Verschwundene Prachtbauten:Ein Schloss als Statusobjekt

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Der Kaufmann Georg Gugler zahlte 1665 in München die meisten Steuern. Als er geadelt wurde, kauft er sich Zeilhofen. Heute ist das Gebäude verschwunden - kein Einzelschicksal im Landkreis.

Von Florian Tempel

Es gibt eine alte Ansicht von Zeilhofen, die lässt den Betrachter staunen: Ein Kupferstich von Michael Wening, etwa im Jahr 1700 angefertigt. Er zeigt ein dreistöckiges Schloss mit Zwiebeltürmchen und einem steilen, hohen Dach mit weiteren drei Türmchen. Das Schloss steht in einem künstlichen Teich, es ist ein Wasserschloss, tatsächlich nur mit einer Zugbrücke als Zugang. Noch verblüffender als das Schloss ist der große Barockgarten daneben. Eine prächtige Anlage, die an den Münchner Hofgarten erinnert. Mitten drin steht ein achteckiger Pavillon. Aus sechs Springbrunnen steigen Fontänen auf. Man erkennt, dass in eingefassten Gartenanlagen Skulpturen stehen und kleine Bäumchen in Kübeln aufgestellt sind, vielleicht Zitronen- oder Pomeranzenbäumchen. Man sieht die Wirtschaftsgebäude des Schlosses, eine große Kirche am Hang und im Hintergrund zwei kleinere Häuser. Vorne links steht etwas abseits eine Art Karussell. Ein Ringelspiel, bei dem man auf einem Sitz oder einem Holzpferd sitzend mit einer Lanze in einen zwischen zwei Pfosten aufgehängten Ring stechen soll.

Nur noch die Kirche steht

Wer heute nach Zeilhofen fährt, sieht von dem Schloss, dem Garten und all dem nichts mehr. Die Kirche steht noch, es gibt ein stillgelegte Wirtshaus und ein paar Dutzend Wohnhäuser. Zeilhofen ist ein hübsches kleines Dorf - doch von der Pracht vergangener Zeiten ist nichts mehr da. Das gilt auch für andere Schlösser und Adelssitze im Landkreis Erding, die auf Kupferstichen von Michael Wening festgehalten sind, von denen heute aber nichts mehr oder wenig übrig ist. Die Erdinger SZ wird einige vorstellen. Die Platten der Kupferstiche sind gut verwahrt im Besitz des Landesamts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, bei dem man Reproduktionen aller 846 Stiche von Michael Wening erwerben kann.

Erst vor wenigen Wochen hat der Historische Kreis Dorfen eine Ausstellung zur Geschichte Zeilhofens zusammengestellt. Der Heimatforscher Franz Streibl hat alles, was man zu dem kleinen Außenort wissen kann, aufgeschrieben. In der fast 200 Seiten starken Festschrift liest man von adligen Geschlechtern und Familien, die als Herren und Frauen von Zeilhofen in alten Urkunden Erwähnung finden. Doch wie ist es mit dem Schloss?

Ein fast schon großspuriger Garten

Der erste Schloss in Zeilhofen wurde um 1420 gebaut. Rund 200 Jahre später wird es vom letzten Spross aus dem Geschlecht der Zeilhofener durch einen größeren Bau ersetzt. Somit dürfte das Gebäude, das man auf dem Wening-Stich sieht, wohl dieses etwa 1620 errichtete Schloss sein. Ob es damals aber auch schon einen so tollen Garten gehabt hat, wie auf dem Kupferstich von 1700 zu sehen ist?

Leisten konnte sich einen solche prächtigen, mondänen, fast schon großspurigen Garten sicher der Schlossherr, der es von 1664 an besaß: der aus Südtirol stammende Münchner Kaufmann Georg Gugler. Er war offensichtlich einer der reichsten Kaufleute Münchens. Die Steuerliste des Jahres 1665 weist ihn als den Münchner Bürgern aus, der in diesem Jahr die meisten Steuern zahlte. Seine Geschäfte müssen blendend gelaufen sein. Georg Gugler gehörte, wie Franz Streibl schreibt, auch vielen Jahre dem Innern Rat der Stadt an und wurde von Kaiser Ferdinand III geadelt. Als Adliger brauchte er, das ist klar, ein Schloss. Und als Zeilhofen zu erwerben war, griff er zu. Gugler zeigte sich dankbar für sein Lebensglück und stiftet sogleich den Bau einer Kirche. Die dem Heiligen Antonius geweihte Zeilhofener Kirche steht nach wie vor und ist in diesem Jahr 350 Jahre alt geworden.

1809 folgt der Abbruch

Warum aber ist vom Schloss nichts mehr da? Nach Georg Gugler und dessen verarmten Nachfahren gab es mehrere Besitzerwechsel, aber nicht jeder Eigentümer wohnte im Schloss, und das hat der Gebäudesubstanz nicht gut getan. Franz Streibl schreibt, dass zu der Zeit, als das Schloss dem Freisinger Bischof gehörte, teilweise nur dessen Jäger darin wohnten. Außerdem soll es einige Zeit lang auch die Schule für die Kinder der Gegend gewesen sein.

Die Säkularisation bedeutete schließlich das Aus für das Schloss und das 1716 nebenan gegründete Kloster. Als kirchlicher Besitz wurde alles vom Staat eingezogen. Die ersten Versuche, Zeilhofen zu versteigern, klappten nicht. 1807 gab es dann ein Tauschgeschäft. Der Baron Widnmann gab sein Erdinger Palais, wo heute unter anderen die Süddeutsche Zeitung ihre Lokalredaktion hat, für Zeilhofen her. Die Erben des Barons verkauften nach und nach alles. Das als überflüssig erachtete Schloss wurde 1809 abgebrochen und wohl als Second Hand-Baustoffe recycelt.

© SZ vom 13.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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