Streifenlook:Der äußere Schein zählt

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Wie immer zu Jahresbeginn werden wieder Kandidaten für den Fassadenpreis des Landkreises gesucht. Neben schicken Wohnhäusern und Denkmal-Renovierungen werden auch Gewerbebauten vorgeschlagen

Von Regina Bluhme und Florian Tempel, Erding

Seit 1986 gibt es den Fassadenpreis des Landkreises Erding, mit dem jedes Jahr besonders gelungene Neubauten, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen von privaten, öffentlichen oder gewerblichen Gebäuden ausgezeichnet werden. Der Preis geht auf eine Initiative des ehemaligen Landrats Hans Zehetmair zurück und wird vom Kreisverein für Heimatschutz und Denkmalpflege vergeben. Immer zu Jahresbeginn wird in den Gemeinden nachgefragt, ob und welche im Jahr zuvor fertiggestellten Gebäude als Kandidaten in Frage kämen. Im Juni werden dann die Preisträger bekannt gegeben und die Auszeichnungen bei einem Festakt verliehen. Aktuell befindet man sich also noch in der Findungsphase. Oft sind sich im Bauausschuss oder Gemeinderat alle einig, wenn es etwa um Renovierungen von denkmalgeschützten und historischen Häusern geht. Mitunter kommt es jedoch auch zu sehr interessanten Vorschlägen und Diskussionen - weil Architektur und Gestaltung natürlich immer auch Geschmackssache ist.

Es passiert nicht so häufig, dass ein Lagergebäude für einen Preis nominiert wird. In Eitting ist das diesmal der Fall. Der Gemeinderat entschied einstimmig, das riesige Obst- und Gemüselager der Rewe Group für den Fassadenpreis vorzuschlagen. Bürgermeister Georg Wiester (Wählergemeinschaft Gemeindefriede) zeigte sich ganz angetan von dem geometrischen Muster auf den Hallwänden, in dem sich grüne, graue und weiße Streifen in unterschiedlicher Breite abwechseln. Und er wusste den Bedeutungsbezug: "Die Anordnung soll einen Barcode darstellen." Diese symbolische Darstellung sei ganz bewusst gewählt worden, bestätigt Andreas Krämer, Pressesprecher der Rewe Group. Schließlich stelle der Barcode seit der Einführung 1974 "das Fundament für den Handel" dar. In einem Supermarkt in der Kleinstadt Troy im US-Bundesstaat Ohio soll seinerzeit das erste mit einem Strichcode markierte Produkt, eine Juicy Fruit-Kaugummipackung, an einer Kasse per Scanner erfasst worden sein. Den Riesen-Barcode am Eittinger Rewe-Lager einzuscannen, nütze aber nichts, sagt Krämer, es seien keine Informationen hinterlegt: "So weit sind wir dann doch nicht gegangen."

Das Obst- und Gemüselager von Rewe in Eitting. (Foto: Renate Schmidt)

In Dorfen war es etwas ähnlich und doch ganz anders. Neben dem von allen Seiten gelobten Vorschlag, das renovierte Oberdorfener Mesnerhaus als Kandidat zu melden, schlug Ursula Frank-Mayer (Grün-Alternative Liste) die neue Fassade des Tagwerk-Biomarktes vor. Das Gebäude des Tagwerkladens in ein eigentlich ziemlich trostloses Bauwerk, eine einfache Blechhalle, die zuvor von einer Ramschladen-Kette angemietet war. Mit ganz einfachen Mitteln ist dem charakterlosen Kasten an der B 15 ein Gesicht gegeben worden: Der Dorfener Künstler und Kulturpreisträger Toni Empl hat mit Dachlatten und Farbe eine Fassade gestaltet, die nicht nur an sich zu einem Bioladen passt und elegant das Tagwerklogo einer aufkeimenden Pflanze aufnimmt. Die modische Längsstreifen-Optik - siehe Rewe in Eitting - setzt außerdem in der faden Umgebung einen wohltuend lebendigen Akzent. Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) war nicht überzeugt. Er sagte, er halte das "für ganz nett gemacht", aber "nicht für preiswürdig". Beim Fassadenpreis komme es auf mehr an. Die Mehrheit war jedoch für den Vorschlag. Auf der Homepage des Landkreises steht als Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme übrigens nur, "dass das Erscheinungsbild des Gebäudes, in Bezug auf Fassadengestaltung, verwendeter Baumaterialien, Qualität und Technik der Ausführung oder Farbgebung das Ortsbild in vorbildlicher Weise bewahrt, ergänzt oder bereichert."

Die pfiffige Tagwerkfassade tritt somit nun gewissermaßen als kleiner Bruder der riesigen Eittinger Rewe-Hallenwände beim Fassadenpreis an. Für beide gilt, das sie nicht die ersten preisgekrönten Hallengebäude wären. 2011 wurde die Werkhalle von Kunststofftechnik Adler in Wartenberg ausgezeichnet und 2013 das E+C Center in Erding.

© SZ vom 27.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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