Mitten in Wartenberg:Typologie der Eltern

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Von Helikopter-Eltern hat man oft schon gehört. Fachleute unterscheiden sogar nach Arten von Hubschraubereinsätzen

Kolumne von Gerhard Wilhelm

Kinder gelten als unser höchstes Gut. Das dürfte wohl jeder unterschreiben. Dass sie geschützt werden müssen, ist auch konsensfähig. Doch spätestens beim Maß des Schutzes scheiden sich die Geister. Es gibt Eltern, die sagen ihren Kindern "mach mal", und die auf frühe Selbständigkeit ihres Nachwuchses setzen - wenn auch manchmal vielleicht auf zu viel -, und es gibt sogenannte Helikopter-Eltern.

Was war das für eine Ruhe in den Sommerferien an den Schulen. Und damit ist nicht das Fehlen der Schüler und Lehrer gemeint, nein, es fehlten die Autos der Eltern vor Schulbeginn und am Schulschluss. Helikopter-Eltern meinen es eigentlich nur gut, sie versuchen, in jeder Situation nur "das Beste" für ihre Kinder zu tun. Und wie macht man das? Indem man versucht, ihr Leben bis ins kleinste Detail zu kontrollieren. Mittlerweile gibt es sogar einige Bücher, die die absurdesten Auswüchse schildern. Dass manche Mütter oder Väter ihre Zöglinge am liebsten direkt vor der Schultüre absetzen, damit der gefährliche Schulweg möglichst kurz ist, ist nur ein Aspekt.

Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, hat sogar eine Typologie dieser Eltern herausgefunden: Er unterscheidet zwischen Transport-, Rettungs- und Kampfhubschraubern. Die Transporthubschrauber sind die "Mama"- oder "Papa"-Taxis, die ihre Kinder überallhin chauffieren, die Rettungsflieger liefern auch in der anderen Zeit flugs das vergessene Pausenbrot nach und Kampfhubschrauber-Eltern sind die aktivsten: Sie kämpfen gegen alles, was ihrer Meinung nach den Erfolg ihres Kindes gefährdet. Beispiel gefällig aus dem Buch "Ich muss mit auf Klassenfahrt - meine Tochter kann sonst nicht schlafen!": Eine Mutter wollte, dass der Stundenplan umgeschrieben wird. Der Grund: Ihr Sohn sei montags so unmotiviert. Sie meinte, dass sich das Problem lösen ließe, wenn montags Fächer unterrichtet würden, die ihren Sohn interessieren.

Natürlich gibt es solche Eltern nicht bei uns. Oder doch? Jedenfalls kam in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats Wartenberg der Appell, das doch Eltern bitte ihre Kinder nicht bis an die Schule fahren mögen, sondern in der Nähe befindliche Parkplätze ansteuern sollen. Von da aus könnte der Nachwuchs auch gefahrlos zur Schule. Derzeit sei nämlich die Situation morgens an der Schule "eine einzige Katastrophe". Es ist zu befürchten, dass man das Wort Wartenberg mit dem jeder anderen Gemeinde im Landkreis ersetzen kann.

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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