Nach dem Agrarbericht 2018 gibt es noch 2027 Bauernhöfe:Neuanfang im Nebenerwerb

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Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist im Landkreis leicht zurückgegangen, aber immer noch höher als in allen anderen Landkreisen im Großraum München. Einige Hoferben kehren wieder zur Landwirtschaft zurück

Von Florian Tempel, Erding

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis Erding ist laut dem Agrarbericht 2018 in den vergangenen zwei Jahren zwar weiter leicht zurückgegangen. Mit 2027 Betrieben - je zur Hälfte im Haupt- und Nebenerwerb geführt - gab es 2017 im Landkreis 32 Höfe weniger als 2015, jedoch nach wie vor deutlich mehr Bauern als in irgendeinem anderen Landkreis im Großraum München. In Ebersberg gibt es kaum halb so viele Landwirte, in Freising sind es 25 Prozent weniger und im auch sozial sehr anders strukturierten Kreis Starnberg gibt es nicht mal 400 aktive Bauern. Das sogenannte Höfesterben ist im Landkreis Erding weniger ausgeprägt als anderswo. "Die Zahl der Betriebe bei uns ist hoch", sagt Otto Roski, der Leiter des Landwirtschaftsamts Erding, "und auf hohem Niveau stabil".

Bayernweit ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von 2015 bis 2017 um 2,3 Prozent gesunken, im Landkreis Erding waren es 1,5 Prozent Schwund. Von den gut 1000 kleineren Betrieben mit einer bewirtschafteten Fläche bis 20 Hektar - das sind etwa die Hälfte aller Höfe im Landkreis - wurden in den vergangenen zwei Jahren unterm Strich aber nur sieben geschlossen. Das Minus beträgt bei den kleinen Höfen also sogar weniger als ein Prozent. Roski gibt dafür zwei Erklärungsversuche: Im Landkreis Erding haben es Nebenerwerbslandwirte womöglich deshalb leichter als anderswo, weil es hier so viele Jobangebote gibt, sodass sich zwei Berufe ganz gut vereinbaren ließen. Außerdem gebe es auch Neuanfänge, gerade im Nebenerwerb: "Man kann auch wieder anfangen", sagt Roski. Er kenne durchaus einige Beispiele, in denen Hoferben, die mehrere Jahre ihre Flächen verpachtet hatte, sich entschlossen, wieder selbst Landwirtschaft zu betreiben.

Am anderen Ende der Skala zeigt sich, dass es immer mehr große Betriebe mit mehr als 100 Hektar gibt. Die Zahl der Großbetriebe im Landkreis ist in den vergangenen zwei Jahren um zwölf Prozent auf 65 Höfe angewachsen. Diese Entwicklung entspricht dem bayernweiten Trend zu immer größeren landwirtschaftlichen Betrieben. Auf der Verliererseite stehen die Höfe mit einer mittleren Größe von 20 bis 50 Hektar. Die kritische Größe, ab der sich Landwirtschaft im Hauptberuf lohnt, verschiebt sich eindeutig nach oben.

Das zeigen auch die Daten des Agrarberichts 2018 zum Einkommen der Landwirte. Bei den Haupterwerbsbetrieben stieg der durchschnittliche Gewinn demnach um 31,7 Prozent auf gut 52 000 Euro. Die höchsten Gewinne machten jedoch Großbetriebe, die 60 und mehr Hektar bewirtschaften. Diese Betriebe kamen im Schnitt auf einen Gewinn von 70 000 Euro. Die Steigerung erklärte sich vor allem aus wieder gestiegenen Milch- und Fleischpreisen. Etwa die Hälfte der Betriebsgewinne kam jedoch aus staatlichen Zuschüssen und Prämienzahlungen.

Die Volatilität bei den Preisen für landwirtschaftliche Produkte habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen, sagt Roski. Er sieht das sehr kritisch. Die Preisbildung, zum Beispiel bei der Milch, funktioniere nicht, wie man es nach den Gesetzen der Marktwirtschaft erwarten dürfte. "Wir haben es mit einem Markt zu tun, der nicht Markt genannt werden kann." Die extremen Schwankungen machten Planungen für Landwirte entsprechend riskant.

Die Zahl der Tierhalter nimmt seit Jahren ab. Die Anzahl der Tiere hat sich dennoch kaum geändert, weil im Schnitt immer mehr Tiere auf einem Hof gehalten werden, in neuen und größeren Ställen. Doch "diejenigen, die sich zutrauen das Risiko eingehen", werden weniger, sagt Roski. Er hält es für wahrscheinlich, dass in den kommenden Jahren so viel Landwirte die Tierhaltung aufgeben werden, dass auch die Zahl der Tiere spürbar abnehmen wird. Roski denkt, dass die "gesellschaftliche Diskussion" über die Art der Tierhaltung und die unvermeidliche Gülle junge Landwirte abschreckt. Bislang hätten nur wenige im Landkreis ganz auf Ackerbau gesetzt. Es brauche eine gewisse Größe, damit sich das rentiere, sagt der Leiter des Landwirtschaftsamts Erding. Doch das ist ja die Tendenz: Die landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis Erding werden ja immer größer.

© SZ vom 20.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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