Nester in Giebeln und Rolladenkästen:Wespenplage im Landkreis Erding

Lesezeit: 3 min

Der Duft von süßem Gebäck oder süßen Getränken lockt Wespen an. Schädlinge sind die Tiere deshalb aber nicht. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Kammerjäger kommen kaum hinterher, auch die Fälle von allergischen Schocks nach Stichen häufen sich.

Von Thomas Jordan, Erding

Das warme und trockene Wetter hat im Landkreis Erding zu einer Wespen-Plage geführt. Der Erdinger Kammerjäger Klaus Zink spricht von 50 Prozent mehr Wespenfällen in diesem Jahr. Auch in der Notaufnahme des Klinikums Erding werden Patienten häufiger als sonst mit allergischen Reaktionen nach Wespenstichen eingeliefert. Den Experten aus dem Landkreis fällt dabei auf: Viele Menschen wissen immer weniger über den richtigen Umgang mit dem geflügelten Insekt Bescheid.

Klaus Zink klingt gehetzt, eigentlich hat er jetzt überhaupt keine Zeit, zu telefonieren. Er muss gerade ständig raus in die Häuser und Wohnungen im Landkreis, Wespennester in Dachgiebeln oder Rollladen-Kästen entfernen. Seit mehr als zwanzig Jahren arbeitet Zink als Kammerjäger in Erding, aber dieses Jahr ist es besonders schlimm: "Die Leute haben ziemlich Panik", sagt der Kammerjäger. Ständig bekomme er Anrufe, gerade Kinder und ältere Menschen seien oftmals verunsichert, wie sie mit den Insekten umgehen sollen. Dabei störten Wespennester, die weit weg vom Haus sind, oft gar nicht. "Nur im Rollo-Kasten oder in Wandritzen muss man sie abtöten, da hilft alles nichts", sagt der Kammerjäger Zink.

Dass man Wespennester entfernt, die unmittelbar an Türen oder Fenstern hängen, dafür hat auch Manfred Drobny Verständnis. Der Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz erhält zur Zeit viele Anrufe von Menschen, die fragen, was sie gegen die Wespen tun können, ohne die Tiere gleich zu töten. Oftmals kann Drobny dann die Angst vor einer Massen-Invasion der Insekten nehmen. Denn nur die allerwenigsten Wespen, die im Sommer umherschwirren, gehören zu einem Nest. "Von 100 Wespenarten sind nur ganz wenige Staaten bildend", sagt der ausgebildete Zoologe Drobny. Die allermeisten leben solitär. Eine Wespe im Garten macht also noch lange kein Nest. Und auch von den Staaten bildenden Wespen interessieren sich nur die wenigsten für den Menschen. "Es gibt nur ein, zwei Arten, die lästig werden können", sagt Drobny. Sollte man doch einmal einer dieser beiden Arten, der Deutschen oder der Gemeinen Wespe begegnen, rät der Zoologe dazu, sich ruhig zu verhalten. "Wenn man panisch um sich schlägt, dann neigen die Tiere dazu, sich zu verteidigen". Ansonsten empfiehlt Drobny, Speisen und Getränke im Freien gut abzudecken. Denn die Insekten fliegen auf Süßes, Radler und Limo aber auch Fleischreste sind bei den Wespen begehrt. Der Grund dafür, dass es dieses Jahr so viele Wespen gibt, liegt laut Drobny an den hohen Temperaturen. Denn je heißer und trockener ein Sommer ist, umso weniger Verluste gibt es bei der Wespenbrut. "Wenn es sehr nass ist, können die Wespen weniger ausfliegen, und die Brut kann verhungern", sagt Drobny. Auch komme es in nassen Sommern häufiger zu Pilzbefall, der die Wespenbrut dezimiert. Dieses Jahr waren die Brutbedingungen für die Insekten dagegen ausgezeichnet.

Auch dem Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz fällt auf, dass viele Menschen die ihn anrufen, nur noch wenig über die schwarz-gelben Flügelinsekten wissen. "Mein Eindruck ist, dass die Leute ängstlicher geworden sind und weniger Bescheid wissen." Denn Wespen erfüllen im Öko-System wichtige Funktionen. Als Schädlingsvertilger machen sie Jagd auf Blattläuse und auch als Bestäuber sind die Insekten "nicht unbedeutend", so Drobny. Dass im Sommer die Blumen blühen, dafür sorgen auch die Wespen.

Wer gerade von einer Wespe gestochen wurde, hat für die ökologischen Qualitäten der schwarz-gelben Brummer vermutlich trotzdem wenig Verständnis. Zumindest ist aber die Versorgung mit Medikamenten gegen allergische Schocks nach Wespenstichen im Landkreis Erding gesichert. "Am Klinikum Erding herrscht derzeit kein Mangel an Antiallergika", sagt Daniela Fritzen vom Landratsamt. Außerdem dürfen, so das Amt, "Wespennester, so lange es keine geschützten Arten sind, ohne vorherige Genehmigung entfernt werden." Das Landratsamt empfiehlt allerdings, dies nicht selbst zu tun, sondern einen Schädlingsbekämpfer hinzuzuziehen. Gegen die Wespen-Invasion im Landkreis würde es aber auch schon helfen, wenn die Temperaturen wieder kühler werden. "Viele wissen nicht, dass die Wespenstaaten mit den ersten Frösten im Herbst absterben", sagt Manfred Drobny. Etwa Ende September könne man dann laut Drobny die leeren Wespennester gefahrlos beseitigen.

© SZ vom 14.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: