Rekordpopulation:Schwarzweiße Kulturfolger

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In Bayern gibt es so viele Störche wie schon lange nicht mehr, auch im Landkreis geht es ihnen gut

Von Thomas Daller, Landkreis

In Bayern leben so viele Störche wie seit mehr als 100 Jahren nicht. 440 Paare wurden im vergangenen Jahr vom Landesbund für Vogelschutz gezählt. Auch im Landkreis Erding gibt es eine stabile Population: Drei Weißstorchpaare und sogar ein Schwarzstorchpaar nehmen im Frühjahr immer wieder ihre Horste an und zeigen durch Bruterfolge, dass es ihnen hier gut geht.

Der wohl bekannteste Storchenhorst im Landkreis Erding befindet sich auf dem Dach des Gasthauses Pfanzelt in Langengeisling. Vor etwa 80 Jahren sind die Vögel dort erstmals erwähnt worden. "In der Kapelle hat der Blitz eingeschlagen, seitdem sind sie da", sagte Peregrin Pfanzelt. Eigentlich wundert er sich, dass sich die Störche so dicht an einer viel befahrenen Straße wohlfühlen, aber die feuchten Wiesen und Weiher in der Umgebung haben es den Vögeln wohl angetan. Fast jedes Jahr ziehen sie zwischen einem und fünf Jungen auf. 2017 beispielsweise haben zwei überlebt und sind flügge gewordne. Nasses und kaltes Wetter kann einen Bruterfolg verhindern, aber auch Zoff unter den Tieren: Pfanzelt kann sich erinnern, dass eines Frühjahrs ein dritter, männlicher Storch aufgetaucht ist und die Eier aus dem Nest geworfen hat, bevor ihn das ansässige Paar vertreiben konnte. "Störche sind ziemlich aggressive Viecher", weiß der Dorfener Naturfilmer Jan Haft. Horstkämpfe seien keine Seltenheit.

In Sonnendorf bei Walpertskirchen zählten die Störche immer zum Ortsbild, bis sie Mitte der 1980er Jahre plötzlich verschwanden und erst 2013 wiederkehrten, sagte Clarissa Höschel, die die Tiere beobachtet. "Alte Sonnendorfer kennen das Storchennest auf der Kirche, so lange sie denken können."

Die Überlebensrate der Sonnendorfer Jungstörche hängt vor allem mit der Witterung im Frühjahr zusammen: 2014 kamen zwei Junge durch, 2015 ist die Brut bei einem starken Regen ertrunken, 2016 zogen die Altstörche erfolgreich zwei Junge groß und 2017 starben alle drei Jungen, als der Winter mit Eis und Schnee noch einmal kurz zurückkam, sagte Höschel.

Vier, manchmal sogar auch fünf Jungstörche kann ein Elternpaar pro Jahr großziehen, wenn genug Nahrung vorhanden ist. Auch im Landkreis Erding fühlen sich die Tiere wohl und vermehren sich prächtig. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Storchenpaar in Dorfen ist noch nicht lange in der Isenstadt heimisch. In den vergangenen 20 Jahren hat man immer wieder einzelne Tiere gesehen, die den Sommer über in der Stadt verbracht haben. In manchen Jahren konnte man auch Paare beim Brutversuch beobachten, aber erst in jüngster Vergangenheit, seit sie den stillgelegten Schreinereikamin in der Buchbacher Straße für sich entdeckt haben, scheinen die Störche in Dorfen heimisch zu werden. 2017 haben sie dort drei Jungtiere erfolgreich großgezogen, heuer haben sie ihren Horst erneut besiedelt. Kein Wunder, denn dort kümmert man sich liebevoll um sie: Als das Storchenmännchen bereits im Februar anfangs noch allein zurückkehrte, kam der Frost zurück. Nachbar Max Algasinger fütterte das zutrauliche Tier in dieser nahrungsarmen Zeit mit Katzenfutter, Hühnerinnereien und kleinen Fischen. So hat der Storch die Kälteperiode gut überstanden und mittlerweile ist auch das Weibchen da.

Neben den Weißstörchen gibt es auch eine Schwarzstorchpaar, das in einem Waldstück bei Lengdorf genistet und immer wieder erfolgreich gebrütet hat. In Bayern gibt es nur etwa hundert Paare. Bei den Bauarbeiten für die Autobahn A 94 musste er weichen: Carsten Rohde, ein Schwarzstorch-Experte aus Mecklenburg-Vorpommern, legte an drei Standorten Ersatzhorste an, in der Hoffnung, dass die Tiere einen davon annehmen würden. Als die Vögel Mitte März vergangenen Jahres zurück kamen, war ihr alter Horst verschwunden, aber sie nahmen einen der neuen im Isener Staatsforst an, wo sie ungestört sind. Rohde hat offenbar ganze Arbeit geleistet. Nach Angaben der Autobahndirektion haben die beiden Schwarzstörche nicht nur den Horst angenommen, sondern auch drei Jungstörche bekommen und erfolgreich aufgezogen.

Eigentlich könnten insbesondere die Weißstörche weitere Lebensräume im Landkreis besetzen, sagt Naturfilmer Haft, wenn es mehr Leben in diesen Räumen gäbe: Vor allem der Rückgang der Insekten schränke eine weitere Verbreitung der Störche ein, die sich insbesondere von Heuschrecken ernähren würden. Störche seien Kulturfolger und in der Wahl ihrer Horste sehr konservativ; "ein typisch bayerischer Vogel", sagte Haft. Und obwohl es Regionen gebe, in den Störche zuhauf brüten würden, habe es im Isental auch in den 1940er und 1950er Jahren keine besonders hohe Populationsdichte gegeben.

Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass es nun dazu komme, denn vor allem durch die Ausgleichsmaßnahmen beim Autobahnbau entstünden nun viele kleine Biotope, die sich für Störche ideal eignen würden. Damit würde ein ähnlicher Effekt wie am Flughafen im Erdinger Moos eintreten, wo sich vor allem Wiesenbrüter in großer Zahl angesiedelt hätten.

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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