Rasante Abwärtsentwicklung:Gymnasialer Schülerschwund

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Im kommenden Schuljahr sinkt die Zahl der Fünftklässler um 20 Prozent. An den zwei Erdinger Gymnasien werden nur je vier Eingangsklassen gebildet. In Dorfen haben sich so wenige Schüler angemeldet wie zuletzt vor 25 Jahren

Von Florian Tempel, Erding

Die drei Gymnasien im Landkreis verzeichnen einen sehr deutlichen Rückgang bei den Einschreibungen fürs kommende Schuljahr. Die Zahl der Fünftklässler verringert sich im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent, von 450 Buben und Mädchen auf nur noch 356. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist der Jahrgang der Kinder, die dieses Jahr die Grundschule beenden, um etwa 15 Prozent kleiner als der vorangegangenen Jahrgang. Zum anderen hat sich der bereits seit Jahren beobachteter Trend noch einmal verstärkt: Viele Viertklässler, die den erforderlichen Notenschnitt fürs Gymnasium hätten, gehen nach der Grundschule lieber auf eine Realschule.

Am eklatantesten ist der Fünftklässlerschwund am Anne-Frank-Gymnasium in Erding. Im vergangenen Mai hatten sich dort noch 170 Buben und Mädchen angemeldet. In diesem Jahr waren es nur 110 Kinder. Statt zuletzt sechs Klassen wird es deshalb am Anne-Frank-Gymnasium nur noch vier Eingangsklassen geben. Direktorin Helma Wenzel war von den wenigen Anmeldungen überrascht. Mit einem so starken Rückgang hatte sie nicht gerechnet. Dass es im kommenden Schuljahr gleich zwei fünfte Klassen weniger als bislang geben wird, stört sie nicht. Doch etwas anderes gibt ihr zu denken: Es kommt keine Ganztagesklasse zustande, da sich lediglich zehn Interessenten gemeldet haben. "Das ist für uns eine neue Erfahrung", sagt Wenzel, "bislang war der Andrang sehr groß." Aktuell gibt es am Anne-Frank-Gymnasium eine Ganztags-Fünfte mit 29 Schülerinnen und Schülern, vor zwei Jahren wurden sogar zwei Ganztagsklassen gebildet.

Am Erdinger Korbinian-Aigner-Gymnasium haben sich zwar nur sechs Kinder weniger als im vergangenen Jahr angemeldet. Dennoch wirkt sich das hier ganz entscheidend aus. Mit 134 Schüler lassen sich keine fünf Klassen wie bisher, sondern nur noch vier Klassen bilden, sagt die stellvertretende Schulleiterin Andrea Hafner. Die Klassenstärke wird mit je 33 oder 34 Kindern zwar sehr groß sein. "Wir haben aber die Vorgabe aus dem Kultusministerium", sagt Hafner, "dass wir die Klassen auffüllen müssen". Würden sie fünf kleiner Klassen zusammenstellen, würde das Kultusministerium die dafür notwendigen Lehrerstunden nicht genehmigen. Man müsste die Lehrer für eine zusätzliche fünfte Klasse in eigener Verantwortung - jede Schule hat ein kleines Kontingent zu freien Verfügung - aus anderen Bereichen abziehen, erklärt Hafner. Am Korbinian-Aigner-Gymnasium setzte man jedoch lieber auf Intensivierungsunterricht in der Mittelstufe, zum Beispiel eine zusätzliche Mathematik-Stunde in kleineren Gruppen in der achten Klasse - "weil alle in Mathe Abitur machen müssen", sagt Hafner.

Erstmals seit Jahren wird es am Korbinian-Aigner-Gymnasium keine Eingangsklasse mit Latein als erster Fremdsprache geben. Dieses Angebot war bislang "ein Alleinstellungsmerkmal von uns", sagt Haffner mit großem Bedauern. Doch es gab zu wenig Interesse bei den neuen Fünftklässlern, so dass nun alle mit Englisch beginnen werden. 22 neue Schülerinnen und Schüler haben den musischen Zweig am Korbinian-Aigner-Gymnasium mit Musik als Hauptfach gewählt. Eine reine musische Klasse lässt sich so aber nicht bilden. Die Klasse wird mit einem Dutzend weiterer Schüler aufgefüllt, die später den neusprachlichen oder naturwissenschaftlichen Zweig wählen werden.

Am Gymnasium Dorfen sind die Anmeldungen ebenfalls deutlich, von 140 auf 112 neue Fünftklässler zurückgegangen. So wenige Anfänger gab es in Dorfen seit 25 Jahren nicht mehr. "Auch ich habe zuerst gestutzt", sagt Direktor Gerhard Motschmann. Trotz der relativ geringen Zahl und obwohl es 22 Kinder weniger als am Korbinian-Aigner-Gymnasium sind, wird es in Dorfen erneut fünf Eingangsklassen geben. Der Grund: In Dorfen liegen im Gegensatz zum Anne-Frank-Gymnasium genügend Anmeldungen für eine Ganztagsklasse vor.

Nach den Daten des bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung ist damit zu rechnen, dass sich die Zahl der Fünftklässler an den drei Gymnasien im Landkreis in den kommenden Jahren in etwa auf dem Niveau der diesjährigen Anmeldungen einpendeln wird. Die kommenden zehn Schülerjahrgänge im Landkreis sind in etwa gleich stark.

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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