Rechnung nicht bezahlt:"Allerletzte Chance" für 55-jährigen Angeklagten

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Amtsrichter Björn Schindler setzt Freiheitsstrafe für Betrüger noch einmal zur Bewährung aus - auf fünf Jahre insgesamt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

"Ich werde nie wieder was unter meinem Namen kaufen", beteuerte der wegen Betrugs angeklagte 55-Jährige wiederholt - was Amtsricher Björn Schindler am Schluss sogar ein Schmunzeln entlockte, als dies der Mann zu seinem Schlusswort erhob. Denn zum einen dürfte er das ohnehin nicht, da er vor zwei Jahren einen Offenbarungseid abgegeben hatte, dass er pleite sei, zum anderen stand der 55-Jährige wegen Betrug schon öfters vor Gericht: in insgesamt 13 Fällen und zudem wegen Unterschlagung und Untreue. Diesmal ging es um Fliesen und Zubehör im Wert von 519,12 Euro, die er in einem Fachgeschäft im Landkreis gekauft, aber nie bezahlt hatte, weshalb der Eigentümer Strafantrag gestellt hatte. Richter Schindler verurteilte ihn zu zehn Monaten Freiheitsstrafe - ausgesetzt auf fünf Jahre Bewährung.

Der 55-Jährige, der früher selbständig war und aus dieser noch rund 20 000 Euro Schulden hat, sagte, dass er nie die Absicht gehabt habe, nicht zu zahlen. Er habe das Material gekauft, weil er für einen Bekannten, den er auf einer Baustelle kennen gelernt habe, aus Gefälligkeit etwas bei einem Kunden von dem Bekannten fliesen wollte. Der habe aber dann nie bezahlt. Und so habe er wiederum den Händler nicht bezahlen können.

Der hatte eh viel Geduld. Die erste Rechnung kam mit dem Vermerk unzustellbar zurück, was der Angeklagte damit erklärte, dass der Verkäufer sich verhört haben müsse, da sei Nachnahme ähnlich klinge, wie der Name des Mann, für den er die Arbeit ausführen sollte. Und eigentlich hätte die Rechnung auf den Namen seiner Frau ausgestellt werden sollen, da er selber nur Bar-Käufe tätigen dürfe. Seine Frau wusste davon aber nichts, als der Verkäufer klingelte und fragte, was mit der Rechnung sei. Die neue Rechnung, jetzt ausgestellt auf ihren Namen, wurde aber ebenfalls nicht bezahlt - trotz mehrerer Erinnerungen und dann Mahnungen, weshalb der Verkäufer ein Inkassobüro beauftragte. Dort erhielt er dann die Auskunft, dass sogar ein Gerichtsvollzieher bei dem Mann nichts holen könnte. Er solle doch eine Anzeige wegen Betrugs stellen.

Die Aussagen des Angeklagten wurden für den Amtsrichter irgendwann so widersprüchlich und nicht mehr verfolgbar, dass er ihm empfahl, alles noch einmal zu überdenken und neu anzufangen. Ein Tipp, den sein Pflichtverteidiger nutze, um eine Unterbrechung der Verhandlung zu bitte, um mit seinem Mandanten zu reden. Danach gab der Angeklagte über seinen Verteidiger zu, alles ohne richtigen Auftrag gekauft zu haben.

Zwei Dinge führten schließlich dazu, dass er nicht ins Gefängnis musste, da wegen einem Betrugsfall im Jahr 2016 bereits zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden war - ausgesetzt auf drei Jahren Bewährung: Zum einen überreichte er am Vormittag der Verhandlung am Amtsgericht Erding dem Verkäufer 520 Euro und zum anderen erklärte dieser, dass er kein Interesse an einer Strafverfolgung habe. "Wäre wer einfach zu mir mal gekommen, dann hätten wir das alles auch anders regeln können", sagte der Verkäufer.

Die Staatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer ein Jahr und einen Monat Haft gefordert - ohne Bewährung. Der Pflichtverteidiger eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 15 Euro, weil eine Haftstrafe für seine Tat "überzogen" sei. Für Richter Schindler stand fest, dass der Angeklagte bewusst den Verkäufer über seine finanzielle Situation getäuscht habe und billigend in Kauf genommen habe, dass er die Rechnung nicht bezahlen könne eventuell. "Es war Spitz auf Knopf, was die Bewährung betrifft", sagte Schindler. Die fünf Jahre lange Bewährungszeit sei die "allerletzte Chance" für ihn. Zudem verurteilte Schindler ihn zu 100 Stunden gemeinnütziger Dienste.

© SZ vom 27.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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