Öffentlicher Nahverkehr:Intelligente Busse

Lesezeit: 2 min

Ein 14-jähriger Schüler ist am Samstagabend in Moosinning von einem Auto erfasst und schwer verletzt worden, als er aus einem Bus ausgestiegen ist (Symbolbild). (Foto: Stephan Goerlich)

Wie viele Personen das MVV-Angebot im Landkreis nutzen, wurde bislang manuell ermittelt. Damit ist bald Schluss. Der Kreistag hat die Einführung eines automatischen Zählsystems beschlossen

Von Thomas Daller, Erding

Der Landkreis will im MVV-Busverkehr ein automatisches Fahrgastzählsystem einsetzen. Damit soll die Fahrgastauslastung der Buslinien in Echtzeit bewertet werden können. Dadurch könnten beispielsweise überfüllte Busse mit Verstärkerfahrten verhindert werden. Bislang wurde nur alle zwei Jahre an zwei Stichtagen von Hand gezählt. Somit entstand aber nur ein ungenaues Bild. Der Kreistag hat die Anschaffung des Fahrgastzählsystems einstimmig beschlossen. In den kommenden Jahren zehn Jahren wird mit Kosten in Höhe von 500 000 Euro gerechnet, dafür entfallen aber die Kosten der manuellen Zählungen.

Die manuellen Zählungen bilden Entwicklungen nur sehr träge ab. So hat man vor etwa sechs Jahren die Busverbindung zwischen Dorfen und Erding verschlankt, weil sie von zu wenigen Fahrgästen genutzt wurde. Zwei Linien wurden zusammen gelegt, wodurch sich die Fahrzeit fast verdoppelte und statt des bisherigen Linienbusses fuhr häufig nur noch ein kleinerer Midi-Bus. Dann kamen viele Flüchtlinge ins Land und auch in den Landkreis Erding. Diejenigen, die in Dorfen unterkamen, mussten häufig zu Behördenfahrten nach Erding und die Busse waren von da an voll, in den Gängen stapelten sich die Kinderwägen. Mit einem automatischen Fahrgastzählsystem hatte man schneller auf solche Entwicklungen reagieren können.

Auch umgekehrt wäre es hilfreich: Denn der Landkreis stuft Buslinien auch wieder herunter, wenn sie auf Dauer von weniger als sechs Fahrgästen genutzt werden. Stattdessen kommen dann oftmals Anruflinientaxis mit Kleinbussen zum Einsatz, die weniger kosten.

Denn der Kostenfaktor ist nicht zu unterschätzen: Seit 2003 hat man die Kosten für den Busverkehr auf 2,72 Millionen Euro jährlich verdoppelt und die Zahl der Nutzwagenkilometer auf das eineinhalbfache gesteigert. Die Zahl der Fahrgäste ist dabei jedoch ziemlich konstant geblieben. Weil die Zahl der Landkreisbürger in diesem Zeitraum um rund 13 000 Bürger gewachsen ist, sind die Fahrgastzahlen im Verhältnis zur Bevölkerung sogar zurück gegangen. Die finanziellen Verluste sind vor allem auf den kleinen Linien hoch.

Im Landkreis Erding dominiert der Autoverkehr. Der Kfz-Bestand pro Haushalt liegt mit 1,6 Fahrzeugen deutlich über dem Durchschnitt von 1,4 aller Landkreise, die über den MVV angebunden sind. Der ÖPNV-Anteil liegt im Landkreis Erding mit acht Prozent an allen Wegen unter dem Durchschnitt der MVV-Landkreise, der elf Prozent beträgt. Aber der MVV holt auf: 2008 lag der Anteil noch bei sechs Prozent im Landkreis Erding. Dennoch: Knapp 50 Prozent nutzen den ÖPNV nie oder fast nie. Immerhin 17 Prozent der Landkreisbürger nutzen den öffentlichen Verkehr täglich oder zumindest ein- bis dreimal pro Woche.

Vor diesem Hintergrund waren alle Mitglieder des Kreistags für die Einführung des automatischen Fahrgastzählsystems. Ohnehin haben sich alle Mitgliedslandkreise des MVV bis dato für eine Einführung dieses Systems in ihren jeweiligen Landkreisen ausgesprochen. Eine Abstimmung auf Verwaltungsebene mit der Großen Kreisstadt Erding hat zudem ergeben, dass diese für die innerstädtischen MVV-Buslinien dies ebenfalls beabsichtigt.

Zwei Fragen kamen aus dem Gremium: Ulla Diekmann (SPD) erkundigte sich, ob auch die vielen Privatlinien im Landkreis dieses System übernehmen. "Das können wir nur innerhalb des MVV machen", sagte Landrat Martin Bayerstorfer (CSU). "Auf Private haben wir keinen Einfluss." Und Georg Els (FW) wollte wissen, ob nur an den Endhaltestellen gezählt werde, oder an den einzelnen Bushaltestellen. "Bei jedem Ein- und Aussteigen", sagte Landrat Bayerstorfer. Oftmals seien nur kurze Streckenabschnitte überfüllt und auch das werde dadurch transparenter und erspare intensive Befragungen.

Die Investitionskosten belaufen sich in 2021 auf rund 63 000 Euro netto. Zwischen 2022 und 2031 variieren die Kosten zwischen 12 000 Euro und maximal 98 000 Euro netto pro Jahr. Die Kosten sind abhängig vom Ausrüstungszeitpunkt und der Anzahl der Fahrzeuge. Die laufenden Kosten summieren sich in 2021 auf rund 9000 Euro netto und steigern sich bis 2027 auf rund 54 000 Euro netto pro Jahr.

© SZ vom 15.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: