Brauchtum mit Hexerei. Das Volk allerdings hielt an seiner Tradition fest und so wurde das Verbot schließlich aufgehoben. Doch das Sammeln der Kräuter war keine Art Erntedankfest mehr, wie es ursprünglich der Fall war, sondern wurde der Mutter Gottes zugeordnet. Wie viele verschiedene Kräuter in den Kräuterbuschen kommen, ist ebenfalls wichtig. Magische Zahlen sollen es sein, sagt Angermaier. Mindestens sieben, aber auch neun, zwölf oder 99 sind möglich.

In Tading sind es sieben verschiedene Pflanzen, die der Frauenbund in den Strauß bindet. Welche genau das sind, das variiert von Strauß zu Strauß und ist auch davon abhängig, welche Heilkräuter die Frauen beim Pflücken finden. Möglich sind unter anderem Salbei, Ringelblumen, Schafgarbe, Malven, Kamille, Johanniskraut, Frauenmantel, Wermut, aber auch die Königskerze. Die sei zwar selten, aber auch am beliebtesten beim Verkauf, sagt Loupal. Das könne aber auch einfach nur am Namen liegen. Den Erlös spendet der Frauenbund für soziale Zwecke. In den Jahren davor war das zum Beispiel die Flüchtlingshilfe. Doch auch an die Opfer der Überflutungen in Simbach und Triftern oder an lokale Familien, die schwere Schicksalsschläge hinter sich haben, ging schon Geld. An wen sie die Einnahmen vom Verkauf der Kräuterbuschen spenden, das diskutieren die Frauen während des Bindens der Sträuße.

Am Abend vor Mariä Himmelfahrt legen die Frauen die fertigen Kräuterbuschen hinter der Kirche ab. Am nächsten Morgen riecht dann die ganze Kirche nach den Kräutern. Schließlich weiht der Pfarrer die Kräuterbuschen noch. So würden sich die Heilkräfte der Kräuter mit der Wirkung Gottes verbinden, sagt Pfarrer Christoph Stürzer. Die Kräuterbuschen kann man sich dann in die Wohnung, über die Haustür oder auch in den Stall hängen. Traditionell sollen die Sträuße gegen Gewitter helfen, aber auch zur Heilung von Krankheiten beitragen, erklärt Angermaier. Dafür konnten Kräuter aus dem Strauß entnommen werden und ins Essen gemischt oder Tee daraus gekocht werden. Und auch heute noch trinkt man ja bei Erkältung Kamillentee.

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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