Stadtteilkunst:Kunst mit großen Kindern

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Die Langengeislinger Schüler haben bei der Stadtteilkunst 2009 mit dem Künstler Albin Zauner gleich ein ganzes Buch produziert. Die Abbildung stammt aus dem Werk "Das Geheimnis hinter der Sonne". (Foto: Renate Schmidt)

Erding bindet 2018 alle weiterführenden Schulen ein. Es gibt schon interessante Ideen, sogar ein eigenes Wahlfach wird angeboten. Das gefällt - fast - allen

Von Antonia Steiger, Erding

Mit sechs weiterführenden Schulen gestaltet die Stadt Erding im kommenden Jahr das nächste Projekt Stadtteilkunst. 40 000 Euro sind dafür im Haushalt vorgesehen - so wie schon seit vielen Jahren. Überzeugt werden musste im Erdinger Stadtrat am Dienstag nur einer von der Sinnhaftigkeit dieser Idee: ausgerechnet der einzige freischaffende Künstler in dem 40-köpfigen Gremium: Harry Seeholzer (Erding Jetzt), der unter dem Künstlernamen Harry S. mit seinen Kunstwerken regelmäßig für Aufsehen und muntere Diskussionen sorgt, zuletzt mit dem zweiten Tor aus verrostetem Stahl, das auf einem Kreisverkehr im Gewerbegebiet installiert wurde. Er bemäkelte die fehlende Zielgenauigkeit des Projektes und dass man nicht wisse, was dabei herauskommt. Ihm scholl so viel Kritik entgegen, dass er am Ende dann doch gerne zustimmte.

Im Haushalt der Stadt Erding ist alle zwei Jahre für Stadtteilkunst die feststehende Summe von 40 000 Euro eingeplant, sie wird nicht immer ausgegeben. Manchmal wird es aber auch teurer. Zuletzt wurde 2015 ein Projekt realisiert: das am Ende sehr viel teurere Kunstwerk "Jetzt" von Robert Kessler, der rot leuchtende und viel beachtete Bogen, der sich auf Höhe der Einmündung der Bachinger Straße über die Haager Straße wölbt. 2009 gab es auch schon einmal ein Kunstprojekt mit Schulen: Den Erdinger Grundschulen wurde je ein Künstler beigestellt, der mit den Kindern Kunstwerke erarbeitete, die zum Teil noch heute zu sehen sind, beispielsweise die Fahnen an der Hauptschule am Lodererplatz. Alle Beteiligten haben diese Aktion damals als rundum gelungen in Erinnerung. Nun soll eine Aktion mit den weiterführenden Schulen folgen.

Stadtbaumeister Sebastian Henrich, der schon damals viel Lob seitens der Schulen einsammeln durfte, vermeldete erfreut, dass sich alle Schulen beteiligen wollen: die beiden Gymnasien, die beiden Realschulen, die FOS/BOS und die Berufsschule, die beiden letzteren kooperieren bei dem Projekt. Die Ideen klingen vielversprechend: FOS/BOS und Berufsschule starten ein Kunstprojekt mit der Berufsintegrationsklasse unter dem Titel "Wo komme ich her, wo bin ich gerade, wo will ich hin". Wöchentlich wird an dem Projekt gearbeitet, auch bei Exkursionen. Am Ende soll eine Ausstellung entstehen. Das Anne-Frank-Gymnasium plant "Tea-Time im Park" im so genannten grünen Klassenzimmer: Oberstufenkurse fertigen Töpferarbeiten, die Theatergruppe steuert eine Performance bei, das alles soll "leicht, fröhlich, vielleicht auch schräg, festlich, tänzerisch und sinnlich" werden. Das Korbinian-Aigner-Gymnasium plant ein Fotoprojekt "Kleine Leute in Erding" mit Miniaturfiguren, "die sich in unserer großen Welt durchschlagen müssen". Überraschende Perspektiven auf die Stadt sollen sich dabei ergeben. Land Art und Urban Art will die Mädchenrealschule Heilig Blut mit allen Jahrgangsstufen im Stadtpark umsetzen. Die Spaziergänger sollen einen Überraschungsmoment erleben, wenn ihnen Altbekanntes verhüllt präsentiert wird. Gleich ein neues Wahlfach "Stadtteilkunst Erding" richtet die Herzog-Tassilo-Realschule ein, in dem die Leitbegriffe wie Wissen, Wertschätzung, Respekt und Toleranz visualisiert und präsentiert werden sollen.

Das alles begeisterte die Stadträte sehr - mit Ausnahme von Harry Seeholzer. Seine Kritik, er wolle vorher mehr wissen über Konzepte, Kosten und Materialien, versetze die anderen Stadträte erst in die Lage, sich deutlich zu dem Projekt zu äußern, sagte Burkhard Köppen (CSU), der sich bei Seeholzer bedankte. Ohne dessen Worte hätte es wohl kaum Wortmeldungen gegeben. "Gerade von Dir hätte ich das überhaupt nicht erwartet", sagte Helga Stieglmeier (Grüne) zu Seeholzer. Er kenne sich ja aus mit Reaktionen auf Kunst. Und am Ende verstand es Seeholzer wohl auch nicht mehr so richtig.

Unter anderem hatte er vorgeschlagen, dass den weiterführenden Schulen wie damals den Grundschulen Künstler zur Seite gestellt werden sollten. Man solle die Kunst den Künstlern überlassen und die Pädagogik den Pädagogen. Sie seien ohnehin ausgelastet. Aber da korrigierte ihn unter anderem Kulturreferent Ludwig Kirmair (CSU): In den Lehrerkollegien gebe es etliche Kunstlehrer, die auch selbst künstlerisch tätig seien. Zu den Kosten und dem Vorschlag Seeholzers, man solle sich zu 80 Prozent an den Kosten beteiligen statt allen die gleiche Summe zur Verfügung zu stellen, die vielleicht gar nicht benötigt werde, stellte Henrich klar, dass die Schulen mit Sicherheit noch mehr Geld ausgeben müssten. 6000 Euro pro Schule sei eine "Kostendeckelung" und kein mit der Gießkanne wahllos verteiltes Geld.

Die Ergebnisse des Kunstprojektes sollen am Freitag, 13. Juli, mit einer Fahrradrundfahrt präsentiert werden. Im Oktober 2018 werden sie im Museum Erding ausgestellt, Vernissage ist am 5. Oktober.

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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