Neues Projekt:Äpfel und Kirschen

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Der Kreisverband für Gartenbau will die Streuobstwiesen im Landkreis zählen und kartieren. Denn es gibt immer weniger von diesen ökologisch wertvollen, aber pflegeaufwendigen Flächen

Von Laura Dessena, Erding

Streuobstwiesen bieten wertvollen Lebensraum und Nahrung für Insekten und Tiere aller Art, doch der Pflegeaufwand ist beträchtlich. Oft stehen die Bäume so nah beieinander, dass weder der Baumschnitt noch das Mähen maschinell erledigt werden kann, Handarbeit ist gefragt. Der Kreisverband für Gartenbau und Landespflege macht sich auch aus diesem Grund Sorgen, dass der Bestand an Streuobstwiesen zurückgeht. Jetzt hat der Verband ein Projekt angestoßen, mit dem die Streuobstwiesen im Landkreis gezählt und kartiert werden können. Das soll Klarheit schaffen.

Brigitte Murla, die Vorsitzende des Kreisverbandes für Gartenbau und Landespflege Erding, vermutet, dass die Streuobstwiesen immer weniger werden. Die Verantwortung für etliche Wiesen liege bei Vereinen, für einzelne Personen ist der Pflegeaufwand einfach zu hoch. Die Flächen müssen gemäht und die Bäume müssen geschnitten werden, und das ließe sich nur selten mit Maschinen machen, sagt Murla. Mit einem Traktor komme man zwischen den Bäumen nicht durch. Zudem wirft eine Streuobstwiese eine große Menge Obst ab, das geerntet und verarbeitet werden muss; zu viel Arbeit für einen Einzelnen, wie Murla erklärt. Vereine sind da besser aufgestellt, ihre Mitglieder können das Obst ernten und verarbeiten. Äpfel werden gerne zu Apfelsaft verarbeitet. Aus Kirschen wird - wie auch aus Äpfeln - Essig zubereitet, aber auch Kirsch- oder Apfelschnaps werden hergestellt.

Oft stehen die Bäume so nah beieinander, dass weder der Baumschnitt noch das Mähen maschinell erledigt werden kann. (Foto: privat)

Von Streuobstwiesen profitieren nicht nur Menschen, sondern auch Insekten und die Umwelt. Die Wiesen stellen laut dem Bund Naturschutz in Bayern eine umweltverträgliche Bewirtschaftungsmethode dar, weil chemische Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger kaum zum Einsatz kämen. Wo auf Spritzmittel verzichtet wird, entstehe wertvoller Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Mäuse, Igel, Hasen, Rehe und Vögel und andere Tiere fressen das Fallobst. Totholzbewohnende Insekten finden in morschen Stellen im Holz ihre Heimat. Sie sind selten geworden und gelten als besonders wertvoll. Blattwerk und Blüten stellen für zahlreiche weitere Insekten eine Nahrungsquelle und einen Lebensraum dar.

Weil die Wiese rund um die Bäume selten gemäht wird, wachsen dort Pflanzen wie Glockenblumen, Hornklee und Margeriten. Nicht nur die Obstbäume, sondern auch diese Kräuter und Pflanzen bieten laut Maik Ortscheid, dem Vorsitzenden des Imkerkreisverbandes Erding, eine Vielfalt an Nektar und Pollen, die für die Bienen und auch generell für den Artenreichtum sehr wichtig ist.

Anton Hartshauser ist Vorsitzender des Gartenbau und Verschönerungsvereins Notzing und selbst wie andere Vereinsmitglieder Pate eines Baumes auf der Streuobstwiese Notzing in Oberding. Die Wiese sei damals für null Euro vom Bayernwerk gepachtet worden. "Die sind froh, dass sich einer kümmert", sagt Hartshauser. "Das ist praktisch eine Win-win-Geschichte." Jeder Pate sei selbst für die Ernte und Verarbeitung der Äpfel auf der circa hundert Quadratmeter großen Wiese verantwortlich. Im vergangenen Jahr wurden Pflanzen angesät, die unter den Bäumen wachsen konnten. "Das hat heuer schon sehr schön geblüht", sagt Hartshauser.

Streuobstwiesen liefern nicht nur den Rohstoff für Apfelsaft, sondern sind auch ein wertvoller Lebensraum. (Foto: Renate Schmidt)

Jedes Jahr gibt es einen Baumschneidekurs, zu dem auch Leute außerhalb des Vereins eingeladen sind. Mit einem Wegkreuz, das von zwei großen Eichen eingerahmt ist, biete die Wiese zudem einen schönen Platz zur Erholung für Spaziergänger. Hartshauser sagt, er fände es schön, wenn es mehr solcher Streuobstwiesen geben würde, weil es der Natur so viel Gutes bringt.

Im Herbst will der Kreisverband nun sein Projekt der Kartierung von Streuobstwiesen in Angriff nehmen. Der Kreisfachberater für Gartenkultur und Landschaftspflege am Landratsamt Erding, Michael Klinger, der Geschäftsführer des Kreisverbandes, August Groh, und die Vorsitzende Brigitte Murla haben bereits über die Zählung beraten. Die Aufgabe wird demnach an die Vereine weitergegeben, die Antworten über den Bestand der Streuobstwiesen in ihrem Gebiet liefern sollen. Sie sollen die Wiesen nicht nur zählen, sondern auch notieren, wo es welche Gehölze gibt und wo zum Beispiel der Korbiniansapfel vorkommt. Das Projekt steht erst am Anfang, Daten sind daher laut Brigitte Murla noch nicht verfügbar. "Da gibt es noch keine Aufstellungen." Die Zählung sei auch etwas schwierig, weil nicht alle Streuobstwiesen von Vereinen gehalten werden.

© SZ vom 28.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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