Nachwuchsmangel:Ein Beruf kämpft mit seinem schlechten Image

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Ein Leben lang auf der Straße - davon träumen heute immer weniger Menschen. Die Speditionen sorgen sich um den Nachwuchs. (Foto: Marco Einfeldt)

Auch im Landkreis Erding gibt es bald zu wenig Fernfahrer. Noch kommen die Speditionen über die Runden

Von Regina Bluhme, Erding

Es gibt mittlerweile mehrere Studien, und sie alle belegen: Fernfahrer sind in Deutschland Mangelware. Die Spediteuren im Landkreis kommen, wie sie sagen, trotz dünner Personaldecke über die Runden. Nur krank werden dürfe keiner, und beim Blick in die Zukunft wird es manchem schon ein wenig bang. In den nächsten Jahren werden viele altgediente Mitarbeiter in Rente gehen, doch von den Jugendlichen will kaum jemand Kraftfahrer werden. Der Beruf hat ein Imageproblem.

Josef Bachmaier, Inhaber des gleichnamigen Speditionsunternehmens in Taufkirchen, ärgert sich jedes Mal, wenn im Fernsehen in einer Dokusoap ein Fernfahrer auftaucht. Zu sehen sei immer das Gleiche: ein völlig übermüdeter Mann, der nach mehr als zwanzig 20 Stunden hinter dem Lenkrad in eine Polizeikontrolle gerät. "Natürlich gibt es in meiner Branche auch schwarze Schafe wie in jeder Berufssparte", erklärt Bachmaier. "Aber gerade solche Berichte tragen auch dazu bei, dass das Image des Fernfahrers nicht das beste ist", schimpft er.

Dabei sind mittlerweile die groben Ruhezeiten-Überzieher eher die Ausnahme, bestätigt Anton Hirtreiter, der als Gewerkschaftssekretär bei Verdi zuständig für den Bereich Spedition und Logistik ist. Dank strenger Kontrollen, bei denen saftige Strafen drohen, und einem digitalen Tachometer, der kaum mehr zu manipulieren sei, werden die Ruhezeiten "heute größtenteils eingehalten", so Hirtreiter. Was aber nicht heißen solle, dass bei den Vorschriften nicht noch Verbesserungsbedarf bestehe, vor allem europaweit. Der Mangel an deutschen Fahrern mache sich schon länger bemerkbar, sagt Josef Bachmaier. 30 sind in seinem Unternehmen angestellt. Er komme ganz gut über die Runden, auch deshalb, weil er immer wieder Deutsch sprechende Fahrer aus Tschechien einstelle. "Sie sind eigentlich sehr zuverlässig", berichtet Bachmaier. "Damit hatten wir bislang guten Erfolg." Wie es weitergeht, wenn in ein paar Jahren einige langjährigen Mitarbeiter in Rente gehen, könne er aber nicht sagen. "Schon seit Jahren fehlt deutscher Fahrernachwuchs."

"Es ist auf jeden Fall nicht mehr so leicht wie früher, qualifiziertes Personal zu bekommen", sagt auch Helmut Schindlbeck von der gleichnamigen Spedition in Moosinning. Derzeit komme der Betrieb aber ganz gut mit seinen 20 Fahrern zurecht. "Ich suche gerade einen neuen", berichtet er. "Nächste Woche kommen drei zum Vorstellen, da ist sicher einer dabei." Die beste Jobbörse sei immer noch die Mundpropaganda. "Der Lohn, das Auto und die Arbeitszeit - das muss passen."

Doch das schlechte Image hält sich. Zuweilen nicht ganz zu Unrecht, wie Anton Hirtreiter findet. "Viele Betriebe zahlen nicht gerade berauschend." Zudem müssten viele Auszubildende ihren Lkw-Führerschein aus eigener Tasche bezahlen. "Hier fordern wir, dass dafür die Unternehmen aufkommen sollen", sagt Hirtreiter. Im Gegenzug könnten sie mit dem Auszubildenden vereinbaren, dass er eine bestimmte Zeit beim Unternehmen bleiben müsse. "Vertraglich wäre das möglich", so Hirtreiter. Dann ist da noch das ständige Unterwegssein, "viele sind unter der Woche weg, das ist auch nicht gerade familienfördernd", so Hirtreiter. Belastbar müsse man schon sein, betont auch Josef Bachmaier. Der Verkehr werde ja auch nicht weniger. Da könne er schon verstehen, "dass einer mal die Schnauze voll hat, wenn er an der tausendsten Baustelle im Stau steht".

Letztendlich sieht Eberhard Greilmeier die Sache so: Den Spediteuren ergehe es wie den Bäckern und dem Metzgern. "Keiner will mehr im Handwerk arbeiten", sagt der Inhaber der Spedition mit Standorten in Isen und Schwindegg . "Alle wollen aufs Gymnasium." Zudem bedauert Greilmeier "dass es für den Beruf des Fernfahrers keine Anerkennung gibt". Dabei habe der Beruf durchaus interessante und anspruchsvolle Seiten, betont Bachmaier. Schließlich handelt es sich beim Berufskraftfahrer um einen dreijährigen Ausbildungsberuf. "Da gehört schon mehr dazu, als nur das Lenkrad zu drehen." Auf dem Lehrplan stehen das wirtschaftliche und umweltschonende Fahren, das richtige Sichern der Ladung und die Bedienung des Tachografen. Ebenso ist eine regelmäßige Weiterbildung vorgeschrieben.

"Es gibt wirklich schlechtere Berufe", sagt Bachmaier. Für einen, der selbständiges Arbeiten mag und gerne unterwegs sei, "könne das eine "interessante Geschichte" sein.

© SZ vom 02.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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