Renaturierung von Flüssen und Bächen:Es geht nicht mal so sehr um die Optik

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Vergleichbares Bauwerk: Die Staatsstraße 2085 bei Langenpreising wurde auf einem ähnlichen Damm errichtet, wie er bei Wörth geplant ist. (Foto: Renate Schmidt)

Die Kreisgruppe des Bundes Naturschutz hat sich mit dem geplanten Hochwasserrückhaltebecken bei Wörth beschäftigt. Ablehnen will man das Projekt nicht grundsätzlich, setzt aber stärker auf natürliche Schutzmaßnahmen

Von Mathias Weber, Erding/Wörth

Das geplante Hochwasserrückhaltebecken bei Wörth beschäftigt auch die Kreisgruppe des Bund Naturschutzes. Bei seiner jüngsten Sitzung des Kreisvorstandes haben die Mitglieder über den angedachten technischen Hochwasserschutz in Form eines enormen Rückhaltebeckens und eines dazugehörigen Dammes, der im Falle eines Hochwassers die Sempt aufstauen und so Schaden von Erding und den Anliegern abhalten soll, diskutiert. Zu einem endgültigen Ergebnis seien die Mitglieder, sagt Geschäftsführer Manfred Drobny, nicht gekommen; da noch nicht alle Unterlagen vorliegen und der Bund Naturschutz selbst auch noch nicht zum Vorhaben befragt wurde, wolle man sich noch kein grundsätzliches Urteil über das Becken erlauben. Drobny sagt aber auch, dass der Bund Naturschutz natürlichen Hochwasserschutz, also den Hochwasserschutz in der Fläche, etwa durch Renaturierung von Flüssen und Bächen, immer bevorzuge. "Ob das in diesem Fall möglich ist und dann gänzlich auf den technischen Hochwasserschutz verzichten kann, das kann man jetzt noch nicht sagen."

Wie wichtig das Sempttal ist, das einst von dem Damm durchschnitten werden könnte, das ist aber jetzt schon klar. Drobny geht es nicht mal so sehr um die Optik. Das Sempttal habe auch eine wichtige Funktion für die Zu- und Abluft für Erding - mit Blick auf den Klimawandel sei das eine nicht zu unterschätzende, in die Zukunft reichende Überlegung.

Ob der Damm, der zwischen einem und dreieinhalb Metern hoch werden würde, wirklich die Luftzufuhr verändern könnte, ist unklar. Eine Umweltverträglichkeitsstudie, die im Vorfeld der Variantenentscheidung für und gegen das Hochwasserrückhaltebecken entstanden ist, ist zu einem positiven Ergebnis gekommen. Auch eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung hat ergeben, dass das Vorhaben im Sempttal gebaut werden kann. Für diese Studie wurde unter Andere die einjährige Vegetationsphase im Sempttal beobachtet. Der Einfluss auf die Fauna, so das Ergebnis der Untersuchungen, ist also nicht gravierend. Allerdings würden im Planungsfeststellungsverfahren, wenn das Projekt soweit kommt, weitere Verträglichkeitsstudien durchgeführt.

Drobny, der schon viele Hochwassermaßnahmen in den Landkreisen Erding und Freising begleitet hat, schenkt diesen Untersuchungen durchaus Glauben. "Sie müssen ja immer bestimmte Punkte abarbeiten, da kommen Sie gar nicht aus", sagt er über die Standardisierung der Studien. Er schränkt aber auch ein: "Es gibt schon auch Planungsbüros, die nicht als seriös aufgefallen sind." Dem Wasserwirtschaftsamt als ausführende Behörde und dessen Leiterin Sylva Orlamünde will er aber nichts unterstellen: "So wie wir Frau Orlamünde kennengelernt haben, läuft immer alles korrekt. Ich schätze sie durchaus."

Auch das Wasserwirtschaftsamt widmet sich noch einmal dem natürlichen Hochwasserschutz, nachdem auch aus der Bevölkerung Vorschläge in diese Richtung gekommen waren. Drobny aber will das Hochwasserrückhaltebecken nicht kategorisch ausschließen, sollten gewichtige Gründe dafür sprechen, dass es notwendig ist; dass etwa die Wassermassen im Hochwasserfall nicht durch natürlichen Schutz aufgehalten werden könnten. Innerhalb des Verbandes könnte es allerdings dann zu Konflikten kommen. Die stellvertretende Vorsitzende der Wörther Ortsgruppe, Monika Wenger, hat im Gespräch mit der SZ Erding durchblicken lassen, das sie kein Fan des Beckens und des Damms ist - so wie der ganze Ort, wie es scheint. Wie auch in der Bevölkerung sind die Interessen im Bund Naturschutz unterschiedlich: Wenger, die für die Grünen auch im Wörther Gemeinderat sitzt, war zum Beispiel selbst vom Hochwasser 2013 betroffen, hatte Wasser im Keller. Wie viele andere Wörther hat sie Angst, dass der geplante Damm das Grundwasser durcheinander bringen wird.

Es bleibt also auch beim Bund Naturschutz im Landkreis noch Diskussionsbedarf. Schon im ersten Halbjahr 2017 wird es wieder etwas zu besprechen geben, dann soll eine Grundwasseranalyse veröffentlicht werden.

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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