Reden wir über:Geheime Texte

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CSU-Abgeordneter Andreas Lenz hat sich über TTIP informiert. (Foto: Bauersachs)

CSU-Abgeordneter Andreas Lenz hat sich über TTIP informiert

interview Von Annalena Ehrlicher

Seit Anfang Februar können Bundestagsabgeordnete Texte und Verhandlungsvorschläge des umstrittenen Freihandelsabkommens TTIP in einem Lesesaal im Bundeswirtschaftsministerium einsehen. Innerhalb des Saals herrschen strenge Regeln. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (Foto: Peter Bauersachs)schildert seine Eindrücke.

Sie waren vor wenigen Tagen erst im TTIP-Lesesaal. Wie war's denn?

Andreas Lenz: Es war schon interessant, auf jeden Fall auch inhaltlich.

Und jetzt dürfen Sie so gar nichts sagen darüber?

Ich hab zwar was unterschrieben, aber ich kann schon etwas sagen, obwohl ich nicht die Verhandlungsstrategie der EU ausplaudern würde. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir größtmögliche Transparenz brauchen. Und dass es Misstrauen erzeugt, wenn das nicht gewährleistet ist.

Was war denn die große Überraschung für Sie?

Ich war erstaunt wie wenig Texten festgeschrieben ist. Bei sämtlichen strittigen Themen, vom Verbraucher- bis zum Investorenschutz, ist noch ganz wenig definitiv. Außer es gibt noch eine Fassung, die für uns noch nicht zugängig ist. (lacht) Das einzige, was schon steht, sind generelle Klauseln. Aber wenn es ums Eingemachte geht, dann ist da noch nicht so viel da. Das war für mich der größte Erkenntnisgewinn.

Also wird das dieses Jahr nichts mehr?

Mir fehlt die Fantasie dazu, mir das vorzustellen. Denken Sie an das Pazifische Freihandelsabkommen. Da hat man ungefähr 28 Verhandlungsrunden gebraucht, bis man zu einem Ergebnis kam. Bei TTIP sind wir in Runde zwölf. Ich finde nicht, dass man sich da zeitlichen Zwängen unterwerfen sollte. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Außerdem muss man natürlich ergebnisoffen verhandeln - wenn man sich eben nicht einigen kann, dann muss auch das Scheitern eine Option sein.

Könnte das beispielsweise bei einem Regierungswechsel in den USA der Fall sein?

Unabhängig davon, man muss das immer als Option haben. Wenn man bei kritischen Punkten auf keine gemeinsame Lösung kommt, dann müsste man diese Punkte vielleicht herausnehmen. Im Fall von TTIP ist der Plan, die besonders schwierigen Punkte erst gegen Ende zu verhandeln.

Jetzt vielleicht zu dem mysteriösen Raum: Wie sieht der denn aus?

Ziemlich nüchtern. Ich hab mir da auch mehr James-Bond-Flair erhofft. (lacht) Aber es ist einfach nur ein alter Raum im Wirtschaftsministerium, der nicht mal besonders groß ist. Es können ungefähr acht Abgeordnete gleichzeitig rein, deshalb ist er auch ziemlich ausgebucht. Daran sieht man schon wie groß das Interesse ist. Aber ich hatte mir alles wirklich mysteriöser vorgestellt. Es gibt sogar ein Fenster. Und es gibt Kugelschreiber. Sie geben einem Stifte und Blöcke, die man mit in den Raum nehmen darf. Und die wurden danach nicht kontrolliert. Also in zwei Stunden kann man ja eh nicht so viel abschreiben.

Aber irgendwie ist ein Raum voller Dokumente, die man nicht kopieren und über die man nicht reden darf, doch ein bisschen verdächtig, oder?

Ich finde, der Raum ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber für mich ist auch klar, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung für das Abkommen so nicht unbedingt wächst.

Und die Regeln bieten schon Anlass zu Spott und Spekulation.

Dass man nur zwei Stunden drinnen bleiben darf, ist das eine. Aber was die Regel angeht, dass man kein Handy mitnehmen darf: Ich habe zu den Leuten vom Wirtschaftsministerium gesagt, dass ich halt ein zweites dabei habe, und das war kein Problem. Dann gibt es doch irgendwann noch das Selfie von drinnen.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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