Streifzug durch die Erdinger Innenstadt:Zu Ehren von Maria

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Seit 1916 gilt die Muttergottes offiziell als Schutzpatronin für ganz Bayern. Madonnenfiguren und Bilder von ihr sind auch in der Altstadt zu sehen. "Ein Blick nach oben lohnt sich immer", sagt Heimatpfleger Sattelmair

Von Regina Bluhme

Sie gilt als stärkste Frau Bayerns und trägt meistens Kopftuch, Mantel und Heiligenschein. Seit 1916 gilt die Muttergottes offiziell als Schutzpatronin für ganz Bayern. Heuer ist es 100 Jahre her, dass erstmals das Kirchenfest für die Patrona Bavariae gefeiert wurde. Zum Jubiläum lohnt sich ein Streifzug durch die Erdinger Innenstadt. Wer mit offenen Augen durch die Straßen geht, trifft an Hausfassaden immer wieder auf die bayerische Schutzherrin, als Relief, Zeichnung oder eigenständige Figur. Man muss nur oft genug nach oben schauen.

Die Vorläuferin der Hausmadonnen in Bayern dürfte die überlebensgroße Figur an der Münchner Residenz sein, informiert Kreisheimatpfleger Hartwig Sattelmair. Der damalige Kurfürst Maximilian I. ließ die bronzene Madonna 1616 an der Westfassade anbringen. "Die Figur ist heute noch zu sehen, in einer Nische oberhalb der berühmten Löwen", fügt Sattelmair hinzu.

Nach Ende des Dreißigjährigen Krieg ließ der Marienverehrer Maximilian I. im Jahr 1634 die berühmte Mariensäule aufstellen. "Das war sein Dank dafür, dass die Städte München und Landshut im Krieg verschont geblieben sind", sagt Sattelmair. Es war im Mai 1916, als der damalige Papst Benedikt XV. die Muttergottes schließlich offiziell zur Hauptpatronin Bayerns ernannte. Ein Jahr später wurde sie erstmals bayernweit mit einem eigenen Fest geehrt.

Was 1616 an der Residenz mit der Bronzemadonna begann, setzte sich im Laufe der Zeit auch in bürgerlichen Kreisen durch. "Der niedrige Stand machte alles dem Hof nach", sagt Sattelmair, also wurden auch Marienfiguren angebracht, natürlich in wesentlich kleinerem Format. Eine der bekanntesten Hausmadonnen im Erdinger Stadtbild ist die restaurierte Marienfigur am Kraus-Haus, Ecke Schrannenplatz/Friedrich-Fischer-Straße. "Hier handelt es sich um eine typische Altöttinger Madonna", erklärt Volkskundler Albrecht Gribl, der in seinem 2016 erschienenen Buch "Schatzkammer Erding" auch einige Hausmadonnen beschrieben hat. Typisch für diese Figur sind der Mantel und die Krone und die Schwarzfärbung von Gesicht und Händen.

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(Foto: Renate Schmidt)

In der Erdinger Altstadt sind mehrere Madonnenbilder und -figuren zu finden: am Frauenkircherl, ...

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(Foto: Renate Schmidt)

... am Gasthaus zur Post in der Friedrich Fischer Straße,...

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(Foto: Renate Schmidt)

... am Leibold Haus am Schrannenplatz, ...

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(Foto: Renate Schmidt)

... am Gebhard-Haus in der Friedrich Fischer Straße, ...

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... am Hupfer-Haus Landshuter Straße 30, ...

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(Foto: Renate Schmidt)

... und eine Figur am Haus in der Krankenhausstraße 9.

Ein paar Häuser weiter am Leipold-Haus am Schrannenplatz 5 ist Maria mit Jesus als Relief angebracht und zwar laut Gribl im Typus "Maria Hilf", der in Süddeutschland sehr verbreitet und nach einem Bild von Lukas Cranach gestaltet war: Hier neigt die Mutter liebevoll den Kopf zum Sohn, der ihr die Hand entgegenstreckt. Gegenüber am Frauenkircherl befindet sich eine weitere Madonna. "Das Fresko zeigt eine sogenannte Schutzmantelmadonna", weiß Albrecht Gribl. Das Motiv hat Benno Hauber 1969 neu gestaltet. Maria trägt ein Blumenkleid, in das das Erdinger Stadtwappen eingearbeitet ist. Zu ihren Füßen sind ein Engelskopf und das Band der Sonnenuhr gemalt.

Ein besonderes Madonnenbild ist über dem Eingang zum Gasthaus zur Post an der Friedrich-Fischer-Straße 6 zu sehen. Maria und Kind sind von Blüten und Blättern umrahmt und Jesus hält einen schwarzen Gürtel in der Hand, das Zeichen der Gürtelbruderschaft "Maria von Trost" der Augustiner Emeriten, informierte Albrecht Gribl. Eine weitere Besonderheit wartet ein paar Schritte weiter am Gebhart-Haus an der Friedrich-Fischer-Straße 10. Hier hat Anna, die Mutter Marias, Jesus und der Gottesmutter auf dem Schoß. Maria und ihr Kind sind gleich groß gehalten, "der Sohn Gottes durfte schließlich nicht kleiner als Maria sein", erklärt Gribl. Dieses Abbild von drei Generationen ist als "Maria Selbdritt" bekannt.

Ein wenig versteckt an der Krankenhausstraße 9 befindet sich ein sehr hübsches, rundes Marienrelief am ehemaligen Hauser-Anwesen. Die Madonna hält Jesus mit liebevollem Blick an sich gedrückt, während der Sohn aufmerksam dem Betrachter entgegen blickt. Wie bei vielen weiteren Madonnendarstellungen zieren zwölf Sterne das Bild. Ins Auge fällt an der Landshuter Straße 30 das renovierte Marienbild am Hupfer-Haus. Auch hier blickt Jesus aus dem stuckgerahmten Bild blickt den Betrachter an. Die Nimben, also die Heiligenscheine, von Mutter und Kind, sind in Blattgold gestaltet.

"Ein Blick nach oben lohnt sich immer", sagt Heimatpfleger Hartwig Sattelmair. An den Fassaden seien im Laufe der Jahre allerdings einige Madonnen verschwunden, manche wurden bei Gebäuderenovierungen entfernt, andere einfach übermalt. Eine moderne Marienfigur steht vor Fischer´s Seniorenzentrum. Die Bildhauerin Christiane Horn aus Wartenberg hat sie 1997 geschaffen. Maria trägt ihre lockigen langen Haare offen und hält den Sohn dem Betrachter entgegen. Sie blickt von einer blauen Säule herab, die laut Gribl wohl aus dem Eis- oder Bierkeller der ehemaligen Stiftungsbrauerei stammt.

Auch andere Heilige wurden auf Hauswänden verewigt, zum Beispiel der Heilige Georg, unter anderem zuständig für Reiter, oder Sankt Florian, der der Feuerwehr beisteht. Die Muttergottes aber blieb mit Abstand immer die beliebteste Heilige, weiß Gribl. Der Grund liegt wohl auf der Hand: Maria hat kein Spezialgebiet - als Patrona Bavariae ist sie für alle Notlagen zuständig.

© SZ vom 17.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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