Mitten in Taufkirchen:Versteh einer die Landwirte

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Warum wurden bislang kaum Uferrandstreifen zum Gewässerschutz angelegt? Rational ist es das nicht erklärbar

Kolumne von Thomas Daller

Seit vielen Jahren fragen sich Fischer und Naturschützer, warum es in Bayern kaum möglich ist, an den Bächen und Flüssen Uferrandstreifen anzulegen, auf denen nicht gedüngt und gespritzt wird. In allen anderen Bundesländern ist das längst Vorschrift, um zu verhindern, dass es das Zeug in die Gewässer schwemmt und dann Fische, Krebse und Muscheln gefährdet. Nur in Bayern beruht das Prinzip auf Freiwilligkeit und wird durch finanzielle Anreize gefördert.

Beim Gewässer-Nachbarschaftstag im Taufkirchener Rathaus hat Adolf Hörl, der Wasserberater des Landkreises Erding, das Thema noch einmal aufgerollt. Der landwirtschaftliche Ertrag eines Hektars, rechnete Hörl vor, liegt zwischen 300 und 400 Euro, bei Zuckerrüben kann man sogar 700 Euro erwirtschaften. Wenn ein Landwirt allerdings einen sieben bis 20 Meter breiten Uferrandstreifen anlegt, erhält er pro Hektar 920 Euro. Bei Bächen an Hanglagen darf der Streifen sogar 30 Meter breit sein, weil das auch noch dem Erosionsschutz dient. Aber es gab bislang kaum Landwirte, die diese Förderung angenommen haben. Lieber wurde bis unmittelbar ans Ufer rangeackert. Warum? Das konnte Hörl auch nicht rational erklären: "Das geht in die Köpfe nicht rein", sagte er. Das häufigste "Argument", das er zu hören bekomme, sei die Befürchtung, dass man mit dem Anlegen eines Uferrandstreifens den Unmut der Nachbarn auf sich ziehen könnte.

Es fällt uns schwer, sich so einen Dialog vorzustellen; versuchen wir es dennoch: "Warum ackerst Du nicht mehr bis an die Böschung heran?" "Damit die Fische nicht verrecken und eine saftige Förderung kriege ich auch noch dafür." "Du bist ein sauberner Bazi, mit Dir rede ich kein Wort mehr." So weit, so skurril. Deswegen gab es im Landkreis Erding bislang lediglich 600 Grundstücke mit Uferrandstreifen; nicht gerade viel für einen Landkreis mit 1421 Kilometer Bachläufen. Und dennoch muss irgendetwas in den Köpfen der Landwirten geschehen sein. Laut Hörl hat er für 2018 Neuanträge von 89 Bauern erhalten, die jeweils drei bis vier Grundstücke in das Programm einbringen wollen. Das sei der höchste Zuwachs in Bayern, der nur noch vom Landkreis Landshut getoppt werde. Wir vermuten mal, diese Landwirte haben tatsächlich mit den Nachbarn gesprochen und sich nicht nur eine ablehnende Antwort vorgestellt. Denn so ein Dialog kann auch mit den Worten enden: "Gute Idee, das mach ich auch."

© SZ vom 20.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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