Serie: Vergangene Pracht, Folge 5:"Gemaurt vnd virecket"

Lesezeit: 1 min

Vom "Sitz Winkl" ist heute nichts mehr erhalten

Von Gerhard Wilhelm, Winkl

In der Liste des bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege heißt es unter der Denkmalnummer D-1-7639-1033 für den "Sitz Winkl" nur "abgegangenes Schloss des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit". Zu sehen ist von dem früheren Edelmann-Sitz heute nichts mehr. Winkl, ein kleines Dorf am Kallinger Bach, war einst ein Regensburger Lehen. Der bayerische Herzog hatte ein Zehnt darauf, was bedeutete, dass die Bauern von allen Erträgen, egal ob pflanzlich oder tierischer Art, einen Teil - in der Regel zwischen zehn und 30 Prozent - dem Gutsherren abgeben mussten. Der Kallinger Bach war insofern wichtig, weil dort entlang früher eine wichtige Verbindungsstraße führte.

Ursprünglich war in Winkl offenbar ein Ministerialgeschlecht des Hochstifts Regensburg gesessen, zumindest wird dies laut den Quellen 1410 erwähnt. Der erste namentlich bekannte Besitzer ist nach dem Neuburger Kopialbuch - eine Art von Urkundensammlung über Rechts- und Besitztitel - Wilhelm Weytas. 1553 wird die Familie Brand von Aibling als Inhaber des Sitzes inklusive Sedlhof genannt. Doch schon drei Jahre später wird an den Salzburger Stadtrichter Caspar Steinhauser verkauft, ehe von 1630 bis 1713 die Familie Thanner Eigentümer wird.

Der Hofkupferstecher bei Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern, Michael Weninger, weiß 1720 über den Sitz Winkl zu berichten: "Dermahliger Inhaber ist Herr Hannß Georg Thaner von vnd zu Wünckel vnd tut der Orthen wohnen . . . Das Schloss ist zweygädig, gemaurt, vnd virecket". 1691 ist aber der Hof samt Nebengebäuden wie Stallungen einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen. Nur der "Traidstadl", der Getreidestadel, sei wieder aufgebaut worden. Im übrigen notiert Wening: "Der Traidboten vnd Vichzügl ist mittelmäßig". Das Herrenhaus blieb aber anscheinend unversehrt bei dem Brand.

Wening zeigt den Adelssitz auf seinem Stich als kleines zweigeschossiges Herrenhaus mit Schopfwalmdach, möglicherweise auf einem kleinen künstlichen Hügel, daneben ist eine kleine Gartenanlage angedeutet. Vom Wirtschaftshof ist nur ein Gebäude dargestellt. Die Urkatasteraufnahme von 1811 zeigt das Herrenhaus mit anscheinend vier Ecktürmen, südlich davon einen barocken Garten mit Wegekreuz, nordwestlich vorgelagert einen größeren Wirtschaftshof. Nach der erneuerten Verzeichnung von Besitz- und Rechtsverhältnissen 1857/58 gilt das Herrenhaus als nicht mehr existent und wird als "bereits abgebrochen" verzeichnet. Heute ist das Areal des einstigen Adelssitzes Winkl modern überbaut.

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: