Pandemie in Erding:Maßgeblicher Unterschied

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Das Landratsamt gibt seit dem bisherigen Corona-Höhepunkt im Landkreis die niedrigere Sieben-Tage-Inzidenz des RKI an

Von Florian Tempel, Erding

Wer aufmerksam die Coronazahlen mitverfolgt hat, dem dürfte es aufgefallen sein: Vor einer Woche, als die Pandemie im Landkreis Erding auf ihren bisherigen Höhepunkt zusteuerte, gab es eine plötzliche und nicht näher erklärte Änderung. Das Landratsamt war dazu übergegangen, nicht mehr die selbst berechnete Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen zu veröffentlichen, sondern die Zahl vom Robert-Koch-Institut (RKI) zu übernehmen. Der Inzidenz-Wert "nach offiziellen Angaben des RKI" war erheblich niedriger, als er nach den eigenen Zahlen sein durfte. Grund für den Unterschied sind offenbar Verzögerung bei der Datenübertragung zum RKI. Das Umschwenken auf die RKI-Zahl erfolgte, weil nur diese für Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie maßgeblich ist.

Am Freitag, 11. Dezember, hätte die Sieben-Tage-Inzidenz laut den Zahlen des Landratsamts eigentlich 357,5 betragen. Stattdessen wurde aber der Inzidenz-Wert des RKI von 282,2 angegeben. Die nächsten Zahlen gab es am Montag dieser Woche. Über das Wochenende waren 214 Neuinfektionen dazugekommen. Nach den Zahlen des Landratsamts hätte die Sieben-Tage-Inzidenz für den Landkreis Erding eigentlich 445,8 betragen. Man kann den Wert anhand der Rohdaten aus dem Landratsamt selbst errechnen. Stattdessen wurde jedoch ein Inzidenz-Wert von 311,9 veröffentlicht, so wie ihn das RKI an jenem Tag angegeben hatte. Am Dienstag wurde der offizielle RKI-Wert von 309,0 vom Landratsamt mitgeteilt, nach der Fortschreibung der früheren Landratsamt-Rechnung wäre es ein Wert von 403,8 gewesen. Am Mittwoch war die Abweichung der verschiedenen Werte mit 388,6 zu 353,2 etwas geringer, am Donnerstag mit 371,9 zu 327,1 wieder größer.

Das Landratsamt erklärt die permanente Differenz so: "Die Daten, die das Landratsamt meldet, sind tagesaktuell, während es bei Übertragungen bis ans RKI zu Verzögerungen von Tagen kommen kann." Die Erfassung im Erdinger Gesundheitsamt laufe so: "Die positiven Befunde werden von verschiedenen Laboren und teilweise auch Hausärzten dem Gesundheitsamt gemeldet, das Gesundheitsamt gibt die positiven Befunde während der Dienstzeiten laufend in eine Datenbank ein, die die Zahlen direkt an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) übermittelt. Das LGL wiederum übermittelt die Daten ans RKI." Dabei entstehe ein Zeitverzug. Aktuell waren an diesem Donnerstag dem Landratsamt 119 Fälle mehr bekannt als dem RKI.

Warum aber wurde erst nach vielen Pandemie-Monaten auf die RKI-Werte umgestellt? Dazu heißt es: "Am 11. Dezember wurde in der Führungsgruppe Katastrophenschutz beschlossen, zukünftig den Sieben-Tages-Inzidenzwert des RKI zu veröffentlichen, da dieser im Hinblick auf die in der jeweils gültigen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung geltenden Beschränkungen rechtlich bindend ist." Konkret ging es darum, wann die Marke von 300 überschritten wurde. Warum nicht schon vorher der maßgebliche RKI-Wert als maßgeblich angesehen wurde - beim Überschreiten der 50-, 100- und 200-Marke - erklärt diese Erklärung nicht. Ein Unterschied ist jedoch, dass erst seit Mittwoch, 9. Dezember, wieder die Führungsgruppe Katastrophenschutz täglich zusammenkommt.

Nach der neuesten Meldung aus dem Landratsamt sind von Mittwoch auf Donnerstag 54 neue Corona-Infektionen im Landkreis dazu gekommen. In Erding waren es 17 Fälle, in Taufkirchen 14, in Dorfen fünf und in Wartenberg vier. Dazu kommen Einzelfälle in Bockhorn, Buch, Fraunberg, Inning, Isen, Langenpreising, Lengdorf, Moosinning, Ottenhofen, Pastetten, Steinkirchen und Wörth. Damit gelten derzeit 798 Personen als infiziert. Die Zahl der Verstorbenen ist nach einem weiteren Todesfall auf 30 gestiegen. Im Klinikum Erding werden derzeit 44 Covid-19-Patienten behandelt, fünf davon auf der Intensivstation, von denen drei beatmet werden. Allgemein sei "in allen Bereichen eine leichte Entspannung der Situation zu verzeichnen." Es werde aber überlegt, Gottesdiensten im Freien auf 200 Personen zu beschränken, ein generelles Versammlungsverbot zu erlassen und das Abbrennen von Feuerwerkskörpern im gesamten Landkreis zu verbieten.

© SZ vom 18.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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