Seehofer im Weißbräu-Zelt:Humanität, Integration und Begrenzung

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Der CSU-Bundesinnenminister spricht in Erding vor 2800 Zuhörern über seine Prinzipien in der Flüchtlingspolitik und äußert sich auch zu Chemnitz

Von Thomas Jordan, Erding

Es war mehr eine politische Grundsatzrede als eine Wahlkampfrede, die Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Montagabend in Erding abgeliefert hat. Im Festzelt des Erdinger Weißbräu schlug ein gut gelaunter, wenn auch stimmlichstark angeschlagener Horst Seehofer den großen Bogen von seinen politischen Grundsätzen, der Sicherheits- und Migrationspolitik bis hin zur eigenen Jugend im Sportverein. Der anstehende bayerische Wahlkampf kam dagegen kaum vor, Erdinger Themen, wie etwa der S-Bahn-Ringschluss hatten in der Rede des Bundesinnenministers an diesem Abend gar keinen Platz. Dafür streute Seehofer zwischendurch Spitzen gegen die Bundesregierung ein.

In seiner einstündigen Rede im zu drei Viertel gefüllten Bierzelt, in dem sich laut Polizeiangaben etwa 2800 Zuhörer befanden, entwarf Seehofer "Humanität, Integration und Begrenzung" als seine drei politischen Grundsätze in der Flüchtlingspolitik. Seehofers Rede wirkte dabei streckenweise wie eine Rechtfertigungsrede. So verwies er darauf, dass er schon als bayerischer Ministerpräsident dafür eingetreten sei, die NPD zu verbieten. Seehofer konnte sich dabei die Spitze nicht verkneifen, anzufügen, dass ihn dabei von Seiten der Bundesregierung niemand unterstützt habe.

"Man ist kein Nazi, wenn man aufgewühlt ist von einem Verbrechen", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Montagabend im Festzelt des Erdinger Weißbräu. Erdinger Themen hatten an dem Abend angesichts der Ereignisse in Ostdeutschland keinen Platz. (Foto: Stephan Goerlich)

Ausführlich ging Seehofer auch auf die Vorfälle um den Tod eines Chemnitzers am 26. August ein: "Man ist kein Nazi, wenn man aufgewühlt ist von so einem Verbrechen" sagte Seehofer mit heiserer Stimme. Er habe Verständnis dafür, dass Leute empört seien, wenn jemand brutal getötet werde und seine Anteilnahme gelte dabei immer den Opfern, fügte der Innenminister an. Dabei dürfe es aber "Null Toleranz gegenüber Hetze, Hassparolen und Antisemitismus" geben betonte Seehofer. Den Themenbereich Migration und Innere Sicherheit schloss Seehofer mit der Forderung nach einer starken Polizei ab, und verwies auf die guten Erfahrungen, die man in Bayern bei der Ausrichtung des G7-Gipfels auf Schloss Elmau gemacht habe: Auf jeden Demonstranten sei dort ein Polizist gekommen, sagte Seehofer unter dem Beifall der Zuhörer.

Wie in vielen Reden zuvor lobte der ehemalige bayerischer Ministerpräsident auch bei seinem Besuch im Erdinger Bierzelt Bayern als das "gelobte Land." Zugleich sprach er sich aber dagegen aus, dass Menschen aus wirtschaftlichen Gründen nach Bayern kommen und hier Asyl beantragen. "Das hält keine Gesellschaft auf Dauer aus", sagte Seehofer. Er könne den Steuerzahlern nicht zumuten, dass sie dafür zahlen. Seehofer wiederholte in Erding auch seinen Satz, wonach "wir nicht das Sozialamt für die ganze Welt sein können".

Zur anstehenden heißen Phase des Wahlkampfs in Bayern hatte Seehofer nur wenige Sätze übrig. Er habe dem amtierenden Ministerpräsidenten Markus Söder bei der CSU-Vorstandstagung angekündigt, dass er ihn loben werde, erzählte Seehofer schmunzelnd. Das Lob fiel dann aber doch recht knapp aus: "Wir haben wie seit Jahrzehnten wieder einen guten Ministerpräsidenten in Bayern", rief Seehofer Söder von Erding aus zu. Wärmer fiel die Wertschätzung für die ehemalige Umweltministerin Ulrike Scharf aus, die er für ihre politische Tätigkeit in seinem bayerischen Kabinett lobte.

Insgesamt waren weite Teile der einstündigen Rede Seehofers eher eine Rückschau auf das Erreichte als ein Blick in die Zukunft. So verwies der Bundesinnenminister auf die niedrige bayerische Kriminalstatistik und den Respekt, den Bayern weltweit genieße. Die allermeisten Zuschauer honorierten diese Grundsatzrede des Ministers, die ihn sichtlich anstrengte, mit Zwischenapplaus und Standing Ovations am Ende. Nur ganz vereinzelt hatten Demonstranten vor der Zufahrt zum Festgelände Transparente mit der Aufschrift "Seehofer Großvater aller Probleme" und "Schluss mit Hetze und Seehofer" hochgehalten, ein Demonstrant schrie "Zurücktreten".

Der Erdinger OB Max Gotz, der über mehr Lokalbezug in Seehofers Rede wohl nicht traurig gewesen wäre, fasste den Abend dann so zusammen: Es sei "beachtlich, dass er einen anderen Horizont aufgezeigt hatte, als manche erwartet hätten".

© SZ vom 11.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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