Persönliche Entscheidung:Gewinn durch Verzicht

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Die traditionelle Fastenzeit mit ihren strikten kirchlichen Regeln hat an Bedeutung verloren. Das Konzept einer zeitlichen beschränkten Abstinenz behält aber auch ohne religiöse Motivation Sinn und Reiz

Von Katharina Kohring und Kim MIldner, Erding

Zahlreiche Religionen und Kulturen kennen das Fasten als asketisch enthaltsame Reinigungs- und Bußeprozedur. Der völlige oder teilweise Verzicht auf Nahrungsmittel ist schon bei den alten Ägyptern belegt. Die christliche Fastenzeit vor Ostern war früher von den Kirchen viel strenger geregelt als heute. In der säkularisierten modernen Gesellschaft hält es jeder mit dem Fasten, wie er möchte. Die SZ hat mit vier Menschen gesprochen, die eine Meinung dazu haben.

Karin Leidenberger. (Foto: Stephan Goerlich)

Karin Leidenberger, Inhaberin des Biorestaurants "Karins Essen für Leib und Seele": "Ich faste nicht. Was daran liegt, dass ich als Köchin permanent Gerichte abschmecken muss, damit die Gäste etwas Gutes auf den Tisch gestellt bekommen. Also gestaltet sich das mit dem Fasten für mich eher schwierig. Generell bin ich dem Fasten aber nicht abgeneigt. Es kann durchaus nützlich sein, für sich einmal zu üben, Einhalt zu gebieten, sich zu beschränken und bewusst auf etwas zu verzichten. Ich habe auch einmal eine Zeitlang ein Heilfasten vollzogen. Dass wir uns in der Fastenzeit befinden, merke ich auch bei mir im Restaurant. Seit Aschermittwoch haben wir eine besonders hohe Nachfrage an sogenannten Low-Carb-Gerichten, also Gerichte mit einem besonders niedrigen Gehalt an Kohlehydraten. Wir bieten auch mehr vegetarische Speisen an als sonst, denn viele Menschen fasten Fleisch. Beliebt sind Gemüsecurrys, persische Gerichte, aber auch ganz klassisch Spinat, Kartoffeln und Spiegelei. Wenn man fastet, sollte man vor allem auf Dinge verzichten, die unser Körper sowieso nicht braucht, wie beispielsweise Süßigkeiten und Alkohol. Das Wichtigste ist immer, genügend Wasser zu trinken. Die Flüssigkeitszufuhr muss ausreichend sein, damit es uns gut geht. Wasser ist so ein Nahrungsmittel, auf das wir auf keinen Fall in der Fastenzeit verzichten sollten."

Martin Garmaier, Pfarrverbandsleiter des Pfarrverbandes Erding-Langengeisling: "Ich faste dieses Jahr nicht im herkömmlichen Sinne. Ich würde eher sagen, dass ich mich bewusster als sonst ernähre, also mehr darauf schaue, was ich esse. Ich esse nicht unnötig viel Schokolade oder trinke nicht viel Wein, wenn es nicht sein muss. Einmal habe ich Süßigkeiten gefastet, das hat gut funktioniert, ich habe bis Ostern durchgehalten. Normalerweise sagt man, dass die Fastenzeit 40 Tage geht, aber so ganz stimmt das nicht. Im Regelfall nach dem christlichen Glauben geht die Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern, das sind mehr als 40 Tage. Allerdings wird der Sonntag immer von der Fastenzeit abgezogen, denn das ist ja ein Feiertag, der Tag, an dem Jesus auferstanden ist. An dem Tag darf man eine kleine Pause vom Fasten machen. Ich finde die Idee des Fastens sehr gut. Man kann sich für sich Zeit nehmen und bewusst auf etwas verzichten. Erst durch den Verzicht weiß man die Dinge wieder zu schätzen. Das Fasten hat ja auch seinen Ursprung darin, selbstverständliche Dinge wieder mehr zu schätzen und zu genießen. Beispielsweise esse ich auch nicht jeden Tag Schweinebraten, das wäre ja dann nichts mehr Besonderes. Das Fasten ist aber ganz bestimmt nicht dafür da, beim lieben Herrgott Pluspunkte zu sammeln."

Janine Krzizok, Kreisvorsitzende der Frauenunion und CSU-Stadträtin in Erding: "Ich faste nicht, da es zurzeit kein Laster gibt, auf das ich zwingend verzichten müsste. Wenn es etwas gäbe, worauf ich fasten müsste, dann wären es definitiv die Süßigkeiten. Allgemein würde ich davon gerne weniger essen, doch das ist gar nicht so einfach. Ich habe schon einmal gefastet. Vor etwa 15 Jahren habe ich versucht, aufs Internet zu verzichten. Das hat aber leider nicht besonders gut geklappt. Mir hat dafür wahrscheinlich das nötige Durchhaltevermögen gefehlt. Fasten geht zwar auf einen religiösen Ritus zurück, hat für mich aber nicht zwingend etwas mit der Religion an sich zu tun. Beim Fasten geht es meiner Meinung nach vielmehr darum, seine eigenen Abhängigkeiten zu hinterfragen und zu versuchen, diese in den Griff zu bekommen und dagegen anzukämpfen."

Cvetan Taskov, Chefarzt für plastische und ästhetische Chirurgie am Klinikum Erding: "Ich faste nicht, achte aber auf eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung. Seit längerer Zeit ernähre ich mich nach einem sportadaptiven Ernährungsplan, um mein Gewicht zu reduzieren. Der schließt allerdings das Fasten aus. Wichtig ist, zwischen Fasten und Diät zu unterscheiden. Beim Fasten wird auf gewisse Dinge komplett verzichtet. Bei einer Diät hingegen steht das Abnehmen im Vordergrund, was in der Regel durch eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung und Sport erreicht wird. Denn um Gewicht zu reduzieren, reicht Hungern allein nicht aus. Der komplette Verzicht auf Lebensmittel wie beim Heilfasten ist für einen kurzen Zeitraum okay, macht aber wenig Sinn, wenn man das Gewicht reduzieren möchte, denn dadurch verliert der Körper eher an Muskelmasse. Viele meiner Patienten möchten ihr Gewicht reduzieren. In solchen Fällen beraten wir sie bezüglich gesunder Ernährung und Ernährungsplänen und verweisen an Ernährungsberater. Wenn trotz Ernährungsumstellung und Sport gewisse hartnäckige Fettdepots bestehen bleiben, zum Beispiel bei Frauen Reiterhosen oder bei Männern die Flanken, könnte auf Wunsch auch eine Fettabsaugungen oder Coolsculpting durchgeführt werden. Das ist die modernste Methode zur Reduktion von lokalisierten Fettdepots ohne Operation, ohne Narkose und ohne längere Ausfallzeiten. Sie wird auch bei uns am Klinikum durchgeführt."

© SZ vom 24.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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